„Fußnote“: Verstärkung für Team Wandelanleihe

Montag, 13. März 2023


Ein Blick auf den KMU-Anleihemarkt von Markus Knoss, BankM AG:

Nach dem schwierigen Vorjahr erscheint wieder Licht am Anleihe-Horizont. Der Preisfindungsprozess ist langsam abgeschlossen, das Chancen-Risikoverhältnis durchaus attraktiv. Ganz weit oben in der Gunst von Emittenten und Investoren stehen Wandelanleihen. Hatten wir das flexible Instrument schon 2022 empfohlen, haben sich die Parameter seitdem noch einmal verbessert.

Das Jahr 2022 wird als annus horribilis in die Anleihe-Geschichte eingehen. Ob Anzahl der Emissionen, platziertes Volumen oder Platzierungsquote: Die Jahresbilanz von IR.on zeigt, dass alle wesentlichen Marktdaten teils deutlich zurückgingen. Aufwärts entwickelten sich nur die Ausfallsummen und die Kupons. Geld hat wieder einen Preis, auch wenn die Zinsen deutscher Staatsanleihen noch lange nicht an die aktuelle Inflationsrate heranreichen. Dabei dürfte die künftige Inflation strukturell sogar noch höher sein. Der Grund dafür sind die 4Ds: Dekarbonisierung, Demographie, Deglobalisierung und Deindustrialisierung könnten dafür sorgen, dass die (Leit-)zinsen längerfristig weiter steigen.

Zinsentwicklung und 4Ds

Unternehmensanleihen gerade aus dem KMU-Segment bieten nicht nur allgemein höhere Kupons als Staatspapiere, sondern wir sehen hier potenzielle weitere Zinsanhebungen der Notenbanken größtenteils bereits eingepreist. Auch die Risikoaufschläge sind gestiegen und auf Stressniveau angekommen. Zudem sind Unternehmen in vielen Fällen besser gemanagt als Staaten. Die im Vergleich zu Staatsanleihen in der Regel kürzere Duration verbessert zusätzlich das Risikoprofil. Alles in allem ist das Risiko-Ertragsprofil von KMU-Anleihen nach unserem Erachten zwischenzeitlich auf einem attraktiven Level angekommen und bietet den Anlegern einen Puffer, der die zinssteigernde Wirkung der „4Ds“ ausgleichen kann.

Hat sich ist die Beschaffung von Fremdkapital also auf ein Level eingependelt, wo Geld wieder etwas kostet, sind die Bewertungen im Eigenkapitalbereich im vergangenen Jahr teilweise deutlich gesunken. Entsprechend geht die Eigenkapitalaufnahme tendenziell zu Lasten der Altaktionäre. Doch auch wenn das Chancen-Risikoverhältnis zuletzt eher die Investoren begünstigte, bleibt die Verunsicherung bei den Geldgebern hoch. Der 4D-Effekt ist schwer zu greifen, niemand weiß auf welchem Niveau sich die Inflation und in deren Folge die Benchmark der AAA-Anleihen einpendeln werden.

Interessenausgleich schaffen

Für mittelständische Emittenten kommt es dadurch zum Spagat. Wie können die jeweiligen Interessen bestmöglich austariert und die Unsicherheiten eines „falsch gepreisten“ Zinskupons weitestgehend eliminiert werden? Für mich ist die Antwort klar: Mit einer sauber strukturierten Wandelschuldverschreibung. Schon im letzten Jahr hatten wir die Flexibilität des Instruments in einem unsicheren Umfeld hervorgehoben. Seitdem haben sich die Parameter aber noch einmal deutlich verändert. Lassen Sie uns am besten einen Blick auf die wichtigsten Größen werfen:

