Anleihen-Kolumne: Warten auf die EZB – Veränderung der Zinspolitik in 2019?
Kolumne des Asset Management Teams der Steubing AG:
Mal wieder schaut die Finanzwelt diese Woche gespannt nach Frankfurt und New York. EZB und FED werden als vorgezogenes Weihnachtsgeschenk die Leitzinsen für ihren jeweiligen Wirtschaftsraum bekanntgeben. Viel interessanter werden aber wie immer die in die Zukunft ausgerichteten Interpretationen der beiden großen Notenbanken gewertet werden.
In den USA werden mittlerweile die Konjunkturaussichten weniger gut eingeschätzt als noch vor einem Jahr. Der Protektionismus des amerikanischen Präsidenten scheint sich ungünstig auf das amerikanische Wachstum auszuwirken. Deswegen erwarten die Auguren, dass spätestens bei einem Leitzinssatz von 2,75% die FED stoppt, um die amerikanische Konjunktur nicht abzuwürgen. „Sogar die Furcht vor einer Rezession geht bei manchem um. Auslöser dafür war die amerikanische Zinsstrukturkurve, die flach oder sogar invers ist.“ (FAS, 9. Dezember 2018) Wenn die Renditen für Kurzläufer höher sind als für 10jährige Staatsanleihen, wird dies in der volkswirtschaftlichen Theorie als Indikator für eine bevorstehende Rezession gewertet.
Warten auf die EZB. Wie sieht es in Europa aus? Vollmundig hat die EZB einen Paradigmenwechsel in ihrer Zinspolitik voraussichtlich ab dem Spätsommer 2019 vorgegeben. In unserer Kolumne haben wir diese angekündigte Veränderung der Zinspolitik 2019 schon häufiger in Frage gestellt. Denn die EZB hat die eingetrübten Konjunkturaussichten in Europa nicht berücksichtigt. Ausgelöst durch drei große Faktoren. Die Angst vor einem Handelskrieg zwischen den USA und China, Angst vor einem ungeregelten Brexit und die ausufernde Staatsverschuldung Italiens gelten als Hemmschuhe für die europäische Wirtschaft. Deswegen gehen mittlerweile auch die Chefvolkswirte verschiedener großer Banken mit unserer Analyse konform, dass die EZB keine Zinserhöhungen im Jahr 2019 vornehmen oder vollmundig ankündigen wird.
Was das für konkrete Auswirkungen hat, ist letzte Woche noch einmal deutlich geworden. Drei kleineren Pensionskassen wurden von der Aufsicht verboten, Neugeschäft zu machen. Schon im Mai hatte die BaFin wegen der angespannten wirtschaftlichen Lage der mehr als 130 kleineren Pensionskassen gewarnt. Als Auslöser gilt auch hier die anhaltende Niedrigzinsphase, die dazu führt, dass Leistungsversprechungen der Kassen nicht mehr eingehalten werden können. Auf die Problematik der kleinen Versicherer haben wir in den letzten Monaten mehrfach hingewiesen. Große und kapitalstarke Versicherer und Investoren können und dürfen sich mehr in Aktien positionieren – denn nach Solvency II müssen die risikoreicheren Anlagestrategien mit einer höheren Kapitalgarantie abgesichert werden. Obwohl die letzten Monate gezeigt haben, dass eine höhere Aktienquote am kurzen Ende wohl auch keine Lösung sein muss.
Was bleibt übrig? Alle sind auf der Suche nach der Anleihe, die Sicherheit und Zins verspricht. Wie immer ist Vorsicht geboten. Amerikanische Staatsanleihen bieten zwar auf den ersten Blick einen ordentlichen Zinssatz von rund 3%, aber wenn die FED die Zinsen nicht weiter erhöht, verliert der Dollar voraussichtlich an Wert. Das würde schnell einen möglichen Zinsgewinn deutlich reduzieren.
Dann bleiben vielleicht doch nur Hochzinsanleihen übrig. Aber auch hier darf die Gier nicht so groß sein, dass die Investoren zu niedrige Spreads in Kauf nehmen oder vielleicht sogar in vollständig unrealistische Engagements investieren.
Die EZB muss den gordischen Knoten zeitnah zerschlagen. Die Schmerzgrenze der kleinen Pensionskassen und Versicherer ist erreicht. Konjunkturunterstützende Maßnahmen waren und sind wichtig. Dennoch muss ein Sterben der privaten Altersvorsorge verhindert werden. Die Welt muss wieder ins Gleichgewicht kommen.
Asset Management Team der Steubing AG
Foto: pixabay.com
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