Bernd Petrat, Nordwest Industrie Group GmbH: „Wir wollen wachsen, aber nicht zu jedem Preis“

Mittwoch, 27. März 2019


Die Nordwest Industrie Group GmbH (NWI) aus Frankfurt am Main prüft derzeit eine Anleihen-Platzierung bei institutionellen Investoren. Die etwaigen Fremdmittel von bis zu 20 Millionen Euro sollen zur Finanzierung der weiteren Unternehmensentwicklung verwendet werden. Wir wollten vom Unternehmensgründer Bernd Petrat mehr über die womöglich neue Emittentin am KMU-Anleihen-Markt erfahren und haben mit ihm gesprochen.

Anleihen Finder Redaktion: Sehr geehrter Herr Petrat, mit der Nordwest Industrie Group GmbH, kurz NWI, betritt eine neue Emittentin den deutschen KMU-Anleihen-Markt. Stellen Sie uns und unseren Lesern Ihr Unternehmen doch kurz vor. Womit verdient die NWI Group ihr Geld? Wie viele Mitarbeiter beschäftigen Sie?

Bernd Petrat: Mit unseren Beteiligungsunternehmen fokussieren wir unser Geschäft im Wesentlichen auf vier Bereiche: Metallkomponenten für die Möbelindustrie sowie Gestellkonstruktionen für Solarmodule – in diesen Segmenten sind wir weltweit aktiv – und Betriebseinrichtungen/Ladenbau sowie Spezialleasing mit dem Fokus auf den deutschsprachigen Raum. Unsere NWI-Gruppe beschäftigt aktuell 2.430 Mitarbeiter.

Anleihen Finder Redaktion: Sie beteiligen sich mit der Holding also in verschiedenen industriellen Branchen – inwieweit lässt sich da ein gemeinsamer Nenner bzw. ein roter Faden konstatieren?

Bernd Petrat: Nach unseren Erfahrungen sind es grundsätzlich immer die gleichen Faktoren, die erfolgreiche Unternehmen ausmachen. Wenn die NWI-Gruppe sich an Unternehmen beteiligt oder sie übernimmt, setzen wir unseren Beteiligungsunternehmen zielführende Leitplanken und unterstützen sie bei der Umsetzung mit Inhouse Consulting im Aufbau oder der Optimierung von Lean-Management Prozessen sowie in der konsequenten Umsetzung der Kaizen-Methoden in einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess. Gleichzeitig legen wir Wert auf eine dezentrale Aufstellung und belassen die unternehmerische Entscheidungsfähigkeit in den Beteiligungen.

Anleihen Finder Redaktion: Wie sieht eine typische Beteiligung bzw. ein typisches Projekt der NWI Group aus? Nennen Sie uns doch gerne ein Beispiel zur besseren Veranschaulichung.

Bernd Petrat: Akquisitionen tätigen wir derzeit nur noch dann, wenn sie zu unseren bereits etablierten Geschäftsfeldern passen. Dies kann zum einen die Verlängerung der bestehenden Wertschöpfungsstufen bedeuten, zum anderen die Steigerung des Kunden-Nutzen für unsere bestehenden Zielgruppen. Ein greifbares Beispiel sind unsere Aktivitäten in der Herstellung und dem Vertrieb von Ergonomietechnik und Systemelementen für die Büromöbelindustrie. Hier haben wir uns an den Unternehmen OMT und VEHYL beteiligt, die beide im gleichen Segment agieren. Wir haben deren Kräfte gebündelt und in 2006 die Produktion und den Vertrieb als Joint-Venture der beiden Unternehmen in den USA aufgenommen. Heute haben wir mit dem Unternehmen in Nordamerika eine marktführende Positionierung und sind weiter nach Südamerika expandiert. Im nächsten Schritt wird die Erschließung des asiatischen Wirtschaftsraums angestrebt.

„Wachstumstreiber sind insbesondere die Expansionen in die Auslandsmärkte“

Anleihen Finder Redaktion: Für das Geschäftsjahr 2018/19 prognostiziert die NWI Group einen Umsatz von 450 Millionen Euro. Wie setzt sich dieser Umsatz zusammen? Was sind die wesentlichen Umsatztreiber des Unternehmens?

