Unternehmensfinanzierung: Chancen nutzen, Risiken reduzieren

Freitag, 3. November 2017


Beitrag der Quirin Privatbank AG. Geht es um die Finanzierung, steht nach wie vor der klassische Bankkredit bei mittelständischen Unternehmen besonders hoch im Kurs. Sollten sich Firmen nicht zeitnah ersthafte Gedanken über alternative Finanzierungsformen machen, gefährden sie ihren Wachstumskurs. Der Zeitpunkt für ein Umdenken könnte besser kaum sein.

Eine attraktive Rendite – mit einem möglichst geringen Risiko – erzielen. Das ist das Ziel aller Anleger. Zu erreichen ist dieses Vorhaben am ehesten mit einer diversifizierten Anlagestrategie; das Vermögen muss also auf verschiedene Anlageklassen verteilt werden. Was für Anleger gilt, trifft auch für Unternehmen mit Finanzierungsbedarf zu: „Um ihren Wachstumskurs nicht zu gefährden, müssen Unternehmen ihre Finanzierung auf mehrere Schultern verteilen“, erklärt Holger Clemens Hinz, Managing Director und Head of Corporate Finance bei der Quirin Privatbank AG.

Die Realität zeichnet aber ein anderes Bild: Was die Finanzierung angeht, ist der klassische Bankkredit weiterhin das mit Abstand beliebteste Instrument heimischer Mittelständler, alternative Finanzierungsformen spielen nur eine untergeordnete Rolle. Verstärkt wurde dieses ohnehin schon fest verankerte Muster durch die extrem expansive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Um die Kreditvergabe der Banken anzuschieben und die Inflation und das Wachstum in der Eurozone nach dem Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise wieder anzukurbeln, hat die EZB ihre Geldschleusen bis zum Anschlag geöffnet. Ein Ende der extrem lockeren Geldpolitik ist immer noch nicht absehbar.

Finanzierungsstrategie kritisch hinterfragen

Richtig ist zwar, dass die Kreditvergabe der Banken an nicht-finanzielle Unternehmen in den vergangenen Monaten leicht anzog. Richtig ist aber auch, dass dieser Trend nicht mehr allzu lange anhalten wird. Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) sollten sich schon mal an den Gedanken gewöhnen, dass sie künftig nicht mehr ohne weiteres einen Kredit von ihrer Hausbank erhalten werden – trotz der expansiven Geldpolitik der EZB. „Spätestens 2019, wenn die Basel III-Richtlinien in sämtlichen Bereichen umgesetzt sind, wird es Banken deutlich erschwert, Kredite an Mittelständler zu vergeben“, weiß Holger Clemens Hinz.

Strategisch agierende Unternehmen sollten also spätestens jetzt damit beginnen, ihre Finanzierungsstrategie kritisch zu hinterfragen. Dass die Rahmenbedingungen für alternative Finanzierungsformen günstig sind, steht außer Frage; ist doch die Etablierung alternativer Finanzierungsformen ein zentraler Baustein der Europäischen Kapitalmarktunion. Hinzu kommt, dass alternative Finanzierungsanbieter auch aufgrund des anhaltenden Niedrigzinsumfelds auf der Suche nach attraktiven Renditen sind. Wie günstig das Umfeld ist, zeigt eine Umfrage der Kanzlei Allen & Overy unter 180 europäischen Finanzvorständen und Kreditfondsmanagern. Demnach spielt jeder zweite alternative Kreditanbieter mit dem Gedanken, seine Investmenttätigkeit auszubauen. Auch auf der Empfängerseite nimmt das Interesse offenbar langsam aber sicher zu. So planen 65 Prozent der deutschen Finanzchefs in den kommenden fünf Jahren mehr Geld von alternativen Anbietern aufzunehmen.

Debt-Fonds und…

Eine attraktive Finanzierungsmöglichkeit stellen sogenannte Debt-Fonds dar. Dabei handelt es sich in der Regel um illiquide, nicht geratete Schuldtitel, die nicht als Wertpapiere verbrieft sind. Die Palette der Fremdfinanzierungsinstrumente reicht dabei von erstrangig besicherten Krediten (Senior Secured Loans) bis hin zur Finanzierung mit Hybridkapital (Mezzanine-Finanzierung). Der Vorteil der letztgenannten Finanzierungsform: Mezzanine-Kapital belegt bilanziell eine Position zwischen stimmberechtigtem Eigenkapital und erstrangigem Fremdkapital. Mittelständler, die diese Finanzierungsform wählen, müssen zwar mit über dem Markt üblichen Kosten rechnen, behalten aber auf der anderen Seite die komplette Kontrolle über ihr Unternehmen, müssen sie den Mezzanine-Investoren doch keine Stimmrechte einräumen.

Schuldscheine sind attraktive Alternativen zum Bankkredit

Besonders großer Beliebtheit erfreut sich derzeit der Schuldschein; ein in Deutschland traditionsreiches Finanzierungsinstrument. Während im vergangenen Jahr Unternehmen Schuldscheine im Wert von rund 27 Milliarden Euro auf den Markt brachten – und somit so viel wie niemals zuvor –, wird dieses Jahr ein immer noch sehr hohes Emissionsvolumen von etwa 25 Milliarden Euro erwartet.

Die dynamische Entwicklung des Schuldscheinmarktes – zahlreiche Transaktionen waren zuletzt deutlich überzeichnet – kommt nicht von ungefähr. „Während sich Investoren über eine attraktive Rendite freuen, profitieren Unternehmen unter anderem vom vergleichsweise geringen Aufwand, um neues Kapital aufzunehmen“, so Holger Clemens Hinz. Ein Schuldschein ist ein verbrieftes Darlehen, nicht an der Börse notiert, von Publizitätspflichten und Prospekt befreit und für Unternehmen somit vergleichsweise kostengünstig zu platzieren. Auch die Erschließung neuer, finanzstarker Investoren kann für die Emittenten von Vorteil sein. Hinzu kommt der attraktive Preis. So müssen deutsche Firmen für einen fünfjährigen Schuldschein mit Kosten in Höhe von rund 8,3 Prozent rechnen, siebenjährige Papiere schlagen mit etwa 10 Prozent zu Buche.

Dass Investoren trotz ihres Renditehungers einen Schuldschein-Kandidaten genauesten unter die Lupe nehmen, liegt in der Natur der Sache. So sollten Unternehmen, die einen Schuldschein platzieren wollen, nicht nur ein überzeugendes Geschäftsmodell aufweisen und über ein erfahrenes Management verfügen. Auch die Bilanz und die Kreditqualität des Unternehmens sollten überzeugen. Ansonsten sehen Investoren ihr Ziele – eine attraktive Rendite bei möglichst geringem Risiko – in Gefahr.

Analyse von Holger Clemens Hinz,
Managing Director und Head of Corporate Finance bei der Quirin Privatbank AG

Titelfoto: pixabay.com

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