„Bezahlbares Wohnen gilt als weniger krisenanfällig und bietet große Wachstumschancen“ – Interview mit Noratis-CFO André Speth
Neue Anleihe aus dem Wohnimmobilien-Sektor – die Noratis AG aus Eschborn hat eine fünfjährige Unternehmensanleihe 2020/25 (ISIN: DE000A3H2TV6) mit einem Gesamtvolumen von bis zu 50 Mio. Euro aufgelegt. Die Anleihe, die jährlich mit 5,50% verzinst wird, kann noch bis zum 09.11.2020 gezeichnet werden. Die Anleihen Finder Redaktion hat mit André Speth, Finanzvorstand der Noratis AG, über die Geschäftstätigkeit der Emittentin und die Anleihe-Emission gesprochen.
Anleihen Finder: Sehr geehrter Herr Speth, stellen Sie uns doch kurz die Noratis AG und deren Geschäftsmodell vor?
André Speth: Die Noratis AG ist ein Bestandsentwickler von Wohnimmobilien in Deutschland. Wir kaufen Objekte mit Entwicklungspotenzial in Sekundärlagen, gerne am Rande von Ballungszentren. Wir modernisieren die Objekte und erhöhen dadurch den Marktwert während wir gleichzeitig attraktiven und bezahlbaren Wohnraum für Mieter erhalten und schaffen. Unsere Ergebnisse erzielen wir durch die Mieteinnahmen sowie über den Verkauf der entwickelten Objekte. Noratis kombiniert also die Vorteile aus der Bestandshaltung, wie stabile Einnahmen, mit den Renditechancen aus der Projektentwicklung.
Anleihen Finder: Worin unterscheiden Sie sich von anderen Bestandshaltern am Markt?
André Speth: Durch die Entwicklung der Wohnimmobilien erzielen wir eine attraktive Rendite, die wir beim Verkauf der Objekte realisieren. Wir können dadurch eine deutlich höhere Rendite als ein reiner Bestandshalter erzielen, der nur von seinen Mieteinnahmen lebt, ohne dabei das klassische Risiko eines Immobilienentwicklers zu haben, da unsere Objekte bereits Cashflows erzielen. Zudem fokussieren wir uns auf bezahlbaren Wohnraum, das können beispielsweise in die Jahre gekommene Werkswohnungen sein. Dieses Segment gilt am Immobilienmarkt als stabil, was sich auch beim ersten Lockdown zeigte.
Anleihen Finder: Wie groß ist das aktuelle Immobilien-Portfolio und wie hoch die jährlichen Mieteinnahmen? Wie viele Projekte haben Sie darüber hinaus in der Pipeline?
„Verfügen wir über einen Immobilienbestand von mehr als 3.400 Wohnungen“
André Speth: Wir haben im ersten Halbjahr 2020 sehr erfolgreich eingekauft und 753 Wohneinheiten erworben. Inklusive bereits gekaufter aber noch nicht bilanziell erfasster Objekte verfügen wir über einen Immobilienbestand von mehr als 3.400 Wohnungen. Dass wir schnell wachsen, zeigen auch unsere Mieteinnahmen. Diese beliefen sich im Geschäftsjahr 2019 auf 12,9 Mio. Euro. Durch den plangemäßen Ausbau unseres Immobilienportfolios konnten wir im ersten Halbjahr 2020 die Mieteinnahmen weiter deutlich steigern, um 35 Prozent auf 8,0 Mio. Euro. Wir wollen weiter einkaufen und unsere Pipeline ist gut gefüllt, zu einzelnen Projekten möchte ich hier aber keine Angaben machen.
Anleihen Finder: Sie preisen attraktiven und gleichzeitig bezahlbaren Wohnraum an – wie funktioniert das in der heutigen Zeit?
