Windreich-Insolvenz: Machen sich Anleihe-Gläubiger-Anwälte und Insolvenzverwalter nur die Taschen voll? – 2. Teil des Doppelinterviews mit Kapitalmarktrecht-Experten
Anleihen Finder Redaktion: Einige Anleihe-Gläubiger der Windreich GmbH argumentieren, dass nur Willi Balz als Eigentümer ein glaubhaftes Interesse daran habe, das Unternehmen aus der Insolvenz zu führen. Anleger-Anwälte und Insolvenzverwalter würden sich hingegen – salopp formuliert – nur die Taschen über lukrative Mandate voll machen. Wie schätzen Sie diese Argumentation ein, die man in verschiedenen Internetforen finden kann?
Heiko Müller: Dass Willi Balz ein Interesse daran hat, das Unternehmen aus der Insolvenz zu führen, dürfte schon wegen seines eingebrachten Privatvermögens auf der Hand liegen. Nur sollte die Unternehmensführung nicht mehr in seine Verantwortung gegeben werden, zumal die Fortführung des Unternehmens von weiteren Investitionen und damit von weiterem Kapital abhängt. Da sein Name am Kapitalmarkt aber verbrannt ist, sollte das Unternehmen nunmehr mit kompetenten Sachverstand durch unabhängige Organe fortgeführt werden. Herr Balz könnte hierbei sicherlich beratend zur Seite stehen.
Klaus Nieding: „Ich habe auch bei der WGF Westfälische Grundbesitz und Finanzverwaltung AG mit einem Volumen von EUR 50 Mio. das Amt des gemeinsamen Vertreters von Anleiheinhabern bekleidet“
Klaus Nieding: Ich denke, niemand möchte Herrn Balz seine Expertise absprechen, aber man muss auch sehen, wo das Unternehmen jetzt steht und wer es dorthin gebracht hat. Ich habe schon in vielen prominenten Insolvenzfällen wie der Solar Millennium AG mit einem Volumen von EUR 150 Mio., der Gold-ZackAG und Gontard&Metall Bank AG mit einem Volumen von EUR 160 Mio. und der WGF Westfälische Grundbesitz und Finanzverwaltung AG mit einem Volumen von EUR 50 Mio. das Amt des gemeinsamen Vertreters von Anleiheinhabern bekleidet und die Interessen geschädigter Anleger erfolgreich vertreten und vertrete diese auch weiterhin.
Im Insolvenzverfahren Gontard&Metall Bank AG wurden bislang rund 60 Prozent der Forderungen an die Gläubiger ausgeschüttet, bei der Gold-Zack AG (in einem zunächst masselosen Verfahren!) rund 10 Prozent. Bei dem Debt-to-Equity-Swap der Augusta Technologie AG im Volumen von EUR 100 Mio. war ich für die Anleihegläubiger im Rahmen der Sanierung ebenfalls erfolgreich tätig. In diesem Fall wurde Anleihekapital in Aktienkapital umgewandelt, um so die Verbindlichkeiten des Unternehmens zu reduzieren und den Fortbestand desselben sicherzustellen. Und genauso, möchte ich mich für die Anleiheinhaber der Windreich GmbH einsetzen, um das bestmögliche Ergebnis für diese zu erzielen.
Anleihen Finder Redaktion: Herr Müller, Herr Nieding, vielen Dank für das Gespräch!
Lesen Sie im ersten Teil des Interviews: Windreich: Was bedeutet das Willi Balz-Comeback für Anleihe-Gläubiger? – „Gefahr, dass am Montag kein Gemeinsamer Vertreter gewählt wird“ – „Willi Balz` Interessen stimmen nicht zwingend mit denen der Anleihe-Gläubiger überein“
Das Interview führte Christoph Morisse.
Foto: kris krüg/flickr
Anleihen Finder Datenbank:
Chronik der Ereignisse im Fall der Windreich GmbH
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