Windreich-Chef Willi Balz: „Wir rechnen damit, dass wir beim Rating unser Investment Grade halten“

Der Gründer, Alleinaktionär und Vorstandsvorsitzende der Windreich AG, Willi Balz, hat in der letzten Woche seinen Finanzvorstand entlassen und selbst die Verantwortung für Finanzen und Controlling der Windreich AG übernommen. Anlass für die Anleihen Finder Redaktion, den Windreich-Chef zu interviewen:

Anleihen Finder: Wie erklären Sie sich den Kursabfall der Windreich-Anleihe 2011/2016 (WKN: A1H3V3, ISIN: DE000A1H3V38)?

Willi Balz: Die Emission der Anleihe erfolgte nahezu zeitgleich mit dem Beginn der Eurokrise bzw. der Griechenlandproblematik. Das war unglücklich. In dieser Zeit hatten die Anleger das Vertrauen in jede Art von Anleihe verloren. Eine weitere Belastung war und ist die Problematik der Solarbranche, die komplett am Boden liegt und alle anderen Erneuerbaren Energien mit in den Negativstrudel gerissen hat. Dazu kommt sicherlich die negative Berichterstattung der Energieriesen zum Thema Energiewende und Offshore Ausbau.

Auch ist es ja so, dass wir Projektentwickler sind, d.h. wir profitieren von rückläufigen Preisen der Windkraftanlagenhersteller, wie z.B. Vestas oder Siemens. Warum dies die Finanzbranche nicht antizipiert, ist uns unerklärlich. Was wir uns selber vorwerfen müssen, wir haben es in der Vergangenheit sicherlich nicht ausreichend verstanden,  im Bereich der Kommunikation unsere Marktposition und die Nachhaltigkeit unseres Geschäftsmodells stimmig zu präsentieren. Hier haben wir dazugelernt.

Anleihen Finder: Was können Sie pessimistischen Stimmen entgegensetzen, die der Windkraftindustrie einen ähnlichen Niedergang wie der Solarindustrie prophezeien?

Willi Balz: Ohne die Windkraft wird die Energiewende nicht zu schaffen sein. Unabhängige Studien gehen davon aus, dass ab dem Jahr 2020 bereits über 50 Prozent  der Stromerzeugung durch erneuerbaren Energien aus Windkraft erzeugt werden. Die Bundesregierung strebt an, mit Offshore Windparks bis zum Jahr 2020 10.000 MW Leistung bereitzustellen, bis 2030 sollen es sogar 25.000 Megawatt sein. Die Beschäftigungszahlen werden von 14.300 in 2010 auf rund 33.100 in 2020 steigen. Das ist eine unglaublich dynamische Entwicklung. Insbesondere die Windkraft auf hoher See wird ein wesentliches Element der Stromerzeugung sein. Hier bieten wir mit Global Tech I, MEG 1 und Deutsche Bucht als einziger Marktteilnehmer gleich 3 Windparks mit Netzanbindung.

Anleihen Finder: Wie interpretieren Sie die Insolvenz der Siag Schaaf Industrie AG?

Willi Balz: Das war eine weitere Belastung für unsere Anleihe, obwohl wir Kunde bei einer von der Insolvenz nicht betroffenen Siag-Tochter sind, den Nordseewerken. Außerdem ist mittlerweile bekannt, dass der Auslöser nicht die Offshore-Aktivitäten von Siag waren, sondern Auslandsaktivitäten in anderen Geschäftszweigen. Übrigens hat sich in dieser Situation unser Vertragswerk hervorragend bewährt, wo wir nicht auf Bürgschaften Wert gelegt haben, sondern auf Materialsicherungsübereignung. Da wir zu keiner Zeit über den Baufortschritt hinaus bezahlt hatten, haben wir bei unserem Projekt Global Tech I keinerlei Verzögerungen durch die Siag Insolvenz zu befürchten. Im Übrigen ist die ausgefallene Bürgschaft der Siag Holding für die Nordseewerke mittlerweile durch eine Landesbürgschaft ersetzt. Also alles wieder im Lot.

Anleihen Finder: Inwieweit wird sich die Windreich AG auf die asiatische Konkurrenz vorbereiten müssen?

