„Fußnote“: Finale furioso – Wie das Börsenjahr 2019 am KMU-Anleihemarkt verlief?

Dienstag, 17. Dezember 2019

Ein Blick auf den KMU-Anleihen-Markt von Thomas Mühlberger

Zum Jahresende gaben sich die Emittenten am Markt für Mittelstandsanleihen noch einmal die Klinke in die Hand, die letzten Zeichnungsfristen endeten erst Mitte Dezember. Einzelne Eigenemissionen wie Aves Schienenlogistik oder Deutsche Lichtmiete laufen immer noch und SeniVita hat die Zeichnungsfrist bis in den Februar verlängert. Zwei Wochen vor Jahresende möchten wir dennoch ein erstes Fazit ziehen und uns einreihen in die Riege, der um diese Jahreszeit erscheinenden Rück- und Ausblicke.

Wie ist das Börsenjahr 2019 am KMU-Anleihemarkt gelaufen? Nach schleppendem Jahresbeginn – das erste Quartal verstrich komplett emissionsfrei – konnten am Ende in Summe immerhin noch 26 Neuemissionen gezählt werden. Damit lag die Zahl der Transaktionen zwar deutlich unter dem Vorjahr (35), doch das aggregierte Zielvolumen war mit 1,54 Milliarden Euro annähernd so hoch wie 2018 (1,62 Milliarden Euro). Erfreulich: Mit 79% stieg die Platzierungsquote wieder etwas an (2018: 71%). Negativer Höhepunkt war die Insolvenz des Golfsport-Ausrüsters Golfino Mitte November.

Dennoch darf man unter dem Strich wohl getrost von einem guten Jahrgang sprechen. Zumal in den Zahlen keine Aufstockungen enthalten sind. Dabei waren diese sogenannten Taps von Diok über Eyemaxx und R-Logitech bis zu Hylea einer der Trends des Jahres.  Emittenten können bei entstehendem Mittelbedarf, eine entsprechende Ausgestaltung vorausgesetzt, Gelder so relativ schnell und unkompliziert in Tranchen einwerben. Insbesondere für Neuemittenten kann das interessant sein, um einen Track-Record aufzubauen.

Sobald sich eine gute Kommunikation mit den Anlegern eingespielt hat und eine gewisse Kapitalmarkthistorie mit stabilen Kursverläufen vorgezeigt werden kann, sind auch Neuplatzierungen erfolgsversprechend. Das hat das Jahr 2019 eindrucksvoll gezeigt. Beispielhaft lassen sich die jüngsten Platzierungen von Underberg und Jung DMS & Cie. anführen, die beide deutlich überzeichnet waren und vorzeitig beendet wurden. Etablierte Emittenten können gute Platzierungsergebnisse erzielen und sich zu attraktiven Kupons finanzieren ist eine wichtige Erkenntnis der vergangenen zwölf Monate. Für die Investoren bieten die Bonds bekannter Namen die Möglichkeit, mit akzeptablem Risiko attraktive Renditen zu erzielen.

Reiner Mainstream-Marktplatz?

Aber der Markt für KMU-Anleihen Markt ist beileibe kein reiner Mainstream-Marktplatz. Hier ist auch Platz für Geschäftsmodelle außerhalb der ausgetretenen Pfade. Von mit Gold gedeckten Anleihen (Veragold), Bergbau im Erzgebirge (Saxony Minerals and Exploration), einer auf Gaming fokussierten Investmentholding mit Sitz in Malta ( Media and Games Invest) bis zur Finanzierung von Autokrediten in Osteuropa (Mogo Finance) finden sich eine Vielzahl von interessanten und innovativen Geschäftsmodellen, für die häufig  die Emission einer KMU-Anleihe der  wichtigste Finanzierungsbaustein ist.  Hier sind die Abenteurer unter den Investoren gefragt.

Allen Exoten zum Trotz, wurde der KMU-Anleihemarkt aber auch 2019 von einem altbekannten Sektor geprägt. Wie im Vorjahr zählen Immobilienunternehmen wieder zu den wichtigsten Emittenten. Mehr als ein Drittel aller Neuemissionen entfällt auf die verschiedenen Anbieter. Neben etablierten Playern wie Eyemaxx Real Estate sind dabei auch eine Reihe neuer, hoch innovativer Geschäftsmodelle zu beobachten. In diesem Bereich sollten Anleger deshalb sehr genau analysieren wie die Anleihen strukturiert sind. Denn bei genauer Betrachtung offenbaren sich hier oft deutliche Unterschiede: So beschaffen sich manche Unternehmen wirtschaftliches Eigenkapital ohne den Investoren das wirtschaftliche Risiko entsprechend zu vergüten.

Zusätzlich müssen Investoren immer die aktuelle Entwicklung an den Immobilienmärkten im Fokus haben. Gerade ein Geschäftsmodell mit hohem Leverage würde ein Abschwung besonders hart treffen. Und vielerorts sind die Leveragequoten mit den gestiegenen Preisen mitgewachsen. Irgendwann kommt dann der berühmte Minsky-Effekt, eine Phase, in der Kreditgeber vorsichtig mit neuen Ausleihungen werden und in der Folge nicht nur wirtschaftlich schwache, sondern auch eigentlich solide Marktteilnehmer in Schwierigkeiten geraten können.

Das gilt umso mehr für Retail-Investoren, die über keine so ausgefeilten Modelle und Bewertungssysteme verfügen wie professionelle Vermögensverwalter. Dennoch ist der Markt für KMU-Anleihen – und das ist der letzte Trend, den wir 2019 beobachtet haben, immer stärker in den Fokus der Retail Investoren gerückt. Das stärkt die Liquidität und ist somit grundsätzlich eine erfreuliche Entwicklung. Die Zahl der am KMU-Markt engagierten institutionellen Investoren ist trotz der erfolgreichen Entwicklung hingegen immer noch übersichtlich. Ziel für 2020 muss es deshalb sein,  mehr Versicherungen, Pensionskassen und Fonds für diese attraktive Nische des Kapitalmarkts zu interessieren. Damit wir im Dezember 2020 wieder auf ein erfolgreiches Jahr zurückblicken können.   

Thomas Mühlberger
BankM – Repräsentanz der flatex Bank AG

Autor: Thomas Mühlberger verfügt über mehr als zwanzig Jahre Erfahrung im Kapitalmarkt u.a. als Portfoliomanager für Mittelstandsfonds. Seit 2014 ist er bei der BankM – Repräsentanz der flatex Bank AG im Fremdkapitalbereich tätig.

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