Was ist bei den Mode-Mittelstandsanleihen los? – ein Branchenreport

Freitag, 19. September 2014


Die Herbawi GmbH (alias Fast Forward) begibt ab kommenden Montag eine 7,75-Prozent-Anleihe.Und vor einer Woche stellte die Anleihen-Emittentin Rena Lange Holding GmbH einen Insolvenzantrag. Neuemission und Pleite Liegen nahe beieinander auf dem Markt der Mode-Mittelstandsanleihen. Das Magazin „Finance“ schlug nach dem Ausfall von Rena Lange auf die Mode-Firmen Laurèl und More & More ein und klebte den beiden Emittenten das Etikett „Wackelkandidaten“ auf. Was ist los bei den Mode-Mittelstandsanleihen?

Einfache Schlagzeilen wie „die Modebranche folgt den Erneuerbaren Energien als neue Pleite-Branche auf dem Markt der Mittelstandsanleihen“ reichen Investoren nicht, um herauszufinden, welche Mode-Anleihen gehen und welche nicht. Erste Orientierung bieten neben Kurs, Rating und Geschäftszahlen die Emittenten selbst, wenn man sie direkt mit den Vorwürfen konfrontiert. Weitere Orientierung bieten Experten wie zum Beispiel der Mittelstandsanleihen-Guru Konrad Bösl. So gibt unser Branchenreport einen ersten Überblick:

Was sagt denn das Luxus-Label Laurèl zu den heißen Themen „Kurssturz“, „teure internationale Expansion“ und „Russland-Krise“?

„Ich habe Verständnis dafür, dass Investoren bei unserer aktuellen Kursentwicklung und der Situation bei zahlreichen Mode-Anleihen verunsichert sind. Aus der Perspektive des Unternehmens und als Geschäftsführer und Miteigentümer kann ich den Anleihekurs aber überhaupt nicht nachvollziehen. Wir haben immer gesagt, dass die internationale Expansion erst einmal Geld kosten wird. Im laufenden Jahr wollen wir dann operativ wieder ein ausgeglichenes Ergebnis erreichen“, sagt Dirk Reichert, Geschäftsführer der Laurèl GmbH, im Gespräch mit der Anleihen Finder Redaktion.

Russland-Krise bremst

Und Dirk Reichert weiter: „Natürlich ist es nicht optimal, dass der weitgehende Abschluss dieser Expansionsphase mit den geopolitischen Unsicherheiten in Russland und der Ukraine zusammenfällt und damit ein für uns wichtiger Wachstumsmarkt stark gebremst wird. Durch die Umsatzausfälle in Osteuropa verlängert sich unsere ursprünglich auf fünf Jahre ausgelegte Planung um ein Jahr. Verständlich, dass die Investoren das sehr aufmerksam beobachten. Aber operativ ergreifen wir natürlich auch entsprechende Maßnahmen, sei es auf der Kostenseite oder verstärkte Wachstumsanstrengungen in anderen Märkten wie China oder USA. Wenn Sie so wollen, könnte man sagen: Unsere operative Performance und Verfassung ist doch sehr weit von der Kursperformance unserer Anleihe entfernt – im positiven Sinne“, so Dirk Reichert.

Für den CEO der More & More AG, Karl-Heinz Mohr kam der Kurseinbruch seiner Mode-Anleihe „völlig überraschend“. Das sagte er im Interview mit der Anleihen Finder Redaktion. Mohr meinte, dass es beim Kursverlust um die Nachwirkungen der Ratinganpassung auf „watch“ durch die Creditreform Rating AG vor ca. drei Wochen handeln und dass auch der Insolvenzantrag von Rena Lange dazu beigetragen haben könnte.

„Größere Schwierigkeiten kategorisch ausgeschlossen“

Karl-Heinz Mohr schloss größere Schwierigkeiten seines Modeunternehmens kategorisch aus und ist überzeugt, dass sich der Kurs der Mittelstandsanleihe wieder erhole. Das Herbstgeschäft liefe sehr gut an und die Zahlen seien „planmäßig“. „In 2015 erwarten wir eine deutliche Ergebnis- und Umsatzsteigerung“, sagte Mohr vor einer Woche. Von einer „Krise der Modebranche“ wolle er nicht sprechen.

Und die anderen Mode-Firmen, die Mittelstandsanleihen „draußen“ haben? Neben More & More gehörte René Lezard zu den MiBoX®-Verlierern mit den meisten Kursverlusten in der letzten Börsenwoche.

Werden jetzt alle Modefirmen auf dem Markt der Mittelstandsanleihen nach dem Absturz von Rena Lange und Strennesse in eine Art Sippenhaft genommen?

„Was den Kurs der Anleihe betrifft – hier sind unseres Erachtens nach zumindest zwei Faktoren maßgeblich. Zum einen ist das sicherlich die von Ihnen angesprochene Sippenhaft, die uns zuletzt belastet hat. Das konnte man sehr deutlich mit Blick auf den gleichzeitigen deutlichen Kursrutsch verschiedener Anleihen beobachten. Der andere Aspekt ist hingegen wahrscheinlich auch psychologischer Natur. Unser Kurs lag nur in den ersten Handelstagen nach Börseneinführung über 100 und ging danach unter diese Marke – hierfür können keine werthaltigen sondern allenfalls spekulative Gründe eine Rolle gespielt haben“, so das Statement der René Lezard Mode GmbH.

Ja gut, aber wann liefert Renè Lezard Ergebnis und Umsatz?

