Anleihen sind eine sinnvolle Finanzierungsalternative

Dienstag, 27. Juli 2021


Ein Beitrag der Quirin Privatbank Redaktion:

Die Corona-Pandemie hat – wie in fast allen Bereichen der Wirtschaft – auch auf dem Markt für KMU-Anleihen ihre Spuren hinterlassen. Die Zahl der Emissionen sank ebenso wie das Ziel und das letztlich tatsächlich platzierte Volumen der Anleihen. Für das zweite Halbjahr 2021 ist nach dem Abflauen der COVID-19-Krise aber mit einer Erholung des Marktes zu rechnen.

„Der Pandemie-bedingte Anleihestau, die Notwendigkeit, die Finanzierung auf mehrere Schultern zu verteilen und die restriktivere Kreditvergabe seitens der Banken dürften dem Markt für KMU-Anleihen in der zweiten Jahreshälfte Impulse geben“, erwartet Thomas Kaufmann, stellvertretender Leiter Kapitalmarkgeschäft bei der Quirin Privatbank.

Herausforderndes Jahr 2020 für KMU-Anleihen

Im Jahr 2020 wurden in Deutschland nach einer Analyse von IR-on 38 KMU-Anleihen platziert nach 34 im Vorjahr. Das Zielvolumen der KMU-Anleihen lag bei 1,278 Milliarden Euro, platziert wurden 957,1 Millionen Euro. Mit anderen Worten: Rund 75 Prozent des geplanten Volumens wurden tatsächlich platziert. Dabei konnten nur 15 der insgesamt 38 KMU-Anleihen voll platziert werden. Damit sank die Quote gegenüber 2019 deutlich – und zwar von 50 auf 39 Prozent.

Aktivster Sektor bei KMU-Anleihen war im vergangenen Jahr die Immobilienbranche, gefolgt von der Lebensmittelindustrie und dem Energiesektor. Der durchschnittliche Kupon blieb mit 5,57 Prozent stabil auf dem Niveau des Vorjahres. Trotz der herausfordernden Umstände gab es 2020 nur zwei Ausfälle eines Emittenten, nach einem Default im Vorjahr. „Die Hoffnung, dass Anzahl der Ausfälle niedrig bleibt, ist durchaus vorhanden. Wir sind zuversichtlich, dass das Gros der Emissions-Beteiligten aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hat“, sagt Thomas Kaufmann.

Attraktivität von KMU-Anleihen steigt

Kapitalmarktexperte Thomas Kaufmann ist überzeugt, dass festverzinsliche Wertpapiere zunehmend an Attraktivität für kleine und mittelständische Unternehmen gewinnen werden. „KMU-Anleihen bleiben ein sinnvolles Finanzierungsinstrument, dass die Liquidität verbessert und die Kreditlinien bei den Hausbanken schont“, sagt Kaufmann. Die anhaltend lockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) mit ihren niedrigen Zinsen dürfte dem Markt für Initial Bond Offerings (IBO) weiteren Auftrieb verleihen.

Unternehmensemissionen verringern zudem die Abhängigkeit von den Hausbanken. Ein weiterer Vorteil: Die Kosten der KMU-Anleihen sind langfristig planbar. Während bei Bankkrediten die KMUs über die gesamte Laufzeit hinweg die Last aus Zins und Tilgung tragen müssen, sind bei KMU-Anleihen während der vereinbarten Laufzeit nur die Zinsen fällig.

KMU-Anleihen bieten aber noch weitere Pluspunkte. So garantiert diese Finanzierungsform dem Begeber eine flexible Verwendung der Mittel und den Erhalt der wirtschaftlichen Selbstständigkeit aufgrund des Fremdkapitalcharakters, die Unternehmen erhalten Finanzierungs- und Planungssicherheit über die gesamte Laufzeit der Anleihe und die Unternehmen können weitere Investoren an Bord holen. Zudem verbessern KMUs mit einer Anleihe auch ihre Verhandlungsposition bei ihrer Hausbank durch die Schaffung eines weiteren Finanzierungsstandbeins.

Vor allem angesichts der verschärften Bedingungen im Zuge von Basel III und der geplanten Umsetzung von Basel IV ab 2023 mit den rigideren Eigenkapitalanforderungen an die Kreditinstitute. „Basel IV erschwert den KMUs den Zugang zu Bankkrediten und führt zu steigenden Finanzierungskosten für kleine und mittelständische Unternehmen. Sie werden daher verstärkt alternative Finanzierungen prüfen müssen – wie etwa Anleihen“ ist Experte Kaufmann überzeugt.

Konservativer Ausblick für 2021

Angesichts der aktuellen konjunkturellen Lage, dem fortschreitenden Erfolg der Impf-Kampagne sowie den optimistischen Geschäftsaussichten dürfte sich der KMU-Anleihemarkt trotz aller berechtigten Vorsicht bei Prognosen positiv entwickeln. Laut einer IR-on-Umfrage unter neun Emissionshäusern werden für das dieses Jahr 25 KMU-Anleihen erwartet. Eine durchaus konservative Schätzung. Für 2020 waren 23 Emissionen erwartet worden, 38 wurde es am Ende. „Die KMUs verlieren ihre Skepsis gegenüber dem Kapitalmarkt und gewinnen zunehmend Gefallen daran, alternative Finanzierungsinstrumente in Anspruch zu nehmen“, meint Thomas Kaufmann. Angesichts der Vorteile scheinen die vermeintlichen Nachteile – Transparenzanforderungen, Kosten und Verwaltungsaufwand – eine immer geringere Rolle zu spielen.

Allerdings sollte nicht ausgeschlossen werden, dass die Corona-Krise wie schon im Vorjahr einen negativen Einfluss auf den Platzierungserfolg der Emissionen haben kann – insbesondere Vollplatzierungen könnten schwieriger werden. Um dennoch Erfolg am Anleihemarkt zu haben, gilt es für KMUs gewisse Dinge zu beachten: Ein überzeugendes Geschäftsmodell und solide Finanzkennzahlen sind ebenso entscheidend wie Sicherheiten, Schutzklauseln und erfahrene Partner. „Der Markt für KMU-Anleihen hat sich zu einer reifen und wirkungsvollen Alternative zur Finanzierung über die Hausbanken entwickelt“, bilanziert Kapitalmarktexperte Thomas Kaufmann.

Quirin Privatbank Redaktion.

Hinweis: Dieser Beitrag erschien zunächst auf dem Quirin Kapitalmarkt-Blog.

Mehr Informationen zu alternativen Finanzierungsmöglichkeiten finden Sie auf dem Kapitalmarkt-Blog der Quirin Privatbank unter https://kapitalmarkt.blog/mittelstandsfinanzierung/

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