„Die Anleihe bietet mehr Freiheitsgrade in Sachen Neugeschäft und Umsatzwachstum“ – Interview mit Martin Huber, CEO und Gründer der Huber Automotive AG
Die Huber Automotive AG, ein Spezialist für die Herstellung von Electronic Control Units in der Automobilelektronik, hat im April dieses Jahres ihre erste Unternehmensanleihe (WKN A2TR43) auf den Markt gebracht. Via Privatplatzierung konnte die Emittentin bei ihrem Anleihen-Debüt ein Volumen von 12,5 Millionen Euro und somit die Hälfte des maximalen Gesamtvolumens des Minibonds von 25 Millionen Euro platzieren. Die Anleihen Finder Redaktion hat beim Gründer und Unternehmenschef Martin Huber nachgefragt:
Anleihen Finder: Sehr geehrter Herr Huber, die erste Unternehmensanleihe (WKN A2TR43) ist zur Hälfte platziert. Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem Anleihen-Debüt?
Martin Huber: Wir sind sehr zufrieden. In Anbetracht der kurzen Vorlaufzeit und der zweiwöchigen Roadshow ist die Platzierung im Plan. Als Emissions-Obergrenze zum Geschäftsjahresende am 30. Juni haben wir 15 Mio. Euro festgelegt. Eine höhere Fremdkapitalaufnahme würde das Unternehmensergebnis und damit die Kennzahlen unnötig belasten.
Anleihen Finder: Seit wann beschäftigt sich die Huber Automotive AG mit der Begebung einer Anleihe? Warum ist die Anleihe ein geeignetes Mittel für Ihre derzeitige Unternehmenssituation und wofür werden die eingesammelten Mittel konkret verwendet?
„Working Capital für anlaufende Projekte“
Martin Huber: Nach ausführlicher Prüfung unterschiedlichster Finanzierungsmöglichkeiten sahen wir in der Ausgabe einer Unternehmensanleihe, aufgrund der Flexibilität dieser Finanzierungsform, die geeignetste Möglichkeit, die anstehenden Aufgaben und Ziele der Huber Automotive AG zu erreichen.
Letztendlich fanden dann ab Mitte Januar Gespräche bezüglich der Finanzierungsvariante „Anleihe“ statt. Wir haben mit dem Thema „Finanzierung über den Kapitalmarkt“ bereits Erfahrung gesammelt. Die Anleihe des zur Gruppe gehörenden Unternehmens IPM GmbH & Co.KG wurde vergangenes Jahr planmäßig zurückgezahlt.
Was die Mittelverwendung betrifft, so sollen diese zur Rückführung von Darlehensverbindlichkeiten, als Working Capital für anlaufende Projekte und für diverse neue Entwicklungsprojekte verwendet werden, wie z.B. für das Hybrid-Power Chassis, welches in Kooperation mit der Firma AL-KO für leichte Nutzfahrzeuge entsteht.
Anleihen Finder: Bislang konnte wie gesagt knapp die Hälfte des anvisierten Geldes eingesammelt werden. Reicht das für die genannten Zwecke aus? Führen Sie aktuell weitere Privatplatzierungen bei institutionellen Investoren durch und warum haben Sie sich gegen eine öffentliche Emission entschieden?
Martin Huber: Die Anleihe stellt einen Baustein unserer Unternehmensfinanzierung dar. Daneben nutzen wir auch noch andere Instrumente, wie Leasing und klassische Bankdarlehen. Alle Finanzierungsbausteine bieten mit einer aktuellen Ausschöpfung von rund 50-60 % ausreichend Spielraum für zusätzlichen Bedarf. Über die genannte Grenze von 15 Mio. Euro werden wir in diesem Geschäftsjahr aber keine weiteren Platzierungen vornehmen.
Bedingt durch die zum damaligen Zeitpunkt, laufenden Verhandlungen über andere Finanzierungsformen, wollten wir bis zum 31.03.2019 eine weitere Alternative verfügbar haben. Ein öffentliches Angebot binnen 8-10 Wochen auf die Beine zu stellen erschien allen, an der Emission Mitwirkenden, allerdings sehr ambitioniert. Wir haben deshalb den Weg über eine prospektfreie Privatplatzierung an institutionelle Investoren gewählt.
ANLEIHE CHECK: Die Unternehmensanleihe der Huber Automotive AG ist mit einem Zinskupon von 6,00% p.a. (Zinstermin jährlich am 12.04.) ausgestattet und hat eine fünfjährige Laufzeit bis zum 12.04.2024. Die Stückelung beträgt 1.000 Euro pro Anteilsschein. Das Wertpapier wird im Open Market der Börse Frankfurt gehandelt.