Willi Balz: Wir spüren keine direkte Konkurrenz, da wir ja als Projektierer und nicht als Hersteller von Turbinen agieren.  Erhöhter Preisdruck ist für uns sogar positiv, da die Projekte dann günstiger werden. Allerdings haben wir eine klare Position: Wir arbeiten mit den Weltmarktführern wie z.B. AREVA, Alstom, Hochtief und Marsh zusammen, um langlebige Windparks mit höchsten Qualitäts- und Sicherheitsstandards anbieten zu können.

Anleihen Finder: Wie wollen Sie gegen die geballte Macht der großen Energiekonzerne bestehen?

Willi Balz: Nicht die Großen gewinnen, sondern die Schnellen. Wir waren im Vergleich zu den großen Energieriesen schon viel früher aktiv, um Flächen auf hoher See zu sichern und Genehmigungsverfahren zu starten. Das ist der entscheidende Vorteil von schlank aufgestellten und inhabergeführten mittelständischen Unternehmens wie der Windreich AG: Wir kommen im Gegensatz zu den Großen schnell zur richtigen Entscheidung. Bei Konzernen fallen Entscheidungen nie schnell und auch nicht immer richtig.

Anleihen Finder: Die Energiekonzerne werfen Ihnen vor, dass Windkraftanlagen nicht gut genug an Stromnetze angeschlossen seien und Ihr Unternehmen Probleme habe, genug Kabel vorzuhalten. Kurz: Windreich könnte die durch Wind erzeugte Energie nicht vom Norden in den Süden transportieren. Was ist an diesen Vorwürfen dran?

Das wird in der Presse völlig falsch dargestellt. Tatsache ist, dass unsere Kabel bei Global Tech I schon liegen und sind sogar, so z.B. im Falle von MEG 1, ein Jahr vor dem Windpark fertig gestellt worden.

„Es ist falsch, eine Autobahn zu bauen, auf der noch keiner fährt“

Ausgehend von den Ausbauplänen der Bundesregierung werden die Nordseeparks für die nächsten Jahre die Energie liefern, die im energieintensiven Ruhrgebiet absorbiert wird. Erst danach muss man sich Gedanken machen, wie man aus dieser Region Richtung Frankfurt über Stuttgart nach München und ganz am Schluss auch nach Garmisch kommt. Das wird aber noch 50 Jahre dauern. Es wäre technisch und wirtschaftlich völlig falsch, im übertragenen Sinne eine Autobahn zu bauen auf der noch keiner fährt.

Anleihen Finder: Inwieweit würde Ihr Geschäft eines Windkraftprojektierers durch Kürzungen von staatlichen Subventionen betroffen werden? Wie viel Kürzungen könnten Sie verkraften?

Willi Balz: Windenergie wird überhaupt nicht subventioniert, wir profitieren jedoch von gesicherten Einspeiseerlösen. Traditionell liegen die Einspeisetarife für Wind- und Wasserkraft nahe an den Marktpreisen. Lediglich die Photovoltaik ist weit davon entfernt. Insofern sind wir hier nicht tangiert. Im Gegenteil, wir verkaufen für ältere Onshore-Parks schon heute den Strom außerhalb des EEGs am Markt zu besseren Konditionen.

Anleihen Finder: Inwieweit ist der Prozess des neuen Ratings fortgeschritten?

Willi Balz: Die Prozesse sind positiv am Laufen. Wir gehen davon aus, dass wir unseren Investment Grade halten können.

Anleihen Finder: Können Sie uns schon die wesentlichen Eckpunkte Ihres Jahresabschluss 2011 vorstellen?

Willi Balz: Wir liegen vorbehaltlich WP-Testat im Rahmen unserer Prognose vom Dezember 2011.

Anleihen Finder: Wie wird sich das Geschäftsjahr 2012 voraussichtlich entwickeln?

Willi Balz: Nachdem wir in den Vorjahren überwiegend zur Lasten unserer Liquidität aggressiv investiert haben, erwarten wir im Geschäftsjahr 2012 die ersten Früchte unserer Arbeit zu ernten. Die geschaffenen Projektwerte können jetzt zu auskömmlichen Margen realisiert werden. 2012 wird für uns ein gutes Jahr werden.

Anleihen Finder: Herr Balz, vielen Dank für das Gespräch!

Anleihen Finder Redaktion

Foto: Windreich AG