„Die Transformation der Automobilindustrie bietet uns hochattraktive Potenziale“ – Interview mit NZWL-CEO Dr. Hubertus Bartsch

Donnerstag, 26. Oktober 2023


Die Neue ZWL Zahnradwerk Leipzig GmbH (NZWL) begibt eine neue fünfjährige Unternehmensanleihe (ISIN: DE000A351XF8) mit einem Volumen von bis zu 15 Mio. Euro. Der Zinssatz der nunmehr neunten NZWL-Anleihe liegt bei 9,5% p.a. Neben einem öffentlichen Zeichnungs-Angebot (Start am 30.10.2023) bietet die NZWL den Inhaber der NZWL-Anleihe 2017/23 sowie den Inhaber der NZWL-Anleihe 2018/24 einen Umtausch in den neuen höher verzinsten Bond 2023/28 an. Dr. Hubertus Bartsch, CEO der Neue ZWL Zahnradwerk Leipzig GmbH, gibt uns einen Einblick in die aktuelle Geschäftsentwicklung und die weiteren Planungen der Leipziger.

Anleihen Finder: Sehr geehrter Herr Dr. Bartsch, einmal mehr begibt die Neue Zahnradwerk Leipzig GmbH im Herbst eine neue Unternehmensanleihe. Wie bewerten Sie die Rahmenbedingungen in diesem Jahr und wofür sollen die Anleihemittel konkret verwendet werden?

Hubertus Bartsch: Das Umfeld ist sicherlich herausfordernd – sowohl gesamtwirtschaftlich als auch branchenspezifisch. Gleichzeitig zeigen unsere Ergebnisse, dass wir uns auch in diesem Umfeld sehr beachtlich geschlagen haben und uns von der Branche ein Stück weit entkoppeln konnten. Nicht zuletzt, weil unser Wachstumstrend intakt ist und wir bei Zukunftsthemen wie den Elektro- und Hybridantrieben signifikante Erfolge verzeichnen. Deshalb haben wir uns in enger Abstimmung mit unseren Partnern Lewisfield Deutschland GmbH und Quirin Privatbank AG bewusst für eine erneute Anleihe-Emission entschieden – nicht zuletzt, um unseren bestehenden Anlegern der Anleihe 2017/2023 und der Anleihe 2018/2024 die Möglichkeit eines Umtauschs zu attraktiven Konditionen zu bieten.

Der Emissionserlös aus dem öffentlichen Angebot und der Privatplatzierung dient erneut der Finanzierung unseres weiteren Wachstums. Mit den zufließenden Mitteln wollen wir unsere Finanzkraft für Investitionen in Wachstum sowie in neue Produkte bei Hybrid- und alternativen Antrieben und in Produkte der E-Mobilität stärken.

Anleihen Finder: Die Emission kleinvolumiger Anleihen gehört seit vielen Jahren zu Ihrer Finanzierungsstrategie.Birgt das nicht auch Risiken?Haben Sie in der aktuellen Situation auch andere Finanzierungsinstrumente als Anleihen in Erwägung gezogen?

Hubertus Bartsch: Die Emission von Anleihen hat sich bei der NZWL seit 2014 erfolgreich bewährt und sich wie geplant als dauerhafter Baustein unseres Finanzierungsmix fest etabliert. Deshalb war sie für uns von Anfang an die bevorzugte Option. Wir sehen darin aufgrund der unterschiedlichen Konditionen, Volumen und Laufzeiten keine Risiken, sondern vielmehr eine für uns sehr vorteilhafte Finanzierungsstrategie.

Anleihen Finder: Der Zinskupon liegt mittlerweile bei 9,5% p.a. – inwiefern rechnet sich das noch für Sie? Wie können Sie die zusätzlichen Finanzmittel zur Zinstilgung aufbringen?

„Die Zinstilgung werden wir wie in der Vergangenheit bequem aus unserem operativen Cashflow leisten“

Hubertus Bartsch: Mit Blick auf unsere gut diversifizierte Fälligkeitsstruktur sowie unsere aktuelle und erwartete Geschäftsentwicklung rechnet sich für uns auch ein Kupon von 9,5 %. Die Zinstilgung werden wir wie in der Vergangenheit bequem aus unserem operativen Cashflow leisten, der im Geschäftsjahr 2022 bei 18,9 Mio. Euro lag.