Anleihen Finder: Warum ist ein Zinskupon von 6,00% p.a. aus ihrer Sicht sowohl für Anleger als auch für die Emittentin gerechtfertigt?
Martin Huber: Wir haben uns den aktuellen Anleihe-Markt angesehen und haben mit diversen Investoren Rücksprache gehalten, was deren Erwartungen sind. Dies ergab schlussendlich eine Bandbreite von 5,75 – 6,00%, in der man sich bewegen musste. Die Gespräche zeigten aber auch, dass man mit 6,00% das Interesse von deutlich mehr Investoren wecken kann, als mit 5,75%. Für uns als Emittentin ist die Zins-Belastung natürlich höher als bei einem Bankdarlehen, die Anleihe bietet aber andererseits auch mehr Freiheitsgrade in Sachen Neugeschäft und Umsatzwachstum.
Anleihen Finder: Welche Sicherheiten können Sie den Anlegern bieten?
Martin Huber: Die Anleihe ist unbesichert und steht grundsätzlich im gleichen Rang mit allen anderen gegenwärtigen und zukünftigen nicht besicherten und nicht nachrangigen Verbindlichkeiten der Emittentin. Grundsätzlich haftet aber das Unternehmen für die Schuldverschreibungen mit seinem gesamten Vermögen, soweit dieses nicht besonderen Sicherungsrechte zugeordnet ist.
Anleihen Finder: Können Sie uns Ihr Geschäftsmodell und Ihre Geschäftsfelder inkl. der Produkte noch einmal genauer vorstellen?
„Bieten unseren Kunden alles aus einer Hand“
Martin Huber: Unser Geschäftsmodell basiert darauf, dass wir unseren Kunden alles aus einer Hand bieten vom Konzept, über Entwicklung bis hin zur Serienfertigung. Wenn Entwicklung und Fertigung vom gleichen Geschäftspartner kommen, dann entfällt die Schnittstelle zwischen Entwickler und Fertiger. Dies reduziert das Risiko für unsere Kunden erheblich, denn die Verantwortlichkeiten sind dann eindeutig und unstrittig.
Aktuell haben wir drei Geschäftsfelder:
A) Allgemeine Fahrzeugelektronik im Bereich Antriebssteuerung, Bordnetze und Komfortelektronik
B) Komponenten für Batteriemanagement-Systeme
C) Hybrid- und E-Drive Systeme, die wir als Gesamtsysteme für die Integration in bestehende Fahrzeugmodelle entwickeln und anbieten
Anleihen Finder: Über welchen Kundenkreis sprechen wir hier?
Martin Huber: Wir haben verschiedene Kundenkategorien:
- 1) Global agierende Fahrzeughersteller, die wir als Tier 1 (direkter Zulieferer) mit Elektronik für diverse Modellreihen beliefern
- 2) Zulieferkonzerne, die wir zukünftig auch mit Elektronik beliefern möchten
- 3) Kunden bzw. Vertriebspartner in Spezialmärkten für Hybrid- und E-Drive Systeme
Anleihen Finder: Geben Sie uns doch einen Einblick in ihre aktuelle Auftragslage?
Martin Huber: Wir haben aktuell zehn Neuanläufe von Produkten im Bereich von Batteriesystemen, die im kommenden Geschäftsjahr 2019/2020 in Serie gehen sollen. Darüber hinaus haben wir mit der Auslieferung von E-Drive Systemen für den Untertagebau begonnen und sind zuversichtlich, dass der Anteil an E-Antrieben im Untertagebau kurzfristig zunimmt.
Anleihen Finder: Warum ist die Huber Automotive AG wettbewerbsfähig? Wo liegen Ihre Kernkompetenzen und was ist das Alleinstellungsmerkmal der Gruppe?
„Unsere Kernkompetenz liegt in der Fahrzeugelektronik mit Schwerpunkt Elektromobilität“
Martin Huber: Kurze time-to-market Phasen, frühzeitiger Aufbau von Know-how in neuen Technologien, Erfahrung in der Großserienherstellung und einen hohen Qualitätsstandard sind aus unserer Sicht die wichtigsten Faktoren, um wettbewerbsfähig zu sein. Schnell auf Veränderungen im Markt reagieren zu können, erscheint uns für die Wettbewerbsfähigkeit in Zukunft bedeutender als die schiere Größe eines Unternehmens.
Wir haben in den letzten 10 Jahren das Unternehmen komplett neu auf Themen ausgerichtet, die wir für sehr zukunftsträchtig erachtet haben. Deshalb sehen wir unsere Kernkompetenz in der Fahrzeugelektronik mit Schwerpunkt Elektromobilität. Nach unserer gegenwärtigen Einschätzung gehen wir davon aus, dass im kommenden Geschäftsjahr bereits ca. 2/3 unseres Umsatzes aus dem Bereich E-Mobilität kommen werden.
