IKB Deutsche Industriebank: „Großteil des Kapitals von High-Yield-Fonds geht am Minibond-Markt vorbei“

Dienstag, 9. Juni 2015


Tobias Bodamer, Head of Institutional Sales der IKB Deutsche Industriebank, erklärt im Anleihen Finder-Interview, wie institutionelle Investoren in Minibonds investieren. Es wird deutlich, dass Emittenten, Berater und Banken auf dem Minibond-Markt noch ein hartes Stück Arbeit vor sich haben, wenn sie institutionelle Investoren von neuen Minibonds überzeugen wollen.

Anleihen Finder Redaktion: Inwiefern stimmt unsere Beobachtung, dass institutionelle Investoren durch das allgemein niedrige Zinsniveau bei der Anlage in festverzinsliche Wertpapiere immer mehr unter Druck geraten (so dass sie zum Beispiel ihre Risiko-Strategien abändern)?

Konstante Mittelzuflüsse

Tobias Bodamer: Das historisch niedrige Zinsumfeld stellt institutionelle Investoren vor große Herausforderungen. Die expansive Geldpolitik der EZB führt zu einem Liquiditätsüberhang im Kapitalmarkt in bisher unbekanntem Ausmaß. Als Folge verzeichnen viele Fondsgesellschaften konstant Mittelzuflüsse, die bei sinkenden Zinsen nach Anlagen suchen.

Darüber hinaus stehen in einem regulatorisch immer anspruchsvolleren Umfeld mehr und mehr Investoren mit langlaufenden Verbindlichkeiten wie Versicherungen, Pensionskassen oder Versorgungswerke vor dem Problem, ihre hohen Garantieverzinsungen erwirtschaften zu müssen. Deshalb allokieren sie zunehmend höhere Anteile ihres zu verwaltenden Vermögens auf Immobilien, alternative und höher rentierliche Anlagen.

Anleihen Finder Redaktion: Greifen institutionelle Investoren jetzt vermehrt bei Anlagen im Bereich „Junkbonds“, „Hochzinsanleihen“/„High Yields“ und „Minibonds“ zu?

Investitionen scheitern häufig

Tobias Bodamer: Die verstärkte Allokation in High-Yield-Bonds ist unmittelbar an den periodisch veröffentlichten sogenannten Fund-Flows ablesbar. So betrugen laut S&P Capital IQ die Nettomittelzuflüsse an Europäische High-Yield-Fonds von Januar bis April 2015 ca. 8,46 Milliarden Euro. Zum Vergleich: im gesamten Jahr 2014 lagen die Nettozuflüsse bei ca. 4,15 Milliarden Euro. Diese enorme aktuelle Liquidität will natürlich auch angelegt werden. Der Großteil dieses Kapitals geht aber am Minibond-Markt vorbei, da Investitionen hier häufig an Kriterien wie Emittentenbonität, standardisierte Dokumentation oder hinreichende Sekundärmarktliquidität scheitern.

Anleihen Finder Redaktion: Die institutionellen Investoren bilden keine homogene Investoren-Gruppe. Welchen imaginären Minibond würde aber der Großteil der institutionellen Investoren ihrer Erfahrung nach zeichnen? Wie müsste ein solcher Minibond-Volltreffer strukturiert sein?

Tobias Bodamer: Der Großteil der institutionellen Investoren muss aufgrund der Anlagestatuten in liquidere Papiere investieren und fokussiert sich daher auf Emissionen mit einer Größe von mindestens 250 Millionen Euro. Dennoch nutzen viele institutionelle Investoren den Minibond-Markt für gezielte Beimischungen in ihrem Anlage-Universum.

Näher an High-Yield-Dokumentationen

Grundsätzlich ist es wahrscheinlicher, dass institutionelle Anleger in einen Minibond investieren können, je größer das Emissionsvolumen ist und je näher die Dokumentation an die Standards einer High-Yield-Dokumentation herankommt. Covenants sollten deutlich über die üblichen Mindestklauseln wie Pari Passu, Drittverzug oder Beschränkungen der Neuaufnahme von Verschuldung auf Kapitalmarktverbindlichkeiten hinausgehen und den Investor nachhaltig schützen. Zusätzliches Vertrauen generiert ein Treuhänder, der die Einhaltung der vereinbarten Schutzklauseln während der Anleihelaufzeit überwacht.

Eine große Rolle spielt auch das Thema Transparenz. Hier haben Emittenten Vorteile, die am Aktienmarkt gelistet sind und damit bereits regulatorisch höheren Informationspflichten unterliegen. Und abschließend gewinnt auch die unabhängige Bonitätseinschätzung von einer der drei großen US-Ratingagenturen für viele institutionelle Investoren nach den Negativerfahrungen der letzten Jahre wieder zunehmend größere Bedeutung.

Anleihen Finder Redaktion: Was können Privatanleger bei Investitionen in Minibonds von den Profi-Anlegern lernen?

Mindestmaß an Fundamentalanalyse

Tobias Bodamer: Profi-Anleger verfügen über spezialisierte Analystenteams und ein strukturiertes Verfahren, um valide Investitionsentscheidungen treffen zu können. Privatanleger werden dies in der Regel nicht leisten können. Meines Erachtens sollte ein Privatanleger vor einer Investitionsentscheidung jedoch ein Mindestmaß an Fundamentalanalyse zum Emittenten vornehmen. Hierzu gehört auch, dass ein Grundverständnis über das Lesen eines Jahresabschlusses und die Funktionsweise von Covenants besteht.

Wer sich morgen eine neue Bohrmaschine kaufen möchte, liest im Vorfeld Testberichte und vergleicht die Funktionsweise der am Markt verfügbaren Modelle – bei einer Investitionsentscheidung sollte man mindestens mit derselben Sorgfalt vorgehen.

Anleihen Finder Redaktion: Herr Bodamer, vielen Dank für das Gespräch!

Kurzlebenslauf von Tobias Bodamer

  • Seit November 2009 IKB Deutsche Industriebank AG
  • 2003 – 2009 Dresdner Kleinwort in Frankfurt und London
  • 2001 – 2003 KPMG Corporate Finance
  • 2001 Diplom-Ökonom (Universität Hohenheim)

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Anleihen Finder Redaktion. Timm Henecker.

Fotos:

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