Erst einmal vorfühlen: Unternehmensanleihe als Testlauf für den Börsengang?

Donnerstag, 7. November 2013

Die Emission einer Unternehmensanleihe ist zwangsläufig mit einigen Zeit- und Kostenaufwendungen verbunden.  Umso besser für mittelständische Unternehmen, wenn  sie die Strukturen und Erfahrungen aus dem IBO (Initial Bond Offering) direkt noch einmal nutzen können – und zwar für ihr IPO, dem Initial Public Offering, also dem Börsengang. Auch können Zeichnungserfolg und Kurs der Anleihe gute Indikatoren für die Marktstimmung sein.

Dass man hier jedoch auch falsch liegen kann, hat das IPO des Verlagshauses Bastei Lübbe AG bewiesen.
Bastei Lübbe hatte bereits 2011 eine Unternehmensanleihe in Höhe von EUR 30 Mio. emittiert und vollständig platziert. Jetzt gelang dem Kölner Publikumsverlag der Börsengang, bei dem das Unternehmen 4.000.000 Stückaktien (WKN: A1X3YY) zu je 7,50 Euro platzierte.
„Durch die Kapitalerhöhung haben wir 25 Mio. Euro ‚eingespielt‘“, erläutert Thomas Schierack, Vorstandsvorsitzender der Bastei Lübbe AG. „Da wir schon eine 30 Mio. Euro Anleihe draußen haben, erschien es uns vom Verschuldungsgrad sinnvoller, die Kapitalisierung über Eigenkapital und nicht über Fremdkapital zu machen. Ein weiterer Grund ist der, dass wir im Rahmen der Internationalisierung auch Kooperationen mit international tätigen Unternehmen eingehen wollen. Hier kommt es uns sehr entgegen, wenn wir eine im Prime Standard gelistete Aktiengesellschaft und keine GmbH & Co. KG mehr sind.“

„Erfahrungen aus Due Diligence-Prozess und Prospekterstellung nutzen“
Auch wenn die Anleiheemission zum Zeitpunkt des Börsengangs fast zwei Jahre zurück lag, konnte Bastei Lübbe von den damaligen Aufwendungen noch einmal profitieren. Thomas Schierack: „Der IBO war quasi der „Testlauf“ für den IPO. Wir haben beim IBO nicht nur die Kontakte mit den Investoren nutzen können, die schon unsere Anleihe gezeichnet haben, sondern haben auch auf unsere Erfahrungen in Bezug auf Wertpapierhandelsprosekt, Due Diligence-Prozess etc. zurückgreifen können. Diese Erfahrung hat uns sehr geholfen.“
Auch um die Anleihe-Emittentin Ekosem Agrar GmbH werden immer wieder Gerüchte bezüglich eines baldigen Börsengangs laut. Die deutsche Holdinggesellschaft der auf Milchproduktion in Russland ausgerichteten Unternehmensgruppe Ekoniva, hat seine Eigenkapitalbasis gerade durch den Einstieg eines weiteren Investors um EUR 10 Mio. gestärkt. Wolfgang Bläsi, Geschäftsführer und CFO des Landwirtschaftsunternehmens, will sich zum Thema Börsengang noch nicht festlegen lassen, deutet jedoch an: „Wenn wir unseren profitablen Wachstumskurs mittelfristig so dynamisch weiterführen wollen wie bisher, werden wir in den nächsten zwei bis drei Jahren weiteres Eigenkapital – durch ein IPO oder eine Privatplatzierung – zuführen.“

„Notierung der Anleihe baut Vertrauen am Kapitalmarkt auf“
Sollte die Ekosem Agrar die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft vollziehen, wäre die Emissionserfahrung aus der Anleihebegebung ein Plus: „Für das gesamte Management und das Unternehmen hilft sicherlich insbesondere die Erfahrung aus den Roadshows und den Gesprächen mit Investoren – außerdem auch die Aufbereitung von Unterlagen, die ein Gefühl für die Anforderungen des Kapitalmarktes vermittelt“, so Bläsi weiter. „Zudem kann man mit der Anleihenotierung Vertrauen am Kapitalmarkt aufbauen und ein mögliches IPO damit unterstützen.“

Bastei Lübbe: Enttäuschender Börsenstart trotz gutem Anleihekurs
Dass der Kurs der Anleihe jedoch nicht unbedingt richtungsweisend für den Erfolg der Aktien sein muss, ist eine Erfahrung, die Bastei Lübbe-Chef Schierack dieser Tage machen musste. Obwohl die Anleihe zum Zeitpunkt der Aktienemission bei einem Kurs von etwa 110 Prozentpunkten stand, war die Resonanz des Marktes auf die Aktien des Verlages ernüchternd. Bastei Lübbe musste mit EUR 7,5 pro Aktie am unteren Ende der – zuvor bereits gesenkten – Angebotsspanne verkaufen und fand dennoch nicht für alle angebotenen Wertpapiere einen Abnehmer. Und das, obwohl der familiengeführte Verlag die Zeichnungsfrist zuvor verlängert hatte. „Angesichts des Erfolges unserer Anleihe hatten wir schon eine etwas höhere Erwartungshaltung“, gibt Thomas Schierack zu.
Es bleibt spannend, welche weiteren Emittenten einer Mittelstandsanleihe den Sprung auf das Börsenparkett wagen werden. Diese können dann nicht nur von der eigenen „Vorarbeit“ aus der Anleiheemission profitieren, sondern auch von den Erfahrungen, die andere Mittelständler mit ihrem IPO vor ihnen gemacht haben.

Anleihen Finder Redaktion

Foto: S. Hofschlaeger_pixelio.de

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