Windreich im regulären Insolvenz-Verfahren: Was bedeutet das für Anleihen-Gläubiger der Windreich AG? – Anwalt weist auf prominente Anspruchsgegner wie Ex-Wirtschaftsminister Döring hin – Erste Gläubigerversammlung am 13. Januar

Mittwoch, 11. Dezember 2013


Schon am 13. Januar soll eine Gläubigerversammlung für die Anleihen-Gläubiger der Windreich AG in Esslingen stattfinden. Am 11. Februar werde dann die Versammlung für alle Gläubiger stattfinden. Das geht aus Informationen des Amtsgerichts Esslingen hervor (Az.: 5 IN 301/13). Seit dem ersten Dezember läuft das geordnete, reguläre Insolvenzverfahren der Windreich AG. Zum Insolvenzverwalter wurde der bisherige Sachwalter Holger Blümle bestellt. 

Die Windreich AG hat es nicht geschafft, sich in Eigenverwaltung zu sanieren. Was bedeutet das jetzt für die Anleihen-Gläubiger der Windreich AG? Die Anleihen Finder Redaktion fragte bei Deutschlands bekanntesten Anlegerschutz-Anwälten nach:

Klaus Nieding, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und Vorstand der Rechtsanwaltsaktiengesellschaft Nieding + Barth, ist der Meinung, dass das geregelte Insolvenzverfahren vorteilhaft für private Anleihen-Gläubiger der Windreich AG hat: „Die Geschäftsleitung der Windreich GmbH hat den Antrag auf Eigenverwaltung zurückgezogen und ich halte diesen Entschluss für richtig. Die Änderung der Verfahrensart bedeutet für die Gläubiger keineswegs die kurzfristige Abwicklung der Gesellschaft, sondern es wird weiter, zusammen mit dem vorläufigen Gläubigerausschuss, intensiv daran gearbeitet, für die entscheidenden Projekte, z.B. MEG 1, möglichst zeitnah zu einem financial closing zu gelangen und damit Werte für die Gläubiger zu potenzieren. Die Geschicke der Gesellschaft lenkt nun in gestärkter Position der vorläufige Insolvenzverwalter, Herr Rechtsanwalt Blümle, der auch schon im Rahmen der vorläufigen Eigenverwaltung die Geschäfte der Windreich zusammen mit dem vorläufigen Gläubigerausschuss überwachte. Der bisherige Kurs wird also vollumfänglich weiterlaufen, das Regelinsolvenzverfahren schafft hierfür verlässliche Strukturen.“

„Interessenkonflikte bestehen immer dann, wenn institutionelle Investoren versuchen, die eigenen Interessen durchzusetzen, die oft gegenläufig zu den Interessen der übrigen Anleihegläubiger sind“

Fachanwalt Nieding weißt nicht ganz uneigennützig daraufhin, dass es für einzelne Anleihen-Gläubiger Sinn macht, sich zusammenzuschließen: „Als Mitglied des vorläufigen Gläubigerausschusses arbeite ich hier eng mit Herrn Rechtsanwalt Blümle zusammen, um die Interessen der Anleihegläubiger in alle Entscheidungen im Rahmen des Insolvenzverfahrens mit einzubringen. Damit sind die Anleihegläubiger von Anfang an mit am Tisch, wenn die Weichen für die Zukunft der Gesellschaft gestellt werden. Wichtig ist es für die Anleihegläubiger im Falle der Insolvenzeröffnung, ihre Interessen gebündelt, durch die Wahl eines gemeinsamen Vertreters, der keinem Interessenkonflikt unterliegt, einbringen zu können. Interessenkonflikte bestehen immer dann, wenn institutionelle Investoren versuchen, die eigenen Interessen durchzusetzen, die oft gegenläufig zu den Interessen der übrigen Anleihegläubiger sind. Durch die Wahl eines gemeinsamen Vertreters können Forderungen und Interessen gegenüber der Gesellschaft effektiv durchgesetzt werden, wie es sich in ähnlichen Fällen in der Vergangenheit gezeigt und bewährt hat“, erklärt Klaus Nieding gegenüber der Anleihen Finder Redaktion.

Mögliche „Anspruchsgegner“: Sabine Christiansen, Ex-Wirtschaftsminister Walter Döring oder auch das Bankhaus Sarasin

Professor Julius Reiter, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht von der Kanzlei Baum Reiter & Collegen, weist auf prominente Anspruchsgegner wie Sabine Christiansen, Ex-Wirtschaftsminister Walter Döring oder auch das Bankhaus Sarasin hin. Es gehe um Bilanzmanipulation, Kapitalanlagebetrug, Marktpreismanipulation, Kreditbetrug und Insolvenzverschleppung: „Die Rücknahme des Antrags auf Eigenverwaltung und damit bevorstehende Regelinsolvenz ist ein weiterer Rückschlag für die Anleger der Windreich AG. Die Kleinanleger sind bei der Regelinsolvenz das schwächste Glied in der Kette. Vor ihnen werden Banken und offene Rechnungen bezahlt. Wenn sie keine selbstbewusste Interessenvertretung auf die Beine stellen, werden sie nachrangig bedient.