„Wir entwickeln in die Jahre gekommene Immobilien an Sekundärstandorten“
André Speth: Die Basis sind in die Jahre gekommene Immobilien an Sekundärstandorten. Diese Objekte entwickeln wir durch maßvolle Investitionen. Dies umfasst die Modernisierung von Wohnungen, Fassaden, Treppenhäuser und Haustechnik sowie die Beseitigung technischer Probleme wie Legionellen und Asbest. Aber auch die Außenanlagen werden von uns aufgewertet, damit der Wohnwert steigt. Die vorhandenen Mieter sollen gerne im Objekt bleiben, wir renovieren ausschließlich leere Wohnungen und führen sie einer Vermietung zu. Durch diesen Ansatz schaffen wir attraktiven Wohnraum, der gleichzeitig bezahlbar ist. Wir haben den Anspruch, vor Ort jeweils das beste Preis-/Leistungsangebot zu bieten.
Anleihen Finder: Warum gehen Sie nun den Schritt auf den KMU-Anleihemarkt? Wozu soll das Fremdkapital im Volumen von bis zu 50 Mio. Euro konkret genutzt werden?
André Speth: Wir wollen unseren Immobilienbestand deutlich ausbauen und haben in den vergangenen Monaten ja auch sehr erfolgreich eingekauft. Durch die im September abgeschlossene Kapitalerhöhung sind uns 16,9 Mio. Euro brutto zugeflossen, die wir für die bereits angekauften Objekte nutzen. Unseres Erachtens gehört zu einer gesunden Wachstumsfinanzierung ein Mix aus Eigenkapital- und Fremdkapitalfinanzierungen und insbesondere auch die Fremdfinanzierung über den Kapitalmarkt. Die Anleihe ist damit der logische nächste Wachstumsschritt, kombiniert mit Bankdarlehen können wir hierdurch Immobilien im Wert von rund 200 Mio. Euro erwerben.
Anleihen Finder: Das Marktumfeld ist derzeit im Zuge der steigenden Corona-Zahlen schwierig. Was passiert, wenn die 50 Mio. Euro nicht in Gänze eingesammelt werden?
„Das Geld soll in den Erwerb weiterer Immobilien fließen und dient nicht der Bedienung alter Schulden“
André Speth: Wir haben mit unserer 5,50%-Anleihe ein attraktives Produkt und auch die Rückmeldungen von Investoren stimmen mich zuversichtlich, hier ein gutes Platzierungsergebnis trotz des Umfelds zu erzielen. Die Anleihe ist nur ein Baustein unserer Wachstumsfinanzierung, so dass wir auf den Mittelzufluss von 50 Mio. Euro nicht angewiesen sind. Das Geld soll ja in den Erwerb weiterer Immobilien fließen und dient nicht der Bedienung alter Schulden.
Anleihen Finder: Bieten Sie ihren Anleihen-Zeichnern neben den herkömmlichen Klauseln besondere Sicherheiten (freiwillige Transparenzverpflichtung mit möglichem Zinsaufschlag bei Nichteinhaltung, Grundpfandrechte o.ä.) an?
André Speth: Die Noratis AG ist börsennotiert, wir berichten also bereits transparent. Der Anleger hat hier einen Schuldner, der seit Jahren dynamisch und profitabel wächst. Und zudem haben wir seit Anfang des Jahres mit der Merz Real Estate einen starken Ankeraktionär, der aktuell 47,7 % hält und sich bis Ende 2024 verpflichtet hat, insgesamt bis zu 50 Mio. Euro Eigenkapital zu investieren.
Anleihen Finder: Erläutern Sie uns kurz die Verbindung zur Merz-Gruppe und die Vorteile, die Noratis daraus zieht?
„Haben einen starken Ankeraktionär an unserer Seite“
André Speth: Wir freuen uns, mit der zur Merz-Gruppe gehörenden Merz Real Estate einen starken Ankeraktionär an unserer Seite zu haben, der das geplante Wachstum unserer Gesellschaft finanziell begleitet. Merz Real Estate sieht Noratis als langfristige Beteiligung und will eine laufende Rendite aus den Immobilienanlagen generieren.
Anleihen Finder: Können Sie uns aktuelle Finanzkennzahlen der Noratis AG und deren Entwicklung kurz aufzeigen?