Anleihen Finder: Wie sieht Ihre weitere Finanzplanung aus? Welche Kennzahlen müssen Sie erreichen, um die Zinslast zu finanzieren? Wie sieht die Eigenkapitalbasis der Unternehmensgruppe aus?

Hubertus Bartsch: Wir sind in einer ausreichend komfortablen Lage, die Zinslast jederzeit vollumfänglich zu finanzieren. Zum 30. Juni 2023 lag unsere Konzern-Eigenkapitalquote bei 18,2 %. Für die kommenden Jahre erwarten wir einen Anstieg unserer Ergebnisse und eine Reduzierung unserer Nettoverschuldung.

Anleihen Finder: Der Halbjahresgewinn hat sich im Vergleich zum Vorjahr (1,5 Mio. Euro) praktisch aufgelöst. Wo liegen derzeit die größten Probleme bzw. Herausforderungen im operativen Geschäft und wie begegnen Sie diesen?

Hubertus Bartsch: Bei der Betrachtung unserer Ertragsentwicklung im 1. Halbjahr 2023 muss zwingend berücksichtigt werden, dass es in diesem Zeitraum durch Änderungen der Wechselkurse zwischen Euro und Renminbi zu unrealisierten Währungskursdifferenzen kam. Dieser Sondereffekt beträgt 0,7 Mio. Euro, so dass sich unser bereinigter Halbjahresgewinn auf 0,8 Mio. Euro belief. Trotz der von der Inflation beeinflussten Rahmenbedingungen in Europa und der anhaltend schwierigen gesamtwirtschaftlichen Situation in China ist unser operatives Geschäft also weiterhin intakt. Das zeigt sich auch daran, dass sich die Umsatzentwicklung in China im 3. Quartal 2023 wieder stabilisiert hat.

Anleihen Finder: Wie wollen Sie zukünftig mit dem China-Geschäft umgehen? Sind da strategische Änderungen geplant?

„Wir produzieren in China Weltprodukte ausschließlich für den chinesischen Markt, so dass keine Abhängigkeiten zwischen unseren Aktivitäten in China und Europa bestehen“

Hubertus Bartsch: Das China-Geschäft bleibt ein wichtiges Standbein unserer weiteren Entwicklung. Strategische Änderungen sind nicht geplant, da unser aktueller Ansatz sehr gut funktioniert. Wir produzieren vor Ort Weltprodukte ausschließlich für den chinesischen Markt, so dass keine Abhängigkeiten zwischen unseren Aktivitäten in China und Europa bestehen. Zudem haben wir mit VW und Great Wall zwei langjährige, renommierte Kunden, die unsere Geschäftsbeziehung genauso schätzen wie wir. Schon diese Top-Kunden geben uns die gewünschte Absicherung für unsere China-Aktivitäten.

Anleihen Finder: Wie hat sich das Geschäft in der zweiten Jahreshälfte bislang weiterentwickelt? Was sind derzeit die Stabilisatoren und wesentlichen Garanten in Ihrem Geschäftsmodell?

Hubertus Bartsch: Das 3. Quartal 2023 hat sich in Europa und China plangemäß entwickelt. Deshalb halten wir an unserer Prognose für das Gesamtjahr weiterhin fest, die ein Umsatzwachstum um 2 % bis 6 % gegenüber dem Vorjahreswert von 158,7 Mio. Euro sowie – bereinigt um die Ergebnisse aus Währungsdifferenzen – eine Stabilisierung bzw. leichte Verbesserung des betrieblichen Rohertrags, des EBITDA sowie des Konzernjahresüberschusses vorsieht.

Anleihen Finder: Im vergangenen Jahr haben Sie den Umsatz-Anteil am Elektro-/Hybridantrieb-Bereich bereits auf 12% ausgebaut. Wo liegt dieser Anteil jetzt und wie planen Sie weiterhin in diesem Bereich?

Hubertus Bartsch: Der Umsatzanteil im Bereich Elektro-/Hybridantrieb betrug im 1. Halbjahr 2023 rund 13 %. Das Wachstum verlief dabei parallel zum Umsatzwachstum. Diese Entwicklung erwarten wir auch für die Zukunft. Hier kommt uns sicherlich auch zugute, dass wir uns schon sehr frühzeitig seit 2012 erfolgreich in diesem Bereich etabliert haben.

Anleihen Finder: Sie haben die Produktionsstätten in Deutschland und der Slowakei zuletzt weiter ausgebaut. Ist die Auftragslage dahingehend schon größer geworden oder wappnen Sie sich für die Zukunft? Gibt es neue Produkte und Kunden im NZWL-Portfolio?