Antwort des Mode-Unternehmens: „Die René Lezard Mode GmbH hat ihre Geschäftsentwicklung stets transparent kommuniziert und ihre Ergebnisprognosen eingehalten. Das gilt für Halbjahresberichte und Jahresabschlüsse ebenso wie für ihre Unternehmensstrategie.“

„Mindestens ein Verlustjahr“

„So wissen die Investoren auch schon aus der Zeit vor Begebung der Anleihe, dass wir aufgrund bewusst steigender Investitionen gerade im ersten Geschäftsjahr nach Begebung der Anleihe auch mindestens ein Verlustjahr in Kauf nehmen. Im letzten Geschäftsjahr konnte die René Lezard Mode GmbH trotz dieser hohen Aufwendungen für Marketing und Investitionen in die Shops sowie einen neuen Online-Store bei leicht gewachsenen Umsätzen von 52,6 Millionen Euro noch ein positives operatives Ergebnis von 0,4 Millionen Euro erzielen. Die verschiedenen Maßnahmen dienen ganz klar dem Unternehmen, sie schaffen die Voraussetzungen, um profitabel wachsen zu können.

Dass sich die Gesellschaft unverändert im Rahmen ihrer Prognose bewegt, wurde auch in dem Ende August von der Creditreform veröffentlichtem Ratingbericht bestätigt. Creditreform beließ ihre Ratingnote unverändert bei „BB-“. Natürlich ist es nun wichtig, auch im Bereich Ergebnis und Umsatz zu liefern und uns nun gegenüber dem Vorjahr stetig zu verbessern. Dies soll uns beim Umsatz u.a. aufgrund des temporären Wegfalls von Flächen (neue Lokation in München) und der Verkleinerung von Flächen zur Erhöhung der Flächenproduktivität nächstes Geschäftsjahr, beim Ergebnis bereits dieses Jahr, gelingen.

Sie dürfen auch nicht außer Acht lassen, dass unser Unternehmen 100 Prozent Inhabergeführt ist. Stabilität ist uns deswegen äußerst wichtig“, so die Antwort des Bekleidungsunternehmen.

Also, alles halb so wild?

Nachdenklich macht die Analyse von Mittelstandsanleihen-Experte Konrad Bösl von der Blättchen & Partner AG: „Die aktuelle Situation und die zukünftigen Perspektiven der deutschen Bekleidungsindustrie werden äußerst unterschiedlich eingeschätzt. Die deutschen Bekleidungshersteller unterliegen seit langem einem anhaltenden Strukturwandel. In den letzten zehn Jahren mussten mehr als ein Drittel aller Unternehmen den Geschäftsbetrieb einstellen“, so Konrad Bösl mit dem Blick auf die Branche.

„Gefahr eines Dominoeffekts“

„Offensichtlich scheinen auch die Geschäftsmodelle von More & More und Laurèl ebenfalls nicht aufzugehen. Beide Unternehmen sind gemessen am Umsatz sehr klein und erwirtschaften einen unverhältnismäßig hohen Verlust. So lag bei More & More der Umsatz in 2013 bei rund 44 Millionen Euro und der Jahresfehlbetrag bei 1,6 Millionen Euro. Die Ergebnis- und Finanzlage hat sich im 1. Halbjahr 2014 nochmals deutlich verschlechtert. Laurèl kam im Geschäftsjahr 2013/2014 gerade mal auf einen Umsatz von gut 39 Millionen Euro, der zu einem Verlust von 4,6 Million Euro (Vorjahresverlust 3,4 Millionen Euro) führte. Beide Unternehmen leiden darunter, dass ihr Umsatzanteil im generell rückläufigen stationären Handel zu hoch und die E-Commerce-Präsenz zu schwach ist. Die Gefahr ist also hoch, dass Rena Lange erst der Anfang eines Dominoeffekts bei den Emittenten einer Mittelstandsanleihe aus der Bekleidungsbranche ist“, meint Konrad Bösl.

Aber Bösl sieht doch eine Ausnahme unter den Emittenten aus der Modebranche: Wöhrl. „Für die Entscheidung in eine Anleihe zu investieren müssen neben der Performance gleichermaßen die qualitativen Rahmenbedingungen stimmen. Schlussendlich wird die Entscheidung also von einer Reihe von Kriterien bestimmt, wobei aus meiner Sicht die qualitativen Kriterien vielfach wichtige Indizien dafür liefern, welche Bedeutung eine vorbildliche Transparenz, die penible Einhaltung der Zinszahlungstermine und die Tilgung der Anleihe für die Emittentin haben. Wöhrl ist ein Familienunternehmen mit sehr langer Firmentradition. Das Unternehmen wird mittlerweile in der dritten Generation von der Familie geführt. Die heute das Unternehmen führenden Familienmitglieder werden von der Vorgängergeneration unterstützt und beraten und können sich darüber hinaus der Hilfe eines professionellen Aufsichtsrates sicher sein. Eine solche Konstellation lässt das Unternehmen auch in einem schwierigen Branchenumfeld erfolgreich sein.

„Größtes Interesse daran, Imageschaden zu vermeiden“

Wöhrl hat eine sehr starke Heimatsbasis in Bayern, insbesondere in Nordbayern. Hier ist die Familie seit langem verwurzelt. Das Unternehmen trägt den Namen der Familie, es ist ihr Lebenswerk. Allein deshalb hat die Emittentin größtes Interesse, dass weder ihr noch der Familie ein Imageschaden aus einem Verstoß gegen Anleihebedingungen oder Nichteinhaltung von Veröffentlichungstermin entstehen. Selbst dann – was aber nicht der Fall ist – wenn es schwierig wäre, Zahlungstermine einzuhalten, würde die Familie dem Unternehmen zur Seite stehen.“

Christoph Morisse. Anleihen Finder Redaktion.

Foto: Art Comments / flickr

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