Mittelstandsanleihen – “Remember that credit is money“ – Kolumne von Britta Hosters, SCHNIGGE Wertpapierhandelsbank AG

Donnerstag, 13. Februar 2014
Kolumne von Britta Hosters, SCHNIGGE Wertpapierhandelsbank AG


Benjamin Franklin, der große amerikanische Staatsmann, prägte diesen Satz. Die Höhe und die Verzinsung eines Kredits ist ja in erster Linie von der Bonität des Schuldners abhängig. Haben Sie schon einmal Ihre eigene SCHUFA-Auskunft eingeholt? Keine Angst, ich langweile Sie nun nicht mit der  97. Wiederholung von Ausführungen zu Datenschutz oder Verwechslungsgefahr (armer Peter Müller, geboren in Berlin…).

Ob nun für eine neue Wohnung oder einen Mobilfunkvertrag, unsere SCHUFA-Einträge sind für viele Kreditgeber das Maß der Dinge. Hier kann der potentielle Geschäftspartner relativ schnell einschätzen, ob ein pünktlicher Zahler oder ein Zechpreller vor ihm steht. Das Prinzip ist so klar wie brillant: wer seine Kredite nicht zur Fälligkeit zurückzahlen kann, bekommt einen Malus. Diese fließen genauso wie positive Merkmale in eine Berechnung eines Scoringwertes ein. Je niedriger der SCHUFA-Score, desto geringer die Kreditwürdigkeit.

Über unsere Landesgrenzen hinausgeschaut, finden sich in anderen Ländern zusätzliche Details zu Kreditvergabesystemen. Nehmen wir die USA:  hier gibt es drei große „Credit Bureaus“, die die persönlichen „Credit Reports“ erstellen. Dort finden sich uns bekannte Kriterien wieder, aber auch Einzelheiten, die besonders interessant sind:

Kreditvergangenheit

Es wird richtig verzwackt ohne eine Kreditvergangenheit. Ein Problem, dass dem der Henne und dem Ei ähnelt. Hat man noch nie einen Kredit bekommen, hat man keine Kreditvergangenheit. Hat man keine Kreditvergangenheit, bekommt man keinen Kredit. Also muss langsam begonnen werden: z.B. mit der Beantragung einer Secured Credit Card, für die man einen Betrag in derselben Höhe des Verfügungsrahmens hinterlegt.  Nutzt man die Karte dann und zahlt alle Schulden sofort, baut sich langsam eine Historie auf. Werbung von anderen Kreditkartenfirmen flattert ins Haus – pre-approved, weil man sich ja schon (wenigstens ein bisschen) bewährt hat. Weiteren Kreditkarten steht nichts im Wege.

Auch bei uns hat die SCHUFA sich dem Thema der Kreditvergangenheit befasst: hat man noch nie einen Kredit aufgenommen, verringert sich der Score ebenfalls – allerdings im deutlich einstelligen Prozentbereich. Es wird eine Wahrscheinlichkeit errechnet, mit der ein „unbeschriebenes Blatt“ zum Zahlungsausfall mutieren könnte. Immerhin.

Anzahl der Kreditaufnahmeversuche

Eine weitere Information für die potentiellen Geschäftspartner von Amerikanern ist die Liste derjenigen, die bereits einen Credit Report angefragt haben. Je mehr Anfragen dort vermerkt sind, desto eher sind neue Kreditgeber abgeschreckt, da sie Geldmangel und Verzweiflung vermuten.  Wer erfolglos an so viele Türen klopft, dem gewährt man selbst wohl nicht oder nur mit großem Risikoaufschlag einen Kredit.

Verspätete Zahlungen

Man ist in den USA viel strenger mit unpünktlichen Zahlungen – wo in Deutschland noch die freundliche Zahlungserinnerung ins Haus flattert, bekommt der Amerikaner direkt einen Minuspunkt, der ihn lange verfolgt. Ebenfalls ein wichtiger Indikator für die Beurteilung durch den potentiellen Kreditgeber.

Disziplin, so scheint es, ist also das oberste Gebot. Klingt gut? Finde ich auch.

Die Mittelstandsanleihen stehen weiterhin auf dem Prüfstand. Alle Marktteilnehmer sind sich einig, dass nur intensiv analysierte Unternehmen den Schritt an den Kapitalmarkt gehen sollten. Hierbei orientieren sich die meisten an bewährten Faktoren: die Unternehmensgeschichte, Bilanzkennzahlen, Know-How und Erfahrung des Managements, Strategie sowie Branchenvergleichen und natürlich dem Bericht der Ratingagentur.

Schauen wir nun auf die o.g. „Special Effects“ der Amerikaner, bieten diese eine Erweiterung unserer Prüfperspektive – sowohl aus der Sicht eines Emissionshauses, aber auch aus Investorensicht!

Das Verhältnis  des „zu begebenden Anleihevolumens“ zu „bereits zurückgeführtem Fremdkapitalvolumen aus anderen Instrumenten“ ist kritisch in Augenschein zu nehmen. Hat der Emittent bewiesen, dass er in der Lage und willens ist, eine ähnlich große Summe zurückzuzahlen? Analog zur Secured Credit Card spielt hier die Kombination Kreditvergangenheit/Sicherheiten eine wichtige Rolle bei der Bewertung eines möglichen Emittenten.

Wie aber lässt sich beispielsweise nachvollziehen, ob es sich um einen pünktlichen Schuldner handelt? Wie alt sind die offenen Verbindlichkeiten, wurden Fälligkeitsverschiebungen vereinbart? Eine Information, die für den Investor fast unerreichbar ist. Hier sind die Emissionshäuser gefragt, die aktiv nach solchen Informationen fragen und sich den Status Quo bestätigen lassen sollten.

Last but not least müssen sich die involvierten Emissionshäuser die Frage stellen, die wievielte Anlaufstelle sie sind. Diese Information bekommen sie sowohl beim Kunden als auch aus den eigenen Reihen: wie viele Häuser wurden auf die Finanzierung bereits angesprochen? Eine hohe Ablehnungsquote sollte aufmerksam machen. Im Rahmen der viel zitierten Qualitätsoffensive können sich Emissionshäuser ein wenig in der Rolle eines Türstehers sehen.

Die Konsequenz: eine akkuratere Bepreisung der Risiken und damit sachgerechtere Kupons und Covenants. Mit Sicherheit wird der Investitionsdruck der Investoren auch 2014 nicht geringer – im Niedrigzinsumfeld bleibt die Suche nach Rendite weiterhin Thema. Realistische Konditionen, gepaart mit einer Qualitätsoffensive, sind die Voraussetzung dafür, dass der Mittelstandsmarkt auch zukünftig für Anleger ein interessantes Anlageziel bleibt.

Benjamin Franklin hat noch etwas Kluges gesagt: „If in doubt, don’t.“

In diesem Sinne gute Geschäfte

Ihre

Britta Hosters

Kurzvita von Britta Hosters (Foto)

Britta Hosters begleitet als Expertin auf dem Gebiet Business Development, Strategie und Vertrieb den gesamten Prozess eines Mandates bei der SCHNIGGE Wertpapierhandelsbank AG mit dem Schwerpunkt Platzierung und Produktmanagement.

Als ausgebildete Bankkauffrau und internationale Diplom-Betriebswirtin ist sie seit über acht Jahren im Investmentbanking, u.a. für HSBC Trinkaus und Deutsche Bank AG, sowie im Verkaufstrainingsbereich tätig.

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