Die Vorteile des „Nordic-Bond-Formats“

Kolumne von Christoph Demuth, equinet Bank AG. Der Nordic Bond Market, insbesondere der Nordic High Yield Bond Market, ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen und lockt immer mehr ausländische Emittenten und Investoren an, die die Vorteile und die Attraktivität dieses Marktes erkennen. Im vergangenen Jahr lag das Emissionsvolumen allein im Nordic High Yield Bond Market bei rund 10 Milliarden Euro mit etwa 170 Emissionen.
Der Nordic Bond Market ist zum einen durch einen relativ schnellen und direkten Zugang zu skandinavischen, europäischen und US-amerikanischen Investoren und zum anderen durch eine überschaubare Standarddokumentation gekennzeichnet. Diese Standarddokumentation (Bond Agreement inklusive Term Sheet) wird in Teilen mit dem Treuhänder – beispielsweise dem Nordic Trustee – abgestimmt und an die jeweilige Anleiheemission angepasst. Die jeweilige begleitende Investmentbank ergänzt noch eine Unternehmenspräsentation sowie eine Kreditanalyse. Die Emittenten benötigen weder einen umfangreichen Prospekt noch ein Rating oder ähnliche Dokumente, weshalb die Anleihebegebung – ein gutes Marktumfeld vorausgesetzt – innerhalb weniger Wochen durchgeführt werden kann. Die Kosten der Transaktion halten sich dadurch ebenfalls im Rahmen.
Rolle des Treuhänders
Der Anschein eines vermeintlich höheren Risikos durch die überschaubarere Dokumentation wird durch die bedeutende und aktive Rolle des Treuhänders im hohen Maße kompensiert. Der Treuhänder fungiert lösungsorientiert als Vermittler zwischen Emittent und Investoren. Das bedeutet, dass der Emittent sich nicht mit den einzelnen Anleihegläubigern auseinandersetzen muss.
Die drei wesentlichen Aufgabenbereiche des Treuhänders sind die Dokumentation, das Monitoring und das Krisenmanagement. Der Treuhänder bereitet die Kreditverträge und Wertpapierdokumente in Zusammenarbeit mit dem Arrangeur, dem Kreditnehmer und den Anwälten vor. Aufgabe des Monitorings ist die Zusicherung, dass Verpflichtungen des Kreditvertrags eingehalten werden.
Auch die Handhabung von Restrukturierungen und deren Umsetzung obliegen dem Treuhänder. Keinem der Anleihegläubiger ist es erlaubt, direkt (bilateral) eine Vereinbarung abzuschließen. Der Treuhänder ist keine Interessengruppe. Er schützt lediglich von Anfang an, also auch bereits in der Primärphase, die Rechte auf Basis der Anleihevereinbarung und des Gesetzes. Dies verhindert, dass einzelne Anleihegläubiger einseitige Schritte gegen einen Emittenten einleiten – etwas, das in anderen Bond-Märkten häufig ungeordnete Ausfälle provoziert. Dadurch, dass der Treuhänder die Investoreninteressen gebündelt vertritt, können zudem Lösungen schnell und pragmatisch gefunden werden.
Für Unternehmen liegen die Vorteile einer Emission im Nordic Bond Market damit auf der Hand: Sie bieten einen effizienten Zugang zu internationalen Investoren, eine überschaubare, standardisierte und markterprobte Dokumentation, haben in der Regel wenige Covenants, bieten flexible Mittelverwendung, niedrigere Transaktionskosten im Vergleich zu anderen europäischen Bond Märkte und zum US Bond Markt sowie kurze Transaktionszeiten. Dank des Treuhänders erhalten auch die Investoren im Gegenzug eine starke Interessenvertretung. So ist es nicht verwunderlich, dass auch immer mehr nichtnordische Emittenten das Nordic-Bond-Format nutzen, um ihr Wachstum zu finanzieren.