Bernd Petrat: Grundsätzlich wächst unser Umsatz ausgewogen organisch in unseren vier Geschäftsfeldern Zulieferindustrie Metall, Gestellkonstruktionen für Solarmodule, Betriebs- und Ladeneinrichtung sowie Spezialleasing. Wachstumstreiber sind insbesondere die Expansionen in die Auslandsmärkte.

Anleihen Finder Redaktion: Wie sehen die wesentlichen Finanzkennzahlen (EBITDA, Cash Flow, Verschuldung, Eigenkapital) der Gruppe derzeit aus?

Bernd Petrat: Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2017/18 haben wir mit einem Umsatz von EUR 385 Mio. (+14,9% ggü. VJ) ein EBITDA von EUR 49,2 Mio. (+12,8%) erzielt, unser Nettoverschuldungsgrad liegt aktuell beim 1,9fachen des EBITDA im sehr soliden Bereich. Unsere Eigenkapitalquote beträgt 28,4% – da wir auch zukünftig keine Ausschüttungen planen, wird unsere Profitabilität zu einer weiter steigenden Eigenkapitalausstattung beitragen.

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Anleihen Finder Redaktion: Die Euler Hermes Ratingagentur würdigt die Bonität der NWI Group in einem kürzlich veröffentlichten Report mit der Investment Grade-Note „BBB-“. Basis dieses Ratings ist die neue TRIB-Ratingmethodologie, die in Zusammenarbeit mit Moody´s erarbeitet wurde. Was ist das genau und warum haben Sie sich für ein solches Rating entschieden?

Bernd Petrat: Die neue TRIB-Ratingmethodologie von Euler Hermes in Kooperation mit Moody’s Investor Service ist ein aus unserer Sicht sinnvoller Bewertungsansatz für die Bonitätsbewertung mittelständischer Unternehmen in Deutschland.  Die TRIB-Methodik hat Informationen von 40.000 europäischen KMUs über einen Zeitraum von über 13 Jahren verarbeitet und getestet. Unsere emissionsbegleitende Bank, die IKB Deutsche Industriebank, sieht diesen Ansatz auch vor dem Hintergrund der engen Anlehnung an die Moody’s Methodologie und damit einhergehende Nachvollziehbarkeit und Transparenz als sinnvolle Ergänzung im Angebot der Ratingagenturen. Mit unserer Ersteinstufung von BBB- im Bereich Investmentgrade sind wir sehr zufrieden.

„Anleihe ist nächster logischer Schritt unserer Präsenz am Kapitalmarkt“

Anleihen Finder Redaktion: Die NWI Group plant die Begebung einer 20 Mio. Euro-Anleihe am deutschen Kapitalmarkt. Warum haben Sie sich für das Fremdkapital-Instrument „Anleihe“ entschieden und wofür sollen die Anleihenerlöse konkret genutzt werden?

Bernd Petrat: Die Anleihe ist eine sinnvolle Ergänzung unserer Finanzierungsstruktur. Unsere langjährigen Beziehungen zu unseren Hausbanken um institutionelle Investoren zu erweitern, empfinden wir als sinnvoll. Nach der Platzierung eines Schuldscheindarlehens im vergangenen Jahr, ist eine Anleihe für uns daher der nächste logische Schritt unserer Präsenz am Kapitalmarkt.  

Anleihen Finder Redaktion: Wie ist die Anleihe strukturiert? Können Sie uns die wichtigsten Eckdaten kurz darlegen?

Bernd Petrat: Die Struktur der Anleihe wird im Wesentlichen den Standards für mittelgroße Anleihen in Deutschland entsprechen. Die 6-jährige Anleihekonstruktion, im Status unbesichert und nicht nachrangig, enthält klassische Covenants wie eine Pari-Passu-Klausel, eine Negativverpflichtung oder die Themen Drittverzug und Kontrollwechsel. Ausdruck unserer Gewinnthesaurierungsabsicht zur weiteren Stärkung der ohnehin schon soliden Eigenkapitalausstattung ist darüber hinaus eine Ausschüttungsbegrenzung.

„Gezieltere Auswahl unserer Initialinvestoren“

Anleihen Finder Redaktion: Warum haben Sie sich a) für eine Privatplatzierung bei institutionellen Investoren entschieden, bleiben aber b) dennoch bei einer Stückelung von 1.000 Euro je Teil-Schuldverschreibung?

