EZB-Anleihen-Kaufprogramm: Turbo für Unternehmensanleihen?

Dienstag, 3. Februar 2015


Wir haben unsere bewährten Anleihen Finder-Experten gefragt, welche Auswirkungen das groß angelegte Anleihen-Kaufprogramm der EZB auf den Markt der Mini-Bonds bzw. im weiteren Sinne auf den Markt der Unternehmensanleihen haben wird. Ist Mario Draghis Anleihen-Kaufprogramm also eine gute oder schlechte Nachricht für den Markt der Unternehmensanleihen von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU)?

Hans-Jürgen Friedrich, Vorstand der KFM Deutsche Mittelstand AG:

„Herr Draghi schießt jetzt mit der „dicken Berta“ auf die Deflation. Mit Nebeneffekten, deren Tragweite noch nicht absehbar sind.

Foto Hans-Jürgen FriedrichDer Markt erwartet, dass die niedrigen Zinsen auf Dauer erhalten bleiben. Ende ungewiss. Japan mit seiner seit 16 Jahren anhalten Niedrigzinsphase gibt uns ein Vorgeschmack auf das was uns erwarten kann.

Der Euro fällt wie Blei und schon freuen sich diejenigen Unternehmen, die Ihre Exportchancen noch deutlich verbessern können. Hierzu zählen auch viele mittelständische Unternehmen, die das Geschäftsmodell mit Aktien und Unternehmensanleihen finanzieren. Der niedrige Ölpreis bzw. niedrigere Energiekosten helfen zusätzlich die Kosten bei den mittelständischen Unternehmen zu senken. Damit entstehen für viele mittelständische Unternehmen aus Deutschland und dem Euroraum Wettbewerbsvorteile gegenüber Unternehmen aus dem US-Dollarraum. Es bleibt abzuwarten, wie lange sich die U.S.A. das gefallen lässt.

Der Ankauf von Staatsanleihen und Unternehmensanleihen durch die EZB in dem geplanten Umfang lässt die Renditen regelrecht zusammensacken. Die durchschnittliche Rendite für Unternehmensanleihen der Güteklasse Investmentgrade auf Euro-Basis fiel auf 0,9988 Prozent, wie Indexdaten von Bank of America Merrill Lynch zeigen. So niedrig waren sie noch nie seit Beginn der Datenerhebungen 1995.

Die Unternehmen dürften die sich bietende Chance nutzen, um mit neuen Emissionen zu niedrigeren Zinssätzen alte Anleihen abzulösen. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann diese Entwicklung auch die Mittelstandsanleihen und Minibonds erfasst. Nutznießer werden insbesondere diejenigen Unternehmen sein, die bereits in der Vergangenheit eine transparente Kommunikation mit den Anlegern gepflegt haben und die Solidität des Geschäftsmodells belegt haben.“

Private Anleger werden es schwerer haben, bei dem immer knapper werdenden Angebot attraktive Investments zu finden. Oftmals sind die Angebote nur an professionelle Investoren mit entsprechend hohen Einstiegssummen gerichtet, so dass private Anleger hierbei nicht zum Zuge kommen. Insofern sind aktiv betreute Fonds, die sich auf die Auswahl von Investments in mittelständische Unternehmen spezialisiert haben, eine gute Wahl. Doch nicht nur private, sondern immer mehr auch professionelle Investoren nutzen einen aktiv betreuten Fonds für Investments in mittelständische Unternehmen, um mit einer breiten Streuung von den attraktiven Renditen zu profitieren.“

Peter Thilo Hasler, Analyst bei Sphene Capital GmbH:

Hasler_Peter_Thilo_groß_top_15102013„Die von der EZB manipulierten Märkte für Staatsanleihen werden durch die angekündigten Maßnahmen massiv inflationiert, während die nicht manipulierten Märkte, allen voran die Märkte für Unternehmensanleihen, relativ gesehen an Attraktivität einbüßen.