Ein Alleinstellungsmerkmal gibt es sicher nicht, aber es ist für unsere Unternehmensgröße sicher ein Novum, wenn man Alleinlieferant für Elektronik sein darf und solche Produkte für eine Vielzahl von Fahrzeugmodelle liefert. Wir entwickeln Fahrzeugelektronik vom Gehäuse über Hardware bis hin zur Funktionssoftware in-house. Nahezu alle Projekte sind auf Basis der AUTOSAR-Architektur* und haben verschiedene Sicherheitsanforderungen zu erfüllen. Darüber hinaus entwickeln und liefern wir komplette Hybrid- und E-Drive Systeme für Spezialmärkte wie z.B. für den Untertagebau (Bergwerke/Minen). Das Gesamtsystemverständnis in Sachen Elektromobilität ist bei uns sicher höher als bei einem reinen Elektronikhersteller. Deshalb sind wir trotz der Betriebsgröße ein präferierter Partner.
Anleihen Finder: Welche Potenziale sehen Sie bei „E-Mobilität“ und „Hybrid-Antrieben“ für Ihr Unternehmen?
Martin Huber: All diese Themen sind relativ neu in der Automobilbranche, mal abgesehen von Tesla. Batterie und Antriebskomponenten und die dazugehörige Steuerungssysteme sind neu. Zwangsläufig gibt es hier große Chancen bei der Vergabe von Aufträgen, da man in der Regel nicht auf bestehende Lieferanten zurückgreifen kann. Wir sahen hier ein Fenster von 3-4 Jahren, um sich in diesem Markt zu etablieren. Danach wird es aus unserer Sicht eher schwierig, noch auf den Zug aufzuspringen, wenn man kein Global Player ist. Es galt deshalb für uns, die Chancen frühzeitig zu erkennen und zu nutzen.
Anleihen Finder: Auf der anderen Seite ist die Abhängigkeit von den Entwicklungen in der Automobilbranche und politischen Rahmenbedingungen sehr hoch. Wie wirken Sie dem entgegen?
Martin Huber: Eine gewisse Abhängigkeit von Marktgegebenheiten wird sich nicht vermeiden lassen, insbesondere politische Rahmenbedingungen können sich in der Regel branchenübergreifend auswirken. Aktivitäten in Spezialmärkten helfen uns einen Gegenpol zu dem typischen Automobilbranchenzyklus aufzubauen. Die Fahrzeugbeschaffung in Minen hängt von anderen Rahmenbedingungen ab und ist eher von der Rohstoffpreisentwicklung abhängig.
Anleihen Finder: Kommen wir noch zu den Geschäftszahlen, die in den vergangenen Jahren ein außerordentliches Umsatz-Wachstum von durchschnittlich 32,5% aufzeigen. Wie hoch war zuletzt die Eigenkapitalquote sowie das Verhältnis Schulden/Gesamtkapital der Huber Automotive AG?
Martin Huber: Zum Ende des letzten Geschäftsjahres 2017/2018 lag die Eigenkapital-Quote bei 25%, das Verhältnis Schulden/ Gesamtkapital lag bei 0,67.
Anleihen Finder: Zu guter Letzt: aus welchen Mitteln sollen die Zinsen jährlich und die Anleihe in fünf Jahren getilgt werden. Wie sieht Ihre Planung diesbezüglich aus?
„Die Zinsen sollen aus dem EBIT bedient werden“
Martin Huber: Abhängig von Auftragseingang und Wachstumsmöglichkeiten wäre als nächster Finanzierungsbaustein eine Kapitalerhöhung sinnvoll. Dies würde das EK/FK –Verhältnis stärken und den Weg für weiteres Wachstum ebnen. Für die Zinszahlungen werden wir die entsprechende Liquidität vorhalten bzw. unterjährige Ansparungen vornehmen. Die Zinsen sollten aber letztendlich aus dem EBIT bedient werden.
Anleihen Finder: Herr Huber, besten Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg.
*) AUTOSAR ist eine SW-Struktur, bei der die Funktionssoftware von der Basis-Software über eine quasi genormte Schnittstelle (RTE) getrennt ist. Ähnlich wie das Windows beim PC soll dadurch die Hardware-Varianten unabhängige Verwendung ermöglicht werden.
Anleihen Finder Redaktion. Das Interview führte Timm Henecker.
TIPP: Sie lesen gerade ein Interview aus unserem aktuellen Newsletter-Juni-2019-1. Melden Sie sich kostenlos für unseren Anleihen-Newsletter an und bleiben Sie informiert.
Portraitfoto: Martin Huber, Huber Automotive AG
Titelfoto + Textfoto: pixabay.com
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