„Bereits ab Ende 2023 werden sich unsere in Europa verfügbaren Produktionskapazitäten um insgesamt 20 % erhöhen“

Hubertus Bartsch: Mit dem Ausbau der Produktionsflächen um jeweils rund 2.500 qm tragen wir unserem eigenen fortschreitenden Transformationsprozess hin zur Gesamtkompetenz für Elektro-, Hybrid-, Alternativ- und Verbrennungsantriebe Rechnung. Bereits ab Ende 2023 werden sich dadurch unsere in Europa verfügbaren Produktionskapazitäten um insgesamt 20 % erhöhen. In Leipzig dient die dringend benötigte Erweiterung zum einen dazu, den Serienhochlauf im Nutzfahrzeug-Bereich im Auftrag von Scania abzubilden. Zum anderen setzen wir Volumensteigerungen im Bereich der E-Mobilität für Porsche sowie Lamborghini um und fertigen Bauteile für alternative Antriebe. Auch in der Slowakei forcieren wir unser Zukunftsgeschäft, denn durch die zusätzlichen Produktionskapazitäten stellen wir den Serienhochlauf im Bereich der E-Mobilität für die von Audi und Porsche entwickelte Plattform „Premium Platform Electric“ (PPE) sicher. Darüber hinaus bauen wir dort zusätzliche Montagemöglichkeiten für Baugruppen auf und erweitern zudem das Lager.

Anleihen Finder: Wie entwickelt sich der Automobilmarkt generell? Wo sehen Sie zukünftig Ihre Rolle als Zulieferer? Und wo haben Sie für die NZWL die größten Potenziale identifiziert?

Hubertus Bartsch: Die Automobilindustrie befindet sich bekanntermaßen in einem umfassenden Wandel. Diese Transformation bietet für Unternehmen wie uns, die sich bereits frühzeitig damit auseinandergesetzt und entsprechend positioniert haben, hochattraktive Potenziale – und zwar zusätzlich zum Verbrennungsantrieb. Schließlich beliefern wir schon seit 2012 einen namhaften OEM im Segment Elektroantriebsmodule für Zweiräder. Seit 2017 produzieren wir für Porsche Räder und Wellen für den Elektroantriebsstrang im Sportwagenpremiumsegment. Seit 2019/2020 sind wir mit Adapterwellen in die Großserienlieferung für Porsche und Audi auf deren „Premium Platform Electric“ (PPE)-Plattform eingebunden, auf der zukünftig sämtliche Elektrofahrzeuge der Mittel- bis Oberklasse beider OEMs basieren werden. 2020/2021 haben wir begonnen, Lamborghini mit den ersten Versuchsteilen für den Elektroantriebsstrang zu beliefern und in diesem Jahr ist der Produktionsstart erfolgt. Anfang 2021 erhielten wir von VW einen Neuauftrag zur Belieferung einer Adapterwelle für die MEB-Plattform. Auch hier startete die Produktion in 2023.

Hinweis: Diese Interview erschien zunächst in der neuen Ausgabe des Anleihen Finder Newsletters (Oktober-2-2023). Registrieren Sie sich hier für unseren kostenlosen Newsletter und seien Sie stets vorab informiert.

Anleihen Finder: Abschließend: Was stimmt Sie zuversichtlich, Ihr operatives Geschäft in den kommenden Jahren wieder deutlich zu verbessern? Welche Ziele haben Sie sich dahingehend gesteckt?

Hubertus Bartsch: Zuversichtlich stimmt uns vor allem unsere langjährige Gesamtkompetenz für Elektro-, Hybrid-, Alternativ- und Verbrennungsantriebe. Dadurch ist es uns gelungen, auch in den vergangenen zwei Jahren profitabel zu wirtschaften, was sicherlich alles andere als eine Selbstverständlichkeit ist. Unser klares Ziel ist es, diese Entwicklung auch langfristig fortzusetzen – so wie bereits im 1. Halbjahr 2023. Zugute kommen dürfte uns dabei auch, dass wir schon jetzt Alleinlieferant bei rund 90 % unserer Aufträge sind und uns auch im Nutzfahrzeug-Bereich frühzeitig etablieren konnten, wo wir aktuell bspw. für Scania und Daimler Truck produzieren.

Anleihen Finder: Herr Dr. Bartsch, besten Dank.

Anleihen Finder Redaktion.

Titelfoto: pixabay.com

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