Früher oder später wird es allerdings mit Staatsanleihen nicht länger möglich sein, auskömmliche oder – z. B. in Deutschland – noch positive Renditen zu erzielen, weshalb immer mehr Investoren auf die nicht manipulierten Marktsegmente ausweichen werden.

Auf Sicht von einem oder zwei Jahren werden von Draghis Politik also auch die Emittenten von Unternehmensanleihen durch rückläufige Nominalzinsen profitieren – und natürlich auch die Aktienmärkte, die in Ermangelung von Renditen ohnehin von einem Allzeithoch zum nächsten springen. Obwohl kein Zweifel bestehen mag, dass das Anleihekaufprogramm nach dessen Auslaufen im September 2016 verlängert werden wird, dürften die prosperierenden Effekte einer EZB-finanzierten, auf zunehmender Staatsverschuldung basierten Wirtschaftsförderung tendenziell immer kleiner werden. Die von der EZB ausgelöste Fehlallokation von Finanzkapital führt dann zu einer Entkoppelung von Finanzwirtschaft und Realwirtschaft, die nur über zwei Wege beendet werden kann: Durch Wirtschaftswachstum oder einen Preisrückgang der Finanzwerte.“

Michael Bulgrin, biallas communication & consulting GmbH:

Michael_Bulgrin„Das aktuelle Anleihen-Kaufprogramm überflutet den europäischen Finanzmarkt förmlich mit zusätzlicher Liquidität, für die es eigentlich keinen Bedarf gibt. Experten sind unisono der Ansicht, dass die Zinsen noch auf lange Sicht im Keller bleiben werden. Deshalb bleibt es fraglich, ob die Anleihenkäufe nun die Kreditvergabe der Banken an kleinere und mittlere Unternehmen ankurbeln. Denn ausreichend Liquidität war bereits vor dem EZB-QE-Programm vorhanden. Fakt ist: Der Mittelstand zeigt – abseits der Banken – nach wie vor großes Interesse an alternativen Finanzierungsformen. Die Aussicht auf beständig niedrige Zinsen gleicht einer „Vitamin-Kur“ für Minibonds und erhöht ihre Attraktivität  – sowohl für emittierende Unternehmen als auch für Investoren, die auf der Suche nach „mehr Rendite“ für ihr Portfolio sind.“

Manuela Tränkel von Mandura Asset Management AG München:

tränkel_1_IMG_3259„Das neue EZB-Ankaufsprogramm, das auch den Ankauf von Investmentgrade Unternehmensanleihen umfasst, wird zumindest bis zum 3. Quartal 2016 zu niedrigen Zinsen am Kapitalmarkt führen. Auch die Spreads zu High Yield-Anleihen sollten sich deshalb weiter verringern.

Da die niedrigen Zinsen auch zu einer besseren Konjunktur führen sollten, bin ich optimistisch, dass die Mittelstandsanleihen – sofern keine Sondereinflüsse wie Bilanzmanipulation oder auch der Ölpreisverfall auf die Unternehmen einwirken – eine überdurchschnittliche Performance bringen können.

Der deutsche Aktienmarkt hat dieses Phänomen ja bereits mit einer Performance von rd. 10% seit Jahresanfang 2014 honoriert.“

Marius Hoerner, Portfolio Manager, Hinkel & Cie. Vermögensverwaltung AG:

marius_hoerner_groß_21012014„Grundsätzlich gehen wir davon aus, dass Corporates profitieren werden. Ich möchte nicht ausschließen, dass die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen unter 0% fällt. Was dem Anleger bleibt, sind Unternehmensanleihen. Die großen Corporates emittieren fast ausschließlich in min. 100k Stückelung. Was dem Privatanleger also bleibt, sind IHS der eigenen Bank oder die KMU-Anleihen. Wenn die Qualität stimmt, sollten diese entsprechend profitieren.“

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Titelfoto: Alex Guibord / flickr

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