Konsequente Inkonsequenz – Warum manche Emittenten die Börsen nicht ernst nehmen – Kolumne von Marius Hoerner, ARTUS Asset Management AG
Ist es Arroganz oder Dummheit oder gar Faulheit oder Desinteresse? Diese Frage darf man sich durchaus stellen, wenn man sich den Umgang mit dem Privatanleger vor Augen hält. In der Kolumne vom 12. November 2013, „Die Verantwortung der Börsen“, bin ich – zumindest für mein Empfinden – recht freundlich mit den Börsen umgegangen und habe auf einige Dinge hingewiesen, die verbesserungswürdig sind. In der Zwischenzeit sind mehr als drei Monate vergangen, aber geändert hat sich nichts. Ganz im Gegenteil – der Privatanleger wird durch falsche Informationen im Zweifel zu falschen Entscheidungen ge(ver)führt.
Schaut man sich den vermeintlichen Marktführer und damit den Entry Standard für Unternehmensanleihen an, findet man dort eine nett aufgemachte Broschüre „Anleihen an der Börse zeichnen“. Da steht ganz viel über die Vorteile und Chancen und selbst Risiken sind am Rande erwähnt. Vor allem steht da aber etwas über die Veröffentlichungspflichten der Unternehmen nach der Emission. Dort steht weiß auf blau: „jährliche Folge-Ratings und Bilanzkennzahlen, sofern noch nicht im regulierten Markt der FWB notiert“.
Arroganz oder Dummheit oder gar Faulheit oder Desinteresse?
Der Anleger, der einen zwei-jährigen Bond sucht, wird unweigerlich auch bei Peach Property landen und es ist nicht auszuschließen, das ihm gefällt, was er sieht. Ein Kupon von 6,60 Prozent, der Kurs unter pari und die Rendite zum letzten Kurs bei 7,20 Prozent. Nicht schlecht für zwei Jahre und dann noch mit einem BBB- Rating.
Was er nicht sieht – außer er vergewissert sich noch bei der Rating Agentur – ist, dass das Rating seit dem 24. Januar keine Gültigkeit mehr hat und derzeit in der Bearbeitung ist. Damit komme ich zur Ausgangsfrage. Ist es Arroganz oder Dummheit oder gar Faulheit oder Desinteresse?
Schaut der Anleger sich die Anleihe der MS Deutschland an, sieht er zumindest, dass die Anleihe (derzeit) kein Rating hat. Aber reicht das? Oder ist das für manche Anleger von untergeordneter Bedeutung, da die Anleihe ja immer noch im „Qualitätssegment“ Entry Standard für Unternehmensanleihen notiert? Wäre es nicht sinnvoll, die Anleihen von Unternehmen, die ihren Pflichten nicht nachkommen, gemeinsam mit den Anleihen der Unternehmen, die insolvent sind, in einem separaten Segment zu handeln?
Die Argumentation wird sein, dass es sich ja bereits um den Open Market handelt. Früher nannte man das Freiverkehr und tiefer geht halt nicht. Doch, tiefer bzw. schlechter geht immer. Wo bleibt das Marktsegment „Misthaufen“ oder – um im börslichen Sprachgebrauch zu bleiben – „Junk Bonds“? Ich bin sicher, es würde dem Anleger helfen und die Unternehmen disziplinieren. Denn bisher scheinen einige – offensichtlich mit Recht – die Börsen nicht ernst zu nehmen.
Marius Hoerner
Portfolio Manager
ARTUS Asset Management AG
Foto: ARTUS Asset Management AG
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