„Bilanzmanipulation, Kapitalanlagebetrug, Marktpreismanipulation, Kreditbetrug und Insolvenzverschleppung“

Neben den Ansprüchen aus der Insolvenzmasse, die naturgemäß nicht hoch ausfallen werden, kommen eine Reihe von Anspruchsgegnern infrage. Die staatsanwaltlichen Ermittlungen weisen bereits eine Richtung auf. Sie richten sich gegen fünf amtierende und ehemalige Vorstandsmitglieder der Windreich. Es geht um: Bilanzmanipulation, Kapitalanlagebetrug, Marktpreismanipulation, Kreditbetrug und Insolvenzverschleppung.

Windreich hat ganz bewusst mit Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens um Vertrauen bei den Anlegern geworben. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist seit 2011 die Haftung von Prominenten verschärft worden, die für eine Kapitalanlage aktiv Werbung machen und so als Garant für die Anlage auftreten. Die Entscheidung richtete sich damals gegen den ehemaligen Verteidigungsminister und Juraprofessor Rupert Scholz. Erschwerend kommt hinzu, wenn Prominenten – wie Scholz – eine entsprechende Sachkunde unterstellt wird. Die Promi-Haftung dürfte also bei wenig fachkundigen Werbeträgern wie Manfred Krug, der seinerzeit für die T-Aktie geworben hat, und sicher auch bei Sabine Christiansen weniger ins Gewicht fallen als bei Ex-Wirtschaftsminister Walter Döring. Wir werden das im Einzelfall eingehend prüfen.

Außerdem kommen als Anspruchsgegner Finanzberater und Banken in Betracht, die Risiken verschwiegen und auf deren Empfehlung Anleihegläubiger gezeichnet haben. Insbesondere Kunden des Bankhauses Sarasin soll bei der Beratung verschwiegen worden sein, dass ihre Bank selbst dem Unternehmen Windreich 70 Millionen Euro Kredit zur Verfügung gestellt haben soll. Wenn sich dies bestätigt, hätte bei der Bank eine Interessenkollision vorgelegen. Damit ließen sich Schadenersatzansprüche für die Anleger begründen.

Nach der Windreich-Insolvenz: Interessen bündeln

Anleger sollten ihre Interessen bündeln und sich von Fachanwälten im Insolvenzverfahren vertreten lassen. Außerdem geht es darum, Schadensersatz- und Prospekthaftungsansprüche gegen verschiedene Verantwortliche zu prüfen und Klagen vorzubereiten. Hierfür ist eine Bündelung der Interessen der Anleger und fachanwaltliche Expertise erforderlich. baum reiter & collegen hat hierzu eine Interessengemeinschaft gebildet. Anleihegläubiger können sich kostenlos und unverbindlich unter IG-Windreich@baum-reiter.de registrieren“, meint Professor Julius Reiter.

Anleihen Finder Redaktion

Foto (Ex-Windreich-Aufsichtsrätim und Ex-TV-Talkshowmasterin Sabine Christiansen neben Ex-Windreich-Chef Willi Balz): Windreich AG

Anleihen Finder Datenbank:

Windreich AG 2011/2016

Windreich AG 2010/2015

Chronik der Ereignisse im Fall der Windreich GmbH

Windreich: Insolvenz geht in geregeltes Verfahren über (Pressemitteilung der Windreich AG vom 29.11.2013)

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Windreich AG beantragt Insolvenz

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Windreich AG: Durchsuchung der Geschäftsräume – Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelt wegen anonymer Anzeige

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Börse Stuttgart: Beide Windreich-Anleihen vom Handel ausgesetzt

Windreich AG widerruft Veröffentlichung des neuen Ratings der Creditreform Rating Agentur

Creditreform Rating Agentur setzt Rating für Windreich AG auf „watch“, „unter Beobachtung”

Letzter Teil des Interviews mit Windreich-Chef Willi Balz: „Wir haben uns bei Bondm auf fünf Jahre für die Rückzahlung geeinigt. Dies ist sauber abgestimmt mit unseren Projekt-Exit-Zeitpunkten.“

2. Teil des Interviews mit Windreich-Chef Willi Balz: „Global Tech I hatte zu keiner Zeit eine Finanzierungslücke. Ganz im Gegenteil, zum Kapitalerhöhungszeitpunkt lagen über 100 Millionen Euro Guthaben auf dem Konto – mit Lord Laidlaws Hilfe konnten wir eine Verwässerung unserer Anteile vermeiden“

1. Teil des Interviews mit Windreich-Chef Willi Balz: „Frankfurter Spekulationen ignorieren und Bremerhavener Realitäten akzeptieren“

Windreich-Aufsichtsrätin Sabine Christiansen verteidigt Willi Balz: „Nachweisbare Leistungen des Unternehmens deutlich besser als der Ruf“

Wirbel um Windreich AG: FAZ kritisiert Windreich-Chef Willi Balz wegen Kreditgeschäft mit schottischem Finanzinvestor Lord Irvine Laidlaw

Anleihen Finder Mediathek:

“Brief an die Anleihezeichner” vom 04.05.2013, Quelle: Windreich AG

“Brief an die Anleihezeichner” vom 03.05.2012, Quelle: Windreich AG

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