BaFin mahnt zur Vorsicht bei zwielichtigen Wertpapier-Kaufangeboten und gibt Tipps für Anleger

Mittwoch, 15. Juli 2020


Erfolgreiche Intervention – BaFin reagiert auf dubiose Wertpapierkauf-Angebote. Im Januar dieses Jahres kursierten wieder einmal zwielichtige Kaufangebote am KMU-Anleihen-Markt – nicht das erste Mal. Im konkreten Fall versuchte ein gewisser Moritz Müller aus London die Anleihen von R-LOGITECH und Metalcorp zu deutlich unter Kursniveau liegenden Preisen abzuwerben und inserierte das Angebot im Bundesanzeiger. Dies hatte zahlreiche private Anleger verunsichert und zu Kursschwankungen bei besagten Bonds geführt.

Auch die Anleihen-Experten der KFM Deutsche Mittelstand AG erhielten die Angebote, da besagte Anleihen im von der KFM initiierten Portfolio des Deutschen Mittelstandsanleihen FONDS zu finden waren/sind. Die KFM reagierte mit einem Sondertelegramm an ihre Anleger und schaltete zugleich die Anwaltskanzlei mzs-Rechtsanwälte aus Düsseldorf ein. In einem gemeinsamen Schreiben an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) wurde am 20. Januar 2020 um eine Überprüfung der Vorgänge hinsichtlich der Marktmanipulation im Sinne der Marktmissbrauchsverordnung gebeten. Die BaFin hat nun reagiert.

Mit einer Mitteilung vom 25.06.2020 mahnt die BaFin nun offiziell zur Vorsicht bei solchen Angeboten und informiert Anleger darüber, wie sie sich bei solchen Wertpapierübernahmen verhalten sollten. Dabei wurden in Teilen auch die Empfehlungen der KFM-Experten aus dem Januar 2020 (siehe Anleihen Finder-Artikel: „Vorsicht“: Zwielichtige Kaufangebote für R-Logitech- und Metalcorp-Anleihen ) mitaufgenommen. Die Anleihen Finder Redaktion hat deshalb bei Gustav Meyer zu Schwabedissen (Geschäftsführer mzs-Rechtsanwälte) und Hans-Jürgen Friedrich (Vorstand KFM Deutsche Mittelstand AG) noch einmal nachgefragt und um eine Einordnung der „Causa Müller“ gebeten.

Anleihen Finder: Sehr geehrter Herr Meyer zu Schwabedissen, die BaFin hat unlängst auf „unseriöse Anleihen- und Aktien-Kaufangebote“ reagiert und Verbraucher davor ausdrücklich gewarnt. Am KMU-Anleihemarkt gab es in der Vergangenheit des Öfteren solche Angebote. An dieser Warnung der BaFin sind Sie nicht ganz unbeteiligt, wie lief das ab?

Gustav Meyer zu Schwabedissen (MzS)

MzS: Wir haben Anfang des Jahres wegen eines solchen unseriösen Angebots im Auftrag der KFM Deutsche Mittelstand AG eine Anzeige wegen Marktmanipulation bei der BaFin erstattet. Insofern begrüßen wir natürlich, dass die BaFin das Thema aufgegriffen hat und durch ihre Warnhinweise versucht, die Öffentlichkeit für die Problematik zu sensibilisieren. Inwieweit unsere Anzeige dazu beigetragen hat, dass die BaFin jetzt diesen Schritt gegangen ist, können wir natürlich nicht beurteilen.


Anleihen Finder:  Sehr geehrter Friedrich, wie bewerten Sie die Verbraucherschutzwarnung der BaFin in Bezug auf solche dubiosen Angebote?

