„Die Underberg-Gruppe ist heute deutlich besser aufgestellt als bei der letzten Anleihe-Emission“ – Interview mit Michael Söhlke, CFO der Semper idem Underberg AG

Dienstag, 13. September 2022


Die Semper idem Underberg AG begibt eine neue sechsjährige Unternehmensanleihe (ISIN: DE000A30VMF2) mit einem Volumen von bis zu 75 Mio. Euro. Die Anleihe wird einen jährlichen Zinskupon zwischen 5% und 6% haben, der bis Ende der Angebotsfrist final festgelegt wird. Aktuell läuft ein Umtauschangebot für die Inhaber der zwei bestehenden Underberg-Anleihen mit Laufzeiten bis 2024 und bis 2025. Im Anschluss folgt ab dem 19. September bis voraussichtlich zum 28. September 2022 noch eine öffentliche Zeichnungsphase. Wir haben mit dem Underberg-CFO Michael Söhlke über die aktuelle Entwicklung beim Traditionsunternehmen sowie die Hintergründe der Anleihe-Emission gesprochen.

Anleihen Finder: Hallo Herr Söhlke, die Semper idem Underberg AG sucht einmal mehr den Kapitalmarkt auf. Warum haben Sie sich erneut für die Begebung einer Unternehmensanleihe entschieden?

Michael Söhlke: Die Unternehmensgruppe hat in den vergangenen Jahren eine starke operative Geschäftsentwicklung genommen und konnte gesund wachsen. Der Nettoumsatz aus dem Vertrieb der eigenen Marken sowie der Distributionsmarken stieg im vergangenen Geschäftsjahr um insgesamt 17,2 Prozent auf 141 Mio. Euro. Um auch in Zukunft weiter solide wachsen zu können und unser Markenportfolio auszubauen, wollen wir uns bereits jetzt Planungssicherheit schaffen und damit die notwendige finanzielle Flexibilität sichern.

Anleihen Finder: Neben den Refinanzierungen der beiden laufenden Anleihen – für welche Investitionen sollen die neuen Anleihe-Mittel konkret verwendet werden?

„Wir wollen die bestehenden Anleihen vorzeitig bedienen und planen die weitere Reduzierung der Fremdverschuldung“

Michael Söhlke: Das ist ein ganz entscheidender Punkt: Wir wollen die bestehenden Anleihen vorzeitig bedienen und planen die weitere Reduzierung der Fremdverschuldung. Die Liquidität soll zum einen als Puffer dienen, um künftige Wachstumsambitionen im Getränke- und Spirituosenmarkt realisieren zu können, und zum anderen in die Ausweitung der Produktionskapazitäten fließen, die vor allem bei stabiler Nachfragesteigerung relevant für den langfristigen Erfolg ist.

Anleihen Finder: Der Kupon wird mit 5,00 – 6,00% höher sein als zuvor (4,00%). Worin liegt das begründet? Und aus welchen Töpfen sollen die Zinsen jährlich bedient werden?

Michael Söhlke: Der Zinskupon einer Emission wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Neben fixen Kriterien spielen das Unternehmensprofil genau wie das Marktrisiko eine große Rolle. Die Underberg-Gruppe ist heute deutlich besser aufgestellt als bei der letzten Emission 2019. Aber das Marktrisiko und die aktuelle Marktvolatilität sind deutlich größer. Dieser Realität können wir uns nicht entziehen und möchten dennoch jetzt frühzeitig Sicherheit für die nächsten Jahre schaffen. Wir haben unter Beweis stellen können, wie robust und krisenfest unser Geschäftsmodell ist. Neben den Anleihen haben wir in den vergangenen Jahren auch Zins- und weitere Tilgung für unser letztes Bankdarlehen geleistet. Dieses ist nun vollständig abbezahlt. Wenn man diese Aufwendungen berücksichtigt, ist entsprechend auch ein höherer Kupon für uns finanzierbar. Zudem rechnen wir mit weiterem Wachstum im operativen Geschäft.

„Die Underberg-Gruppe ist heute deutlich besser aufgestellt als bei der letzten Emission in 2019, aber das Marktrisiko und die aktuelle Marktvolatilität sind deutlich größer“

Anleihen Finder: Wie haben sich die wichtigsten Geschäftszahlen (Umsatz, EBITDA, Cashflow) in den letzten drei Jahren entwickelt?

Michael Söhlke: Die Umsatzerlöse stiegen von 116 Millionen Euro im Jahr 2020 auf 141 Millionen Euro im Jahr 2022. Das bereinigte EBITDA stieg von knapp 12 Millionen Euro im Jahr 2020 auf rund 12,8 Millionen im Jahr 2022. Der Free Cashflow betrug im Jahr 2022 ca. 800.000 Euro, so dass unser Kassenbestand per Ende März 2022 auf 26,6 Millionen Euro erhöht werden konnte.