Die Laufzeit beträgt im Mittel weiter 5 Jahre, aber die Zinsen sind auch hier deutlich gestiegen. Lag der durchschnittliche Kupon der Wandler in den letzten Jahren bei rund 3-4 Prozent, so hat er sich inzwischen bei 6-8 Prozent eingependelt – je nach Businessmodel, Sektor und ESG-Kriterien. Weiterhin zu beobachten ist ein deutlicher Rückgang beim Aufgeld der Wandelprämie. Diese lag in der Vergangenheit meist zwischen 50-65 Prozent, so dass es schon eine Menge Kursphantasie benötigte, um in den Genuss einer positiven Wandlung zu kommen. Für Emittenten bedeutete das ein hohes Refinanzierungsrisiko. Je näher die Endfälligkeit rückte, desto größer wurde oft die Bredouille. Dem haben die Unternehmen Rechnung getragen, gegenwärtig bewegen wir uns beim Aufgeld der Wandelprämie überwiegend in Bereichen von 20-30 Prozent.

Veränderte Parameter steigern Attraktivität

Aus unserer Sicht haben Wandelanleihen dadurch noch einmal an Attraktivität gewonnen. Investoren erhalten im Vergleich zur Vorinflationszeiten eine sowohl dem Marktrisiko wie auch dem unternehmenstypischen Risiko angepassten Zinssatz. Die Rendite übersteigt in der Regel eine eventuelle Dividende, was ein Investment in der Duration deutlich verkürzt. Der höhere Kupon lässt die Mittelständler bei den zu finanzierenden Projekten zudem schärfer kalkulieren.

Der günstigere Wandlungspreis hat für alle Seiten einen positiven Effekt. Aus Sicht der Alt-Aktionäre steigt der relative Wert der eigenen Anteile. Gleichzeitig wird der Tausch einer zinstragenden Verbindlichkeit in Eigenkapital deutlich wahrscheinlicher, was die Finanzierungsstruktur verbessert. Die Neu-Investoren partizipieren mit der erhöhten Chance auf eine Wandlung in Aktien stärker an einer erwarteten positiven Unternehmensentwicklung. Ein nicht zu vernachlässigender Bonus-Effekt ist die „automatische“ Call Option mit mittelfristiger Laufzeit. Die sonst übliche Call-Optionsprämie entfällt bei Wandelanleihen. Um „fair“ mit Verwässerungseffekten umzugehen, ist es empfehlenswert, sich die bedingten Kapitalia von der Hauptversammlung genehmigen zu lassen und eine Bezugsrechtsemission durchzuführen.

Neue Emittenten und Investoren

All diese Beobachtungen spiegeln sich auch in der jüngsten Marktentwicklung wider: Noch im vergangenen Jahr platzierte die SGL Carbon neue Wandelanleihen im Volumen von gut 100 Millionen Euro. Wesentlich kleiner, aber nicht minder erfolgreich war die Transaktion der Hamburger Laiqon AG.  Der Finanzdienstleister sammelte im Januar 5 Millionen Euro per Wandler ein, das Orderbuch war nach Unternehmensangaben um mehr als 3 Millionen Euro überzeichnet. Ebenfalls überzeichnet war kürzlich die Wandelanleihe der pferdewetten.de AG. Aufgrund der großen Nachfrage wurde das Volumen kurzerhand von 5 Millionen Euro auf 8 Millionen Euro aufgestockt.

Doch nicht nur die Zahl der Emittenten nimmt zu, auch investorenseitig ist Bewegung im Markt. Zahlreiche neue Fonds sprießen aus dem Boden. So zuletzt etwa der zur erfolgreichen Squad Fonds Familie gehörende Squad 4 Convertible, welcher erst dieser Tage aufgelegt wurde. Wann dürfen wir Sie im Team Wandelanleihe begrüßen?

Markus Knoss, BankM AG

Markus Knoss ist zugelassener Börsenhändler und Certified Investor Relations Officer und verfügt über jahrelange Erfahrung in verschiedenen leitenden Positionen im Aktienhandel, Salestrading und Portfoliomanagement. Der ausgewiesene Experte für Nebenwerte im deutschsprachigen Raum ist seit 2013 für die BankM AG tätig und verantwortlich für den Bereich Business Development DACH.

Portraitfoto: BankM AG

Titelfoto: pixabay.com

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