Hierzu gehörten in der jüngsten Vergangenheit auch erste Adressen aus dem deutschen Markt, die unbesicherte Anleihen im Nordic Format und nach schwedischem Recht erfolgreich begeben haben. Im Frühjahr diesen Jahres hat die am Prime Standard in Frankfurt börsennotierte Ferratum Group, ein internationaler Anbieter für mobile Konsumenten-Kredite, einen Bond mit einem Volumen von € 100 Mio. und einer Laufzeit von 4 Jahren zu 5,50% p.a. begeben. Ebenso hat Hertha BSC & Co.KGaA einen Bond mit einem Volumen von € 40 Mio. und einer Laufzeit von 5 Jahren zu 6,50% p.a. begeben. Beide Unternehmen erfreuen sich einer internationalen, europäischen Investorenbasis. Emissionsbegleitende Banken waren jeweils die equinet Bank AG sowie die norwegische Pareto Securities SA, Oslo, zu deren deutschen Niederlassung der Geschäftsbetrieb der equinet Bank AG ab 1.Dezember 2018 gehören wird.
Weitere Emittenten werden folgen, nicht nur weil auch die in Deutschland ansässigen, institutionellen Investoren dieses „Nordic Format“ bzw. dessen Struktur, als zukunftsweisendes Format begrüßen.
Autor Christoph Demuth ist General Manager der equinet Bank AG in Frankfurt am Main.
Foto: pixabay.com
Anleihen Finder Kolumnen
Anleihen-Kolumne: Hochzinsanleihen – wenn Wunsch auf Wirklichkeit trifft
Aktien oder Anleihen? – Kolumne von Jakob Fichtner
Finanzierung über den Kapitalmarkt: Welche Möglichkeiten eröffnen sich für Immobilienunternehmen?
„Was sich ändern muss“ – Kolumne von Peter Thilo Hasler
KMU-Anleihemarkt: Zeichen der Zeit erkennen
Anleihen-Kolumne: „Der Wackelkandidat Steinhoff“
Die Anleihen-Kolumne: „Neue Regeln bringen keine absolute Sicherheit“
Kolumne: Warum Alternativen zum Bankkredit so notwendig sind
Digitalisierung bei KMUs: Knackpunkt Finanzierung
Mittelstandsfinanzierung: Vier Alternativen zum Bankkredit
Deutscher Mittelstand: Starke Momentaufnahme – doch dann?
„Zweite Chance für den KMU-Anleihe-Markt“ – Kolumne von Anna-Lena Mayer, IR.on AG
Bondmärkte und Mittelstandssegment – Kolumne von Manuela Tränkel
Schuldscheinboom im Mittelstand
„MiFID II – Anlegerschutz tötet Wertpapieranalyse“ – Kolumne von Peter Thilo Hasler
„Totgesagte leben länger“ – Kolumne von Marius Hoerner
Unternehmensfinanzierung: Chancen nutzen, Risiken reduzieren
Mario wird trotzig: Die „Goldilocks“ haben die Notenbanken im Griff – wann kommt der Exit aus QE?
Sanierungskonzepte bei Mittelstandsanleihen – ein Überblick
Die Welt ist eine Scheibe – und die Mittelstandsanleihe ist tot? – Kolumne von Hans-Jürgen Friedrich
Zur Gläubigerversammlung der GEWA-Anleihe – Kommentar von Rechtsanwalt Tibet Neusel
Mittelstandsanleihen – Das Licht am Ende des Tunnels kann der entgegenkommende Schnellzug sein
„Keine Angst, Mario!“ – Von großen Trends und großen Sünden
„Insolvenz aus heiterem Himmel? Offenbar nur für die Gläubiger“ – Kolumne von Peter Thilo Hasler
BaFin will etablierte Anlageklasse für Privatanleger verbieten
Mittelstandsanleihen – Unterschiedliche Anforderungen der Börsenplätze und Auswirkungen
KTG – Kanz Tief Gefallen – Kolumne von Marius Hoerner
„Windreich – vom Winde verweht“ – Kolumne von Gläubigervertreterin Manuela Tränkel
Der Fall German Pellets – was bisher geschah und was Anleger beachten sollten!
„Normal ist anders“ – Kolumne von Marius Hoerner
„Liebe Anleihegläubiger, wir wollen nur Ihr Bestes – Ihr Geld.“ Kolumne von Dr. Konrad Bösl
Gläubigerversammlungen – ein Trauerspiel! – Kolumne von Manuela Tränkel
Billi(g)ch will ich – Kolumne von Marius Hoerner, Hinkel & Cie. Vermögensverwaltung AG