Anleihen Finder: Inwiefern wurden Sie von den Auswirkungen der Pandemie ausgebremst und wie äußern sich die aktuellen Folgen des Ukraine-Krieges und der Energiekrise bei Ihnen?

Michael Söhlke: Die Pandemie mit den langen Lockdowns, die insbesondere unsere Partner in der Gastronomie hart getroffen haben, ist auch an uns nicht spurlos vorbeigegangen. Trotzdem konnten wir während des ersten Corona-Jahres gegen den Markttrend leicht wachsen. Dabei gab es eine Verschiebung der Umsatzanteile: Die Gastronomie war zwar geschlossen, und deshalb fielen hier die Absatzzahlen. Auch das Auslandsgeschäft ging zunächst deutlich zurück. Die Umsätze im Lebensmitteleinzelhandel nahmen dafür in dieser Zeit deutlich zu. Der Ukraine-Krieg mit seinen Auswirkungen hinterlässt in der gesamten deutschen Wirtschaft sehr deutliche Spuren. So auch bei uns. Die Preiserhöhungen sind auch in unserer Branche spürbar. Wir sehen Kostensteigerungen zwischen 5 und 30 Prozent. Wir gehen sehr transparent vor und geben die höheren Kosten zumindest in Teilen weiter.

Anleihen Finder: Zum Verschuldungsgrad –wie ist das Verhältnis von Eigenkapital zu Fremdkapital bei der Semper idem Underberg AG?

Michael Söhlke: Wir haben in den vergangenen Jahren die relevante Kennziffer, nämlich das Net Debt zu bereinigtem EBITDA, kontinuierlich verbessert. Von 6,2 im Jahr 2021 auf 4,7 in diesem Jahr, u.a. haben wir das letzte ausstehende Darlehen in den vergangenen Jahren komplett zurückgeführt. Es ist ein zentrales Ziel von uns, diese Kennzahl in den kommenden Jahren weiter zu verbessern. Dies soll sowohl durch Reduzierung von Fremdverbindlichkeiten als auch durch weitere Verbesserungen des EBITDAs erreicht werden.

Anleihen Finder: Underberg ist ein starker Markenname und steht vor allem für den bekannten Kräuterlikör, aber ihre Produktpalette ist weitaus größer. Was sind Ihre margenstärksten Produkte und Wachstumstreiber?

Michael Söhlke: Natürlich ist der Kräuterbitter Underberg, eine unserer bekanntesten Marken, sehr wichtig für den Gesamtumsatz der Gruppe. Weltweit hat der Kräuter-Klassiker den Umsatz im vergangenen Geschäftsjahr um mehr als 20 Prozent gesteigert. Aber auch der Weinbrand Asbach Uralt konnte gegen den Trend ein beeindruckendes Umsatzplus von mehr als 20 Prozent verzeichnen. Das Portfolio der Unternehmensgruppe Semper idem Underberg AG umfasst mehr als 60 Eigen- und Vertriebsmarken. Zum Gruppenumsatz trägt die Kernmarke Underberg etwas unter 25 Prozent bei. Unser Cachaça PITÚ und unsere Kräuter- und Fruchtliköre Hubertus-Tropfen sind längst echte Schwergewichte in unserem Sortiment. PITÚ befindet sich in 80 Prozent aller Caipirinhas, die in Deutschland getrunken werden. Der Trend geht hier zu neuen Geschmacksrichtungen und Ready-to-Drink-Cocktails – auch alkoholfrei.

Anleihen Finder: Warum können Sie sich mit Ihren Produkten am umkämpften Getränke- und Spirituosenmarkt behaupten? Worin liegen Ihre Stärken?

„Wir haben bewusst in den Auf- und Ausbau neuer Produktionskapazitäten investiert“

Michael Söhlke: Wir haben die Corona-Zeit antizyklisch genutzt und konsequent die Markenmodernisierung und Markenaktivierung vorangebracht.Zudem haben wir in den vergangenen Jahren regelmäßig Produktinnovationen – vor allem bei PITÚ und bei St. Hubertus – an den Markt gebracht, die sich sehr stark entwickelt haben. Wir haben weiterhin bewusst in den Auf- und Ausbau neuer Produktionskapazitäten – als Ergebnis einiger Neuprodukte – investiert und prüfen aktuell die Möglichkeit, Folgeinvestitionen zu tätigen, um die steigende Nachfrage zu bedienen und weiteres Wachstum zu ermöglichen. International sind wir im vergangenen Jahr um rund 45 Prozent gewachsen. Das größte Nachfrageplus zeichnet sich in den USA, Dänemark und im Bereich Global Travel Retail ab. Die Marken, die für die erfolgreiche Internationalisierung stehen, sind eigene Marken unseres Premium-Segments wie Underberg aber auch, Asbach oder St. Hubertus. Wir haben konsequent in die Modernisierung unserer Marken investiert, um aufkommende Getränketrends nutzen zu können und somit neue Kundinnen und Kunden zu gewinnen. Der Fokus der Unternehmensgruppe liegt hierbei besonders auf internationalem Wachstum der modernisierten Marken.

