MIFA – Versuchter Betrug an den Anleihegläubigern? – Kolumne von Marius Hoerner, ARTUS Asset Management AG
Die Anleihe der MIFA Mitteldeutsche Fahrradwerke AG war im Sommer letzten Jahres die Anleihe, auf die der Markt gewartet hatte. Eine Geschäftsleitung mit langjähriger Historie und Erfahrung, seit 2004 börsennotiert und somit transparent in den Bilanzen und Finanzkennzahlen – darüber hinaus eine nachvollziehbare Mittelverwendung sowie Anlegerschutzklauseln, die bis zu diesem Termin in dieser Form bei einer Mittelstandsanleihe nicht vorhanden waren. Also eine Anleihe zum Kaufen und liegen lassen.
Aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt …
Heute sieht die Situation völlig anders aus. Wie es um das Unternehmen steht, weiß offenbar niemand ganz genau. Zumindest werden keine Informationen veröffentlicht, die es dem Anleger (oder Aktionär) ermöglichen, sich ein halbwegs genaues Bild davon zu machen, was seine Investition ungefähr wert sein könnte.
Stattdessen präsentiert man mit Hero Cycles einen indischen Investor und mit Utz Claassen einen neunen Aufsichtsratsvorsitzenden.
Utz Claassen, ehemaliger Vorstand von EnBW und Solar Millennium, ist nicht unumstritten und den meisten Anlegern wohl vor allem wegen des hohen Übergangsgeldes nach seinem Ausscheiden bei EnBW und der millionenschweren Antrittsprämie bei Solar Millennium bekannt.
Wie man ihm den Posten bei MIFA schmackhaft gemacht hat, ist bisher nicht bekannt aber man darf wohl getrost davon ausgehen, dass es kein „Liebesdienst“ ist, auch wenn laut Hannoversche Allgemeine eine langjährige Freundschaft zwischen Großaktionär Maschmeyer und Claassen besteht.
Unstrittig ist jedoch, dass man bei MIFA versucht, das Unternehmen auf Kosten der Anleihegläubiger zu sanieren. Diese sollen auf Verlangen von Hero auf mindestens 60 Prozent, eher 80 Prozent ihres investierten Geldes verzichten. Wenn nicht, so droht Hero, werde man sich zurückziehen und die versprochenen Millionen nicht investieren.
Frechheit gegenüber Anleihegläubigern
Dementsprechend schlägt das Unternehmen auch vor, dass die Anleihegläubiger bis zum 31. Oktober auf die im August fälligen Zinsen verzichten und auch auf ihr außerordentliches Kündigungsrecht, wenn nicht gezahlt wird. Außerdem soll für beide Ereignisse eine Verlängerung bis 31. Dezember 2014 möglich sein, wenn der zu wählende Gläubigervertreter dem zustimmt.
Das nenne ich nicht nur dreist, das ist eine Frechheit sondergleichen!
Offenbar hat man bei MIFA den Unterschied zwischen Eigenkapital und Fremdkapital noch nicht verstanden.
Um es den Herren in Sangerhausen mal in einfachen Worten zu erklären:
Eigenkapital >= 1.000% Chance, <= 100% Risiko;
Fremdkapital = 7,50% Chance p.a. (+ Rückzahlung), <= 100% Risiko.
Das bedeutet, so hat es der Gesetzgeber definiert, dass derjenige, der höhere Chancen hat auch als erster „bluten“ muss. Also die Eigenkapitalgeber = Aktionäre. Etwas professioneller ausgedrückt: Eigenkapital ist nachrangig, Fremdkapital ist vorrangig.
Sollte das Unternehmen insolvent gehen, werden im Insolvenzverfahren erst die Forderungen der Fremdkapitalgeber befriedigt und dann erst die der Eigenkapitalgeber.
Insolvenz könnte Chance für Anleihegläubiger sein
Das eröffnet zahlreiche Möglichkeiten und so, wie sich die Sachlage infolge der mangelnden Informationspolitik des derzeitigen Vorstands bei MIFA darstellt, ist alles besser, als dem Vorschlag des Unternehmens zu folgen. Wer das als Anleihegläubiger tut, gibt alle Rechte aus der Hand und wird zum Spielball der Großaktionäre, die versuchen sich auf seine Kosten zu sanieren.
Dass der Markt dies genau so sieht, verdeutlichen die Kurse. Die Aktie hat seit Bekanntgabe der Probleme 66 Prozent verloren, die Anleihe 75 Prozent. Erwarten dürfte man normalerweise die umgekehrte Relation.
Im Falle einer Insolvenz würde sich das Verhältnis wahrscheinlich sehr schnell zu Gunsten der Anleihegläubiger drehen und bei Hero könnte man zu der Erkenntnis kommen, dass es durchaus Sinn macht (und viel billiger und effizienter ist), nach einer deutlichen Kapitalherabsetzung und einem Debt to Equity Swap (Anleihegläubiger werden Aktionäre) eine Kapitalerhöhung zu finanzieren. Es gäbe dann nämlich nur noch zwei relevante Gruppen von Aktionären: Hero und die ehemaligen Anleihegläubiger. Wenn diese beiden sich an einen Tisch setzen, lässt sich das Unternehmen retten, die Arbeitsplätze sichern und die ehemaligen Fremdkapitalgeber haben eine Chance, im Laufe der Zeit ihr eingesetztes Kapital wieder zu bekommen.
Aber wie gesagt, bei allen „wenns“ und „abers“ gibt es immer mehrere Möglichkeiten und sicher auch eine, die allen Parteien gerecht wird. Dafür müssen aber Informationen fließen und es muss mit offenen Karten gespielt werden.
Definitiv darf der aktuelle Plan der Gesellschaft so nicht zur Umsetzung kommen. Das wäre ein Freibrief, der Schule machen könnte. Es bleibt zu hoffen, dass die Anleihegläubiger sich ihrer Rechte bewusst sind und hier ein Exempel statuieren.
Marius Hoerner
Portfolio Manager
ARTUS Asset Management AG
Foto: ARTUS Asset Management AG
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