Transparenz statt Risikoschutz: Warum Insolvenzen von Anleihe-Emittenten keine Rückschlage für die Börse Frankfurt sind – und warum die Emission der ALNO-Anleihe ein kalkuliertes Investitionsrisiko war

Mittwoch, 23. April 2014
Börse Frankfurt hat keine Lust mehr auf „Mittelstandsanleihen“ – Markt für KMU-Anleihen soll weiter wachsen – Börse rechnet mit 10 bis 15 Neuemissionen, Institutionelle Anleger mit 25 in 2014Börse Frankfurt hat keine Lust mehr auf „Mittelstandsanleihen“ – Markt für KMU-Anleihen soll weiter wachsen – Börse rechnet mit 10 bis 15 Neuemissionen, Institutionelle Anleger mit 25 in 2014


55 Anleihen von 51 Unternehmen sind im Entry Standard gelistet und machen das Anleihen-Segment der Deutschen Börse in Frankfurt damit zum Marktführer. Als solcher – und wohl auch wegen des aktuell schwierigen Standings des krisengebeutelten Anleihemarktes – hat die Deutsche Börse nun einen Leitfaden für die Emission einer Unternehmensanleihe herausgebracht.

„Der ‚Best Practice Guide‘ ist eine wünschenswerte Empfehlung, jedoch kein Zwang“, betont Dr. Cord Gebhardt, Geschäftsführer der Frankfurter Wertpapierbörse. „Er soll allen Beteiligten Orientierung geben, was zu einer handwerklich sauberen Anleiheemission gehört.“ Auf 22 Seiten geht der Folder auf wichtige Weichenstellungen bei der Anleihebegebung ein. Dazu gehören neben bestimmten Anforderungen an das emittierende Unternehmen auch die Einbeziehung von Rechts- und Finanzierungsberatern sowie Qualitätsstandards bei der Anleihekommunikation.

So sollte ein potenzieller Emittent beispielsweise einen Jahresumsatz von mindestens EUR 100 Mio. haben und das tatsächlich erreichte Emissionsvolumen sollte nicht unter EUR 25 Mio. liegen. Zudem sei es wichtig, dass die Emission von einer Bank oder einem Finanzdienstleistungsinstitut begleitet würde und der Prospekt sollte zumindest die wichtigsten Covenants enthalten.

„Die Aufgabe der Börse ist es nicht, den Anleger vor Verlustrisiken zu schützen“

„Besonders wichtig ist uns jedoch die Transparenz von Emittent und Emission“, erläutert Gebhardt. „Die Aufgabe der Börse ist es nicht, den Anleger vor Verlustrisiken zu schützen. Stattdessen wollen wir sicherstellen, dass ein Gläubiger genau weiß, in was für ein Unternehmen er investiert, sprich: Wie ist die wirtschaftliche Lage des Unternehmens und spiegelt sich diese entsprechend im Kupon der Anleihe wider?“ Eine Insolvenz des Emittenten sei daher auch kein Rückschlag für die Börse, sondern ein Risiko, dass der Anleihegläubiger einkalkulieren müsse.

Ein Beispiel für ein kalkuliertes Investitionsrisiko ist die Emission der ALNO AG. Als der Küchenbauer seine Anleihe im Jahr 2013 begab, musste den Gläubigern klar gewesen sein, dass das Unternehmen in Schieflage war und den Anleiheerlös für einen Turnaround brauchte. Schließlich waren Geschäftsbericht und Konzernabschluss für jeden einsehbar. Es handelte sich also um ein Investment mit Risiko – das jedoch auch mit einem entsprechenden Kupon von 8,5 Prozent einherging. Für die Gläubiger war dies Anreiz genug: Die Anleihe im Volumen von EUR 45 Mio. wurde am ersten Zeichnungstag vollständig platziert. Und: Bisher hat sich die Alno AG nicht nur auf dem Markt halten können, sondern sogar noch einmal nachgelegt, als sie eine Pflichtwandelschuldverschreibung im Gesamtnennbetrag von EUR 14 Mio. bei internationalen Investoren platzierte.

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Laden Sie sich hier den „Best Practice Guide: Entry Standard für Unternehmensanleihen – Empfehlungen für Anleiheemissionen“ der Deutschen Börse AG im PDF-Format vom Server der Anleihen Finder GmbH herunter.

Anleihen Finder Redaktion

Foto: Anleihen Finder GmbH

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