Anleihen Finder: Auf der anderen Seite – wo liegen die größten Risiken/Schwierigkeiten in Ihrem Geschäftsmodell und wie wirken Sie diesen entgegen?

„Haben ein krisenresistentes Geschäftsmodell, mit dem wir gegen den Trend Wachstum generieren konnten“

Michael Söhlke: Wir haben in den vergangenen beiden Jahren gesehen, dass wir ein sehr robustes und krisenresistentes Geschäftsmodell haben, mit dem wir gegen den Trend Wachstum generieren konnten. Gleichzeitig sind wir auch makroökonomischen und geopolitischen Realitäten ausgesetzt, die wir nicht direkt beeinflussen können, die aber in hohem Maße für unser Geschäft relevant sind. Vor dem Hintergrund der aktuellen Marktvolatilität beobachten wir die Entwicklungen genau, konnten aber bisher gerade auf der Nachfrageseite noch keine negativen Auswirkungen auf unser Geschäft sehen.

Anleihen Finder: Inwiefern erfüllen Sie ESG- und Nachhaltigkeitskriterien?

Michael Söhlke: Als Familienunternehmen hat Underberg ESG bereits gelebt, bevor der Begriff definiert wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg beispielsweise hat die Familie Grundstücke gespendet, um für den Wiederaufbau neuen Wohnraum zu schaffen. Zudem werden Umweltinitiativen wie etwa Wald-Projekte bereits seit den 70er Jahren unterstützt. Underberg gehört zu den ersten Unternehmen mit einem Zertifikat für Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Darauf sind wir stolz und freuen uns darüber, welchen exzellenten Ruf das Familienunternehmen als verantwortungsbewusster Arbeitgeber hat. Es macht Spaß, Teil dieses außergewöhnlich starken Teams zu sein und gemeinsam die Zukunft zu gestalten – ganz im unternehmerischen Sinne. Ein anderes Beispiel: In unserer Produktion in Rüdesheim nutzen wir die Abwärme der Brennerei, um die neue Produktionshalle zu heizen.

Anleihen Finder: Was sind die Pläne des Unternehmens in den nächsten Jahren – welche operativen und unternehmerischen Ziele sollen/müssen in den kommenden Jahren erreicht werden?

Michael Söhlke: Zunächst möchten wir die anstehende Refinanzierung erfolgreich durchführen und uns damit finanzielle Flexibilität für Wachstumsinitiativen schaffen. Wir haben gezielt in den Auf- und Ausbau neuer Produktionskapazitäten investiert, um die steigende Nachfrage bedienen zu können und weiteres Wachstum zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang prüfen wir aktuell Folgeinvestitionen. Weiterhin wollen wir unsere Internationalisierung weiter vorantreiben und sehen dabei insbesondere Potenzial im Bereich Global Travel Retail oder auch in den USA. Perspektivisch will die Underberg-Gruppe den Auslandsanteil am Umsatz von derzeit gut 13 Prozent in den nächsten Jahren überproportional ausbauen. Deshalb werden wir weiterhin in die Internationalisierung unserer Kernmarken investieren.

Anleihen Finder: Abschließend: Warum sollten Anleger – sowohl alte als auch neue – die neue sechsjährige Underberg-Anleihe in ihrem Depot haben?

„Haben gezeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind“

Michael Söhlke: Die insgesamt erfreuliche operative Entwicklung, die wir trotz verschiedener internationaler Krisen in den vergangenen Jahren verzeichnen konnten, zeigt, dass die Semper idem Underberg AG auf dem richtigen Weg ist. Es gibt noch weitere signifikante Wachstumsmöglichkeiten im Spirituosenmarkt, die wir mit unserer Erfahrung und unserem Know-how erschließen wollen. Insbesondere bei unseren Eigenmarken haben wir gezeigt, dass wir Getränketrends verstehen und haben unsere Kennmarken vor diesem Hintergrund modernisiert, ohne die Tradition zu vernachlässigen. Zudem werden wir durch die geplante spürbare Rückführung der Gesamtverbindlichkeiten die Profitabilität des Unternehmens weiter verbessern.

Anleihen Finder: Herr Söhlke, besten Dank für das Gespräch.

Anleihen Finder Redaktion.

Fotos: Semper idem Underberg AG

Anleihen Finder Datenbank

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