Mario wird trotzig: Die „Goldilocks“ haben die Notenbanken im Griff – wann kommt der Exit aus QE?

Kolumne von Thilo Müller Im angelsächsischen Sprachgebrauch bedeuten „Goldilocks“ Phasen mit überdurchschnittlichem Wachstum und niedriger Inflation. In dieser Phase befindet sich gerade der Euroraum – ist das nicht schön nach all den Krisenzeiten? In diesem Szenario haben momentan nur die Notenbanken ein Problem: Wie finden Sie galant den Ausstieg aus Ihrer ultralockeren Geldpolitik ohne einen Crash an den Bondmärkten zu produzieren? So ein Crash könnte die konjunkturelle Aufwärtsbewegung abrupt stoppen. Die US-Notenbank FED ist in Ihrem Ausstiegsfahrplan sicherlich im weitesten fortgeschritten. Nach mehreren Zinserhöhungen im vierteljährlichen Takt geht es nun um den Abbau ihrer Bilanzsumme, d.h. den Abbau von angekauften Anleihen.
Behind the curve
„Behind the curve“ – oder besser „(schon fast) zu spät“ ist die Europäische Zentralbank (EZB): Sie nimmt am 7. September 2017 ihre Projektion für die BIP Wachstumsraten hoch, aber gleichzeitig die Inflationserwartungen runter. Die EZB hat noch kein einziges Mal die Zinsen von historisch niedrigem Niveau erhöht, kauft munter Anleihen von 60 Mrd. Euro im Monat und muss den Marktteilnehmer spätestens im Oktober erklären, was sie ab 01.01.2018 nach Ablauf des zeitlich befristeten Kaufprogramms (QE) zu tun gedenkt. Mittlerweile hält die EZB über 28% aller deutschen Staatsanleihen und erreicht bald Ihre selbst gesteckten Grenzen von 33% pro Emittent. Falls sie auch im Jahr 2018 in diesem Tempo weiter Anleihen kauft, wird sie trotz Änderung des Ankaufschlüssels bei deutschen, französischen, italienischen und spanischen Staatsanleihen bei ihrer selbstgesteckten Obergrenze landen. Es sollte der EZB nun nichts anderes übrig bleiben als ein „Tapering“, also das sukzessive Rückschrauben der monatlichen Bondankäufe zu verkünden. Zu allem Überfluss ist aus Sicht EZB aber zwischenzeitlich auch noch der Euro fester geworden. Mario Draghi verhält sich in diesem Szenario aber trotzig wie ein kleines Kind und verkündet anlässlich der Pressekonferenz der EZB am 07. September 2017, die EZB könne ja sogar noch ihr monatliches Ankaufprogramm erhöhen!
Jens Weidmann
Es ist wirklich nicht zu fassen: Da gibt ihm die öffentliche Diskussion über die Nachteile der lange anhaltenden expansiven Geldpolitik ein gutes Zeitfenster für „Tapering-Hinweise“ und dann dieses Statement. Oder ist das italienische Temperament der Person Draghi daran schuld, was eine Notenbank nicht würdig wäre? Es bleibt sein Geheimnis… Einem Jens Weidmann an der EZB-Spitze wäre das nicht passiert!
Was macht der Anleger bis Ende 2018? Am besten die EZB Staatsanleihen zu Mondpreisen kaufen lassen und sich bei festverzinslichen Anleihen mal im Bereich der Mittelstandsanleihen umschauen. Hier bieten in einem Jahr fällig werdende Anleihen p.a.-Renditen von z.B. 3,8% (Emittent Lang & Cie) oder 2,7% (Emittent Ferratum).
Thilo Müller
Geschäftsführer MB Fund Advisory GmbH
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