Bernd Petrat: Der Privatplatzierungscharakter der Transaktion erlaubt uns in der Primärvermarktungsphase eine strukturiertere und gezieltere Auswahl unserer Initialinvestoren. Gleichzeitig möchten wir mit einer Stückelung von EUR 1.000 eine höhere Liquidität und Handelbarkeit unserer Anleihe über die Börse sicherstellen.

Anleihen Finder Redaktion: Welche Sicherheiten bieten Sie potenziellen Anleihen-Investoren?

Bernd Petrat: Die Anleihe ist wie in diesem Markt typisch unbesichert ausgestaltet. Wir erachten diese Ausgestaltung vor dem Hintergrund des Investment Grade Ratings und der Unternehmensgröße der NWI Gruppe als sinnvoll und marktkonform.

Anleihen Finder Redaktion: Herr Petrat, Sie persönlich sind Gründer und stehen für eine der beiden Anteilseignerfamilien der Unternehmensgruppe. Nehmen Sie uns bitte kurz mit zu den Ursprüngen des Unternehmens und der Idee dahinter. Was ist darüber hinaus Ihr beruflicher Hintergrund?

Bernd Petrat: Mein Geschäftspartner Kurt Zech hatte vor 23 Jahren das Ziel, neben den Aktivitäten im Baubereich auch in das Industriegeschäft zu diversifizieren. Dafür hat er einen Partner gesucht. Da wir uns schon seit Schulzeiten kennen und ich ebenfalls unternehmerisch tätig werden wollte, haben wir 1996 gemeinsam das erste Unternehmen, die Oelschläger Metalltechnik GmbH (OMT), übernommen. In Folge habe ich OMT über viele Jahre auch operativ als Geschäftsführer geführt. Zuvor war ich Mitglied des Vorstandes bei einem international tätigen Hersteller von Industriearmaturen und habe bei einer namenhaften Wirtschaftsprüfungsgruppe gearbeitet. Mein Studium habe ich als Diplom-Kaufmann an der Universität Münster abgeschlossen und mein Wirtschaftsprüferexamen (Certified Public Accountant) an der University of Illinois at Urbana-Champaign absolviert.

„Die NWI Group hält aktuell 17 wesentliche Beteiligungen“

Anleihen Finder Redaktion: Wie ist die NWI Group generell aufgeteilt (weitere Tochtergesellschaften) und aufgestellt (weitere Anteilseigener)?

Bernd Petrat: Aktuell hält die NWI Group 17 wesentliche Beteiligungen. In allen Beteiligungen halten wir die Mehrheit, in den meisten Fällen 100% der Anteile. Die Anteile an der NWI Group halten die Familienstämme Kurt Zech und Bernd Petrat.

Anleihen Finder Redaktion: Abschließend noch Ihr Plädoyer: Warum sollten professionelle und semi-professionelle Investoren der NWI Group ihr Geld anvertrauen?

„Der Investor unserer Anleihe sitzt mit Kurt Zech und mir im gleichen Boot“

Bernd Petrat: Gerade professionelle Investoren sollten an unserer Eigenkapitalquote von knapp 30 Prozent und einer erwirtschafteten Marge von 13,5 Prozent erkennen, dass wir grundsolide aufgestellt sind, nicht das schnelle Geld suchen, sondern Umsatz und Ertrag nachhaltig steigern wollen. Anders ausgedrückt: Ja, wir wollen wachsen, aber nicht zu jedem Preis. Wir werden in anorganisches Wachstum dann investieren, wenn es für die Aktivitäten in unseren Geschäftsbereichen sinnvoll ist und die wirtschaftlichen Rahmenparameter so gestaltbar sind, dass wir auch nachhaltig den Ertrag steigern können. Das ist ureigenstes Interesse unserer Familienunternehmen, die mit der Buy-and-hold-Strategie einen konsequent nachhaltigen Ansatz verfolgen. Damit sitzt der Investor unserer Anleihe mit Kurt Zech und mir im gleichen Boot und kann sich darauf verlassen, dass wir bestmögliche Ergebnisse erzielen und auch unsere persönliche Reputation nicht gefährden wollen.

Anleihen Finder Redaktion: Besten Dank für das Gespräch, Herr Petrat.

Anleihen Finder Redaktion.

Foto: pixabay.com

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