Geht keiner hin, wo es interessant wird? – Kolumne von Lothar Probst

Dienstag, 10. September 2013


Irgendwie wundert mich das schon. Oder passt  gerade das ins Bild unserer schnelllebigen Zeit?

Im Gespräch mit einem Unternehmenschef im hohen Norden von Deutschland: „Ja, und was sagen die Leute, die hier waren, und sich vor Ort ein Bild gemacht haben? Wir war das Feedback, nachdem Sie Ihre Firma präsentieren konnten, nachdem Sie das alles hier gezeigt und erklärt haben?” Antwort: “Herr Probst, es war keiner da… Sie sind der einzige, der uns besucht hat.”

Ist das nicht erstaunlich? Jetzt haben wir die Möglichkeit, mittelständische Firmen direkt vor Ort unter die Lupe zu nehmen, und ich höre immer wieder ‚bisher war keiner da.‘ Journalisten verstecken sich hinter Ihren Monitoren und Investmentbanker und Investoren bleiben in Ihren Büros sitzen anstatt dorthin zu gehen, wo es interessant wird.

Wir sehen bei der Firma vor Ort deutlich mehr

Ich kann nur für uns sprechen. Wir sehen bei der Firma vor Ort deutlich mehr als in den oft steifen und sterilen Roadshowpräsentationen in Konferenzräumen oder Besprechungszimmern von Emissionsbanken. Freilich geht es hier mehr um „Softfacts” als um harte Bilanzdetails.

Erlauben Sie mir noch ein aktuelles Beispiel hierzu. Wenn der Chef mit uns – ohne Absprache mit den Mitarbeitern – durch die Fahrradfabrik läuft und wir spüren förmlich die gute Atomsphäre – es duckt sich keiner der Mitarbeiter weg und erschrickt, wenn der oberste Vorgesetzte durch die Reihen läuft. Und es sieht schon bei der Ankunft auf dem Gelände aufgeräumt und ordentlich aus. Wir erleben hautnah die Begeisterung für die hergestellten Produkte. Das ist Mittelstand, wie ich Ihn mir vorstelle. Das ist Mittelstand, in den wir gerne investieren wollen. Das ist Mittelstand, den wir verstehen.

Freilich muss hier ein zeitlicher und auch finanzieller Aufwand gegangen werden. Wenn es nichts anzuschauen gibt, bekommt man übrigens oft auch schnell eine Antwort auf die Frage, ob es sich wirklich um Mittelstand handelt oder es doch eher eine Projektfinanzierung – womöglich noch nicht einmal in Deutschland – ist. Das muss nicht schlecht sein – ist aber was anderes.

Daher mein Vorschlag an die Journalisten:  „Augen und Ohren auf – und öfters mal raus an die Front!”

Schauen Sie die Personen und Firmen an, in die Sie investieren

Daher mein Vorschlag an Investmentbanker, Investoren und Entscheidungsträger: „Schauen Sie die Personen und Firmen an, in die Sie investieren. Es öffnen sich unter Umständen Horizonte!”

Übrigens: Ich habe in diesem Segment noch so gut wie keinen Unternehmenslenker kennengelernt, der nicht auch einem Privatinvestor direkt gerne Tür und Tor öffnet.

In diesem Sinne

Lothar Probst

Foto: Lothar Probst, lp invisio GmbH

Kurzvita

Lothar Probst (38) ist Geschäftsführender Gesellschafter und Gründer der lp inviso GmbH, die im Jahr 2004 gegründet wurde. Die lp inviso GmbH ist ein Family Office mit Expertise in der Beratertätigkeit und dem Schwerpunkt Kapitalanlagen im Bereich kleine und mittlere Unternehmen.

Herr Probst hat eine Ausbildung zum Bankkaufmann und ein Studium zum Bankbetriebswirt absolviert. Er arbeitete im Kredit- und Immobiliengeschäft bei einer genossenschaftlichen Bank und war Derivatehänder an der Börse Stuttgart.

Zudem arbeitet er im Moment mit Partnern an der Strukturierung eines Anlageproduktes im Thema Mittelstandsanleihen.

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Kommentare

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