„Dem Leser wird ein Leitfaden an die Hand gegeben“

Hans-Jürgen Friedrich (HJF)

HJF: Die Verbraucherschutzwarnung der Bafin ist meiner Meinung eine wichtige Hilfestellung zu öffentlichen Kauf- oder Tauschangeboten für im Freiverkehr gehandelte Aktien, Anleihen oder andere Wertpapiere. In dem Newsletter der BaFin werden sowohl die Unterschiede und deren Rechtsgrundlagen als auch Handlungsempfehlungen detailliert dargelegt. Darüber hinaus erhält der Leser Tipps für Anleger, wie er sich bei solchen Angeboten verhalten sollte. Zusätzlich werden weitere Informationsquellen genannt, die mit einem Link in dem Newsletter aufgerufen werden können. Dem Leser wird ein Leitfaden an die Hand gegeben, mit dem er leichter seriöse von unseriösen Angeboten unterscheiden kann.

Anleihen Finder:  Herr Meyer von Schwabedissen, wie können Anleger feststellen, ob ein Kauf- oder Tauschangebot dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG) unterliegt?

MzS: Zum einen nennt die nun erfolgte Veröffentlichung der BaFin Aspekte, die ein Anleger prüfen kann. Zum anderen führt die BaFin auf ihrer Webseite eine Datenbank, in der die entsprechenden Angebote aufgelistet sind. Wer sich also mit einem öffentlichen Angebot konfrontiert sieht und sich unsicher ist, um welche Art von Angebot es sich handelt, kann einfach in dieser Datenbank prüfen, ob es sich um ein Angebot nach dem WpÜG handelt.

Anleihen Finder:  Was raten Sie Anlegern, wenn Sie ein Angebot von Privatpersonen – wie beispielsweise im Januar geschehen – bekommen, die nicht dem WpÜG unterliegen?

„Das entscheidende Kriterium sollte der Preis sein“

MzS: Ich würde den Anlegern zur Vorsicht raten. Insbesondere sollte man sich Zeit lassen, das Angebot gründlich zu prüfen und abzuwägen. Ein, wenn nicht sogar das entscheidende Kriterium bei der Entscheidung sollte natürlich der Preis sein. Insofern bietet es sich bei Instrumenten, die an einer Börse oder vergleichbaren Einrichtung gehandelt werden, natürlich an, den aktuellen Kurs mit dem Preis zu vergleichen, den der Kaufinteressent anbietet. Liegt der Börsenkurs über dem Angebotspreis, muss sich ein Anleger schon fragen, wieso er einen niedrigeren Preis akzeptieren sollte, wenn er die Instrumente auch zu einem höheren Preis an der Börse verkaufen könnte.

Anleihen Finder:  Auf welche Kriterien sollten Anleger zudem achten und wann sollten die Alarmglocken schrillen?

MzS: Ein entscheidendes Kriterium ist wie gesagt der angebotene Preis. Liegt dieser deutlich unter dem börslich ermittelten Marktpreis, sollte man das Angebot mit einem gerüttelt Maß Skepsis prüfen und im Zweifel eher die Finger davon lassen.

Anleihen Finder:  Herr Friedrich, wie haben Sie als Initiator des Deutschen Mittelstandsanleihen Fonds im Januar auf das besagte Angebot von jenem Herrn Müller reagiert?

HJF: Im Rahmen der täglichen Wertpapieranalyse der im Bestand befindlichen Wertpapiere sind wir auf atypische Kursbewegungen aufmerksam geworden. Unsere Wertpapieranalysten haben daraufhin die Ursachen recherchiert. Wir konnten dann feststellen, dass Herr Müller bereits seit längerem Kaufangebote bei verschiedenen festverzinslichen Wertpapieren zu Kursen offeriert, die unter den gehandelten Kursen an den Börsen lagen. Wir haben die Qualität dieses Angebotes geprüft und in unserem KFM-Sondertelegramm vom 16.01.2020 unsere Leser informiert. Darüber hinaus haben wir die Anwaltskanzlei mzs-Rechtsanwälte mandatiert und die Offerte von Herrn Müller bei dem für Marktaufsicht zuständigen Referat der BaFin zur Anzeige gebracht. Wir haben die BaFin darum gebeten, zu prüfen, ob hier ein Verstoß gegen die Marktmissbrauchsrichtlinie und eine mögliche Marktmanipulation vorliegt.

