Ein Stockwerk tiefer, bitte! – Sind Folgeratings überwertet?

Montag, 26. November 2012

Im Fokus: Viele Emittenten von Mittelstandsanleihen können ihr Folgerating nicht halten. Was bedeutet das für Investoren?  Antworten!

Betrachtet man die Ratings mittelständischer Anleihe-Emittenten heute und zum Zeitpunkt der Emission fällt auf: Viele Unternehmen konnten ihre Ratingnote nicht halten. Andere nutzten ihren Status als Aktiengesellschaft und sparten sich das Folgerating ganz. Doch welche Auswirkungen hat das für Anleger und Unternehmen – oder wird die Relevanz von Folgeratings überbewertet?

Die Tabelle links auf macht es deutlich: Fast die Hälfte der Emittenten börsennotierter Anleihen haben aktuell eine schlechtere Bewertung erhalten oder können gar kein Rating vorweisen. Einzig die Albert Reiff GmbH + Co. KG. konnte ihr Rating von BBB- auf BBB verbessern. Auffällig ist, dass unter den Rating-Absteigern nicht nur Unternehmen aus der ins Trudeln geratenen Solar-Branche sind, sondern auch Unternehmen mit starken Markennamen, wie Valensina oder der Semper idem Underberg.

Underberg: Anleihe mitschuldig am Downrating

Bei letzterer war es ausgerechnet die Anleihe-Emission, die die Creditreform Rating AG als einer der Hauptgründe für das Downrating anführte. So kritisierten die Analysten die „starke Ausweitung der Finanzverbindlichkeiten im Zuge der Anleiheemission und deren Aufstockung im Juni 2012 bei stagnierenden Umsatzerlösen und sinkender Rentabilität“.

Einen wahren Rating-Salami-Crash, also ein Abstieg in Raten, legte die SIC Processing hin. Im August 2011 noch mit der Investment-Grade-Note BBB+ bewertet, musste das Unternehmen aus dem Umfeld der Photovoltaik- und Halbleiterindustrie im  März 2012 ein Downgrading auf BBB- hinnehmen. Im August 2012 senkte die Creditreform Rating AG das Rating auf B- (Watch), um es nur einen Monat später auf CCC (Watch) abzusenken. Seit dem 6.11.2012 lautet das Rating nun C (Watch).

„Ein Creditreform Rating ist zunächst ein Jahr gültig. Während dieser Zeit überwachen wir das  Unternehmen kontinuierlich und passen das Rating gegebenenfalls an“, erläutert Dr. Michael Munsch, Vorstand der Creditreform Rating AG, die Methodik seines Unternehmens. „Die Emittenten werden von uns aufgefordert, unterjährig Informationen zur Verfügung zu stellen, die wir regelmäßig auswerten. Das aktuelle Rating unterliegt also einer regelmäßigen Überprüfung. Ein Rating wird von der Creditreform Rating AG mit dem Zusatz „Watch“ versehen, wenn es im Rahmen des Monitorings Anzeichen dafür gibt, dass die bestehende Informationslage Anlass gibt für eine kurzfristige erneute Beurteilung des Unternehmens. Der Status „Watch“ ist als eine Art Warnsignal zu verstehen. Im Falle einer Insolvenz wird das Rating auf D für „Default“ gesetzt.“

Private Anleger halten ihre Anleihen

Während der Kurs bei der SIC Processing geradezu treppenförmig analog zum Rating-Downgrading verläuft, kann man bei der Mehrzahl der anderen Emissionen keine so deutliche Korrelation von Rating und Anleihekurs beobachten. Dies könnte an dem – bei der Assetklasse Mittelstandsanleihen relativ hohen – Anteil von Privatanlegern liegen, die oft eine „Buy and hold“-Strategie verfolgen. Dies bestätigt eine aktuelle Studie der Börse Stuttgart in Zusammenarbeit mit Deloitte & Touche und der Fachhochschule Münster, die unter anderem in der Online-Ausgabe der Zeitschrift „die Bank“ veröffentlicht wurde. Hier heißt es: „Mittelstandsanleihen werden von privaten Anlegern insbesondere zur Renditeverbesserung des Portfolios und wegen der Regelmäßigkeit der Erträge erworben. Die Liquidität der Anlage ist für die Befragten weniger relevant.“ Eine schlechtere Ratingnote veranlasst diese Anlegergruppe also nicht direkt zum Verkauf ihrer Positionen. Ratings sind hier eher zum Zeitpunkt der Kaufentscheidung relevant, es sei denn es handelt sich um eklatante Verschlechterungen.

Institutionelle Investoren dagegen verkaufen Positionen aus ihrem Anleiheportfolio schon eher, jedoch kann ihnen durchaus zugetraut werden, Geschäftsberichte und Marktberichte selbst interpretieren zu können. Ratings dürften dieser Gruppe eher als ein Orientierungsmoment unter vielen dienen. Problematisch wird es jedoch, wenn Fondsmanager per Reglement verkaufen müssen, sobald ein Emittent ein gewisses Mindestrating unterschreitet. Dann führt ein Downgrade zwangsläufig zur Abstoßung der Position.

Keine Folgerating-Pflicht für AGs

Inzwischen gehen immer mehr Emittenten dazu über, sich nach Ende der Gültigkeit ihres Ratings eine neue Bewertung zu sparen. Zwar verlangen die Listing-Bedingungen der Börsensegmente für Mittelstandsanleihen (mit Ausnahme der Mittelstandsbörse Deutschlands) ein Folgerating, für Aktiengesellschaften gibt es jedoch ein „Schlupfloch“: Denn da im geregelten Markt notierte AGs ohnehin regelmäßig über ihre Geschäftszahlen informieren müssen, ist ein Folgerating für sie optional.  Neben der Dürr AG haben auch die Johann Friedrich Behrens AG, die Nabaltec AG und die Centrosolar AG diese Sonderregelung genutzt und sich gegen eine erneute Bewertung entschieden.

„Ausschlaggebend für diese Entscheidung war der Kostenfaktor“, erläutert Tim Dinnebier von der Johann Friedrich Behrens AG. „Ein Rating kostet um die 20 TEUR. Wir sind eine börsennotierte Aktiengesellschaft und unterliegen bereits breiten Veröffentlichungspflichten. Aus diesem Grund erscheint uns ein Folgerating nicht sinnvoll, zumal die Anleihe ohnehin vollständig gezeichnet ist.“

Auch Günter Dielmann, Vice President Corporate Communications & Investor Relations der Dürr AG bezieht klar Stellung: „Dürr hat im Oktober 2010 offiziell den Vertrag mit den Ratingagenturen gekündigt. Wir entschieden uns im Vorfeld der Anleiheplatzierung bewusst dafür, das Unternehmensrating aufzugeben und auch die neue Anleihe nicht raten zu lassen. Auch ohne Rating können sich Investoren jederzeit ein sehr gutes Bild von der aktuellen Situation bei Dürr machen, da die Berichterstattung sehr transparent ist und auf der Webpage stets alle notwendigen Informationen aktuell sind.“

Die Anleihen von Dürr, Nabaltec und Johann Friedrich Behrens notieren derzeit über 106 Prozent und gehören damit zu den Spitzenreitern im Bondm – auch ohne aktuelles Rating. Es dürfte trotzdem spannend werden, ob sich die Einstellung des Managements zum Ratingverzicht ändert, wenn die Anschlussfinanzierung ansteht.

Anleihen Finder Redaktion

Grafik: Anleihen Finder GmbH

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