André Speth: Wir erzielen unsere Umsätze und Ergebnisse aus den Mieteinnahmen unseres Wohnimmobilienbestandes sowie aus den Objektverkäufen entwickelter Immobilien. Wir haben erklärt, dass wir unseren Immobilienbestand deutlich ausbauen wollen und dafür 2020 auf die Veräußerung von größeren Immobilienpaketen verzichten, was in diesem Jahr zu einem niedrigeren Ergebnis führt. Aber hierdurch schaffen wir die Basis für deutlich höhere Ergebnisse in der Zukunft. Wie dynamisch sich Noratis entwickelt, zeigen die Mieteinnahmen, die, wie angeführt, im 1. Halbjahr um rd. 35 % auf 8,0 Mio. Euro gestiegen sind. Unser Umsatz lag aufgrund der fehlenden Paketverkäufe mit 14 Mio. Euro im 1. Halbjahr deutlich unter dem Vorjahr, ebenso das Ergebnis mit 1,6 Mio. Euro. Unsere Eigenkapitalquote belief sich auf 22,6 Prozent nach HGB-Rechnungslegung bei einer Bilanzsumme von 266 Mio. Euro. Dabei ist zu beachten, dass Wertsteigerungen unseres Portfolios erst beim Verkauf zu einem positiven Ergebniseffekt führen, bis dahin sind sie stille Reserven. Unser Eigenkapital haben wir zudem, wie angeführt, im September durch eine Kapitalerhöhung mit einem Mittelzufluss von brutto 16,9 Mio. Euro weiter stärken können.
Anleihen Finder: Die Corona-Auswirkungen sind auf dem Wohnimmobilien-Markt bislang eher moderat. Welche Chancen und welche Risiken sehen Sie in der aktuellen Situation für den Wohnimmobilien-Markt in Deutschland?
André Speth: Was wir bisher erlebt haben ist, dass sich einige unserer Wettbewerber aufgrund der Pandemie beim Immobilieneinkauf zeitweise zurückgehalten haben. Wir aber waren da, auch dank der Merz Real Estate und haben weiter eingekauft. Der von einigen Marktteilnehmern erwartete Preisrückgang bei den Immobilien ist nicht eingetreten und trotz der aktuellen Pandemie-Entwicklung ist der Ausblick für den Wohnimmobilienmarkt weiter positiv. Bezahlbares Wohnen gilt als weniger krisenanfällig und bietet große Wachstumschancen, die wir nutzen wollen.
Anleihen Finder: Wo soll die Reise der Noratis AG auch mithilfe der Anleihe-Mitte hinführen. Welche operativen Meilensteine sollen in den kommenden Jahren erreicht werden?
„2020 steht bei uns voll und ganz im Zeichen des Wachstums“
André Speth: Wir wollen unseren profitablen Wachstumskurs weiter fortsetzen und unseren Immobilienbestand deutlich ausbauen. 2020 steht ja voll und ganz im Zeichen des Wachstums. Wir wollen künftig allein durch die Bestandshaltung so profitabel sein, dass wir aus der Bewirtschaftung schon eine kleine Dividende zahlen können. Die 2. Säule, der Verkauf entwickelter Immobilien, wird aber weiter ein Renditekicker sein. Unser Markt ist groß und bietet Wachstumschancen, diese wollen wir nutzen. Dabei verfügen wir mit Merz über einen starken Partner, der unser Wachstum auch finanziell begleiten möchte.
Anleihen Finder: Abschließend: Warum sollten Investoren die Unternehmensanleihe der Noratis AG zeichnen und anderen Immobilien-Anleihen vorziehen?
André Speth: Ich denke, wir haben hier unter Rendite-Risiko-Gesichtspunkten mit der 5,50% Anleihe ein sehr attraktives Produkt. Bezahlbares Wohnen im Fokus, ein seit Jahren profitables Geschäftsmodell, ein Ankeraktionär, der das weitere Wachstum auch finanziell mit Eigenkapital begleiten möchte, alles das sind starke Argumente für die Anleihe. Das bisherige Feedback zum Bond von Investoren stimmt uns jedenfalls für den Erfolg unserer Anleiheemission zuversichtlich. So wurde die Anleihe auch beim KFM-Mittelstandsanleihen-Barometer als „attraktiv (positiver Ausblick)“ mit 4,5 von 5 Sternen bewertet.
Anleihen Finder: Herr Speth, besten Dank für das Gespräch.
Anleihen Finder Redaktion.
Fotos: Noratis AG
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