Anleihen Finder:  Inwiefern schaden solche Angebote dem Kapitalmarkt und welche Folgen können sie für die Wertpapierkurse – gerade bei KMUs – haben?

„Solche Angebote sind nachtteilig für alle Beteiligte am Markt“

HJF: Solche Angebote verunsichern viele Anleger. Das Angebot wurde über den Bundesanzeiger veröffentlicht und auch über die depotführenden Depotbanken an die Anleger übermittelt. Hier kann bei den Anlegern der Eindruck entstehen, dass es sich um ein offizielles und seriöses Angebot handelt. Dass dem aber nicht so ist, hat die BaFin in ihrem Newsletter klargestellt. Die Art und Weise solcher Kauf- oder Tauschangebote für im Freiverkehr gehandelte Aktien, Anleihen oder andere Wertpapiere schadet nach meiner Meinung dem Kapitalmarkt und den beteiligten Marktteilnehmern. Sowohl den Anlegern als auch Emittenten, emissionsbegleitenden Banken und den Börsen ist daran gelegen, dass Preisfeststellungen erfolgen, die den Wert eines Wertpapieres angemessen wiedergeben. Angebote, wie sie von Herrn Müller übermittelt worden sind, können in engen Marktsegmenten zu Kurskapriolen führen und am Ende nachteilig für Emittenten, emissionsbegleitende Banken und Anleger sein.

Anleihen Finder: Der Verdacht auf Markt- und Kursmanipulation liegt nahe. Mit welchen strafrechtlichen Konsequenzen haben die Verfasser solcher Angebote zu rechnen?

MzS: Das kommt darauf an. Zunächst einmal stellt sich nämlich die Frage, ob ein bestimmtes Angebot den Tatbestand der Marktmanipulation überhaupt erfüllt. Ob dies der Fall ist, ist nicht ganz leicht zu beurteilen und kann immer nur anhand eines konkreten Falles geprüft werden. Ein entscheidender Aspekt wird dabei stets sein, dass der Straftatbestand des § 119 Abs. 1 WpHG vorsätzliches Handeln erfordert, während für das Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 120 Absatz 2 Nummer 3 oder Absatz 15 Nummer 2 WpHG vorsätzliches oder leichtfertiges Handeln des jeweiligen Täters vorliegen muss. Vorsätzliche Marktmanipulationen, die Auswirkungen auf den Börsen- oder Marktpreis haben, sind Straftaten, die mit Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe geahndet werden können (§ 119 Absatz 1 Nr. 1 WpHG). Auch der Versuch ist dabei strafbar.

In anderen Fällen von Marktmanipulation, wenn also keine Auswirkungen auf den Börsen- oder Marktpreis beabsichtigt waren oder eingetreten sind, kann eine Ordnungswidrigkeit vorliegen, die von der BaFin mit einem Bußgeld sanktioniert werden kann. Dabei kann das Bußgeld z.B. gegenüber Einzelpersonen bis zu 5 Millionen Euro und gegenüber juristischen Personen bis zu 15 Millionen Euro bzw. 15 % des Gesamtumsatzes betragen. Bei den oben genannten Angeboten wie demjenigen von Herrn Moritz Müller liegt die Annahme zwar durchaus nahe, dass ein entsprechender Vorsatz vorhanden war oder zumindest leichtfertig gehandelt wurde, abschließend beurteilen lässt sich dies ohne nähere Auseinandersetzung mit der handelnden Person und ihren Beweggründen aber nicht.

Anleihen Finder: Herr Meyer zu Schwabedissen, Herr Friedrich, besten Dank für das Gespräch und Ihre Ratschläge.

Anleihen Finder Redaktion.

Foto: pixabay.com

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