Der Fall German Pellets – was bisher geschah und was Anleger beachten sollten!

Eine Kolumne von Peter Mattil und Sascha Borowski, Rechtsanwälte und Fachanwälte für Bank- und Kapitalmarktrecht, München
Seit der Unternehmensgründung vor über 10 Jahren hat der German Pellets Konzern Anleihen, Genussrechte und Genussscheine ausgegeben. Insgesamt emittierte die German Pellets GmbH 3 Anleihen (siehe Kästchen) mit einem Gesamtvolumen in Höhe von über 250 Millionen Euro. Am 10.02.2016 stellte die Geschäftsführung einen Insolvenzantrag und beantragte zugleich die Eigenverwaltung; seitdem sind nun rund 6 Wochen vergangen.
Was bisher geschah
Nachdem absehbar war, dass die German Pellets GmbH die fällig werdende Anleihe nicht bedienen konnte, stellte die Geschäftsführung am 10.02.2016 einen Insolvenzantrag und beantragte zugleich die Eigenverwaltung. Das Insolvenzgericht folgte dem Antrag auf Eigenverwaltung nicht und setzte Frau Rechtsanwältin Bettina Schmudde als vorläufige Insolvenzverwalterin sowie den vorläufigen Gläubigerausschuss ein.
Aufnahme der Pelletproduktion
Vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kam die Pelletproduktion zum Erliegen, die inzwischen wieder aufgenommen werden konnte. Dies ist ein wichtiger Schritt im Insolvenzverfahren, lässt aber nicht den Insolvenzgrund entfallen. Das (noch vorläufige) Insolvenzverfahren wird voraussichtlich bald eröffnet werden, was insbesondere für alle unbesicherten Gläubiger, zu denen die Anleihegläubiger sowie die Genussrechts- und die Genussscheingläubiger zählen, mit einem (Teil-)Verlust ihres investierten Kapitals verbunden sein wird. Von den zahlreichen im In- und Ausland gegründeten Gesellschaften haben allein in Deutschland zwischenzeitlich weitere 7 zum Konzern gehörende Gesellschaften einen Insolvenzantrag gestellt; hierzu zählt auch die Emittentin der Genussrechte, die German Pellets Genussrechte GmbH.
Staatsanwaltschaftliche Ermittlungen
Die Staatsanwaltschaft Rostock ermittelt gegen den Firmengründer und Geschäftsführer der German Pellets GmbH. Vor wenigen Tagen berichtete das Handelsblatt, dass die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen nun wohl auch gegen den Wirtschaftsprüfer der Gesellschaft ausgeweitet haben soll. Die Staatsanwaltschaft hat zu ihren bisherigen Ermittlungsergebnissen keine Angaben gemacht, was auf ermittlungstaktische Gründe zurückzuführen sein dürfte.
Was Anleihegläubiger, Genussrechte- und Genussscheingläubiger beachten müssen
Den Gläubigern der German Pellets GmbH ist es derzeit noch nicht möglich, ihre Ansprüche im Insolvenzverfahren anzumelden, da das Insolvenzverfahren bislang nicht eröffnet wurde. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird das Insolvenzgericht (Amtsgericht Schwerin) eine Gläubigerversammlung für die Gläubiger der drei Anleihen einberufen müssen. In diesen Versammlungen, zu denen nur die Anleihegläubiger einer jeden Anleihe zugelassen werden, können die Anleihegläubiger u.a. entscheiden, ob und wen sie zum gemeinsamen Vertreter ihrer Anleihe wählen. Die Bestellung eines solchen Vertreters ist grundsätzlich nicht verpflichtend, ist aber auch für die nicht an dieser Wahl teilnehmenden sowie für diejenigen Anleihegläubiger, die sich gegen die Einsetzung des gemeinsamen Vertreters aussprechen, bindend.
Gemeinsamer Vertreter
Im Insolvenzverfahren wird der gemeinsame Vertreter regelmäßig mit der Forderungsanmeldung sowie der Vertretung der Anleihegläubigerinteressen im Insolvenzverfahren beauftragt. Der nicht erst im Insolvenzverfahren wählbare gemeinsame Vertreter wird von der Emittentin bezahlt, ist aber gleichwohl verpflichtet, die Interessen der Anleihegläubiger zu vertreten. Für die Anleihegläubiger hat die Wahl eines gemeinsamen Vertreters mehrere Vorteile: Sie werden im Insolvenzverfahren vertreten, ihre Forderungen werden im Insolvenzverfahren angemeldet und zudem haben sie einen direkten Ansprechpartner, den sie selbst nicht bezahlen müssen.
Entscheiden sich die Anleihegläubiger gegen einen gemeinsamen Vertreter, wird sich jeder einzelne Anleihegläubiger die Frage stellen müssen, ob er selbst seine Ansprüche im Insolvenzverfahren wahrnimmt oder diese durch Nichtverfolgung aufgibt. Beabsichtigt der Anleihegläubiger seine Rechte im Insolvenzverfahren wahrzunehmen, wird er oder ein anwaltlicher Vertreter die Ansprüche im Insolvenzverfahren anmelden und an der für alle Gläubiger einzuberufende Gläubigerversammlung nach der Insolvenzordnung teilnehmen müssen.
Keine übereilten Entscheidungen treffen
Vorsicht ist bei Übernahmeangeboten, die unter dem derzeitigen Kurs liegen, geboten. Vor wenigen Tagen wurde den Anleihegläubigern der 100-Mio.-Anleihe ein Übernahmeangebot unterbreitet, welches weit unter dem derzeitigen Kurs liegt (vgl. die am 11.03.2016 veröffentlichte Pressemitteilung). Anleihegläubiger, die dahingehende Angebote annehmen, verlieren nicht nur ihre Stimmrechte im Insolvenzverfahren, sondern zudem auch ihre Ansprüche im Insolvenzverfahren.
Fristen einhalten und Ansprüche geltend machen
Wichtig ist, dass alle Anleihegläubiger, aber auch die Genussrechts- und Genussscheininhaber, ihre Rechte wahrnehmen und ihre Interessen bündeln. Die Forderung dieser Gläubiger sind im Vergleich zu Krediten von Banken nicht besichert, stellen aber gleichwohl eine der größten Gläubigergruppen dar. Die Interessen der Anleger werden oft nur unzureichend beachtet, was oft auf eine unzureichende Information und Organisation dieser Gläubigergruppe zurückzuführen ist. Auch in Insolvenzverfahren ist es daher entscheidend, dass die Interessen zuverlässig und nachdrücklich vertreten werden. Eine persönliche Teilnahme an den Gläubigerversammlungen ist nicht erforderlich; oft wird eine kostenlose Vertretung in der Gläubigerversammlung bzw. eine kostenlose Stimmrechtsausübung angeboten.
Die Anleihegläubiger, aber auch die Genussrechts- und Genussscheininhaber, sollten ebenfalls darauf achten, dass sie keine Fristen verpassen, was sowohl für das Insolvenzverfahren, als auch Ansprüche außerhalb des Insolvenzverfahrens gilt. Hierzu zählen bspw. Ansprüche gegen den Gründer, den Wirtschaftsprüfer sowie andere Helfer, welche die Insolvenzverwalterin nicht für die Gläubiger prüft und verfolgt. Diese Ansprüche verjähren unabhängig von der Dauer des Insolvenzverfahrens.
Kolumne von Peter Mattil und Sascha Borowski, Kanzlei Mattil & Kollegen
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