„Börsenhandel in der zweiten Welle & der Trend zu Low-Cost-Angeboten“ – Kolumne von Marcel Ludwig

Freitag, 4. Dezember 2020


Einblicke vom Börsenparkett von Marcel Ludwig, Walter Ludwig GmbH Wertpapierhandelsbank

Eigentlich sollte es niemanden überraschen, da es seit Monaten entsprechende Warnungen gegeben hat, aber dennoch schwappt nun die zweite Virus-Welle über ein ziemlich unvorbereitetes Europa. In der Rückbetrachtung kann nun festgehalten werden, dass Europa und allen voran Deutschland zu Beginn der Pandemie mit Einheit, Zusammenhalt und einem guten und strukturierten Aktionismus die Lage sehr konsequent und erfolgreich in den Griff bekommen haben. Dieser Eindruck wurde auch durch die Börsenkurse bestätigt, denn an den Börsen wird üblicherweise immer die Zukunft gehandelt und hier wurde der Politik anscheinend großes Vertrauen für Maßnahmen zur schnellen Erholung der Wirtschaft geschenkt.

Nun allerdings ist ein anderes Bild entstanden. Speziell in Deutschland zeichnet sich zunehmend eine gesellschaftliche Zerrissenheit ab. Die Politik ist parteiübergreifend gespalten wie selten. Auf der Suche nach einer einheitlichen Vorgehensweise geraten Verfechter von strikten Maßnahmen und Unterstützer von einer Corona-Politik mit mehr Augenmaß aneinander und die geschlossenen Kompromisse erweisen sich oftmals als nicht haltbarer Murks. Nächtelang wird debattiert und am Ende kippen Gerichte die Entscheidungen. Das alles führt zu zunehmendem Misstrauen, was der aktuellen Bedrohungslage nicht gerecht wird. Folgerichtig sind mit Beginn der zweiten Welle die Börsenkurse zunächst wieder nach unten gerauscht. Das nun verabschiedete, aber bislang höchst umstrittene neue Infektionsschutzgesetz soll für mehr rechtliche Sicherheit sorgen. Erst die Meldungen über Testerfolge möglicher Impfstoffkandidaten sorgen derzeit für Entspannung. Inzwischen hat sich sogar eine gewisse Euphorie breit gemacht. Der November 2020 wird daher sogar als Börsenmonat der Rekorde in die Geschichtsbücher eingehen. Der Dow Jones hat sein Allzeithoch erreicht und ist sogar über die 30.000 Punkte-Marke geklettert. Der deutsche Leitindex DAX kann in der kalten Jahreszeit sagenhafte 15% zulegen und begibt sich aktuell auch auf Kurs Richtung Jahresendrally. Aktuell steht der DAX bei etwa 13.400 Punkten und nicht wenige Analysten rechnen sogar noch mit einem Allzeithoch im Dezember 2020.

Strukturwandel im Börsenhandel

Mitten in diesen turbulenten Zeiten erleben wir im Börsenhandel einen kulturellen Strukturwandel. Seit mehreren Jahren strömen neue und zusätzliche Anbieter sowie Dienstleister auf den Markt und setzen die alten Platzhirsche zunehmend unter Druck. Kritiker warnen zwar aufgrund von Intransparenz vor neuen hippen Low-Cost-Börsenanbietern, dennoch kann dieses Jahr sicherlich als ein Durchbruchsjahr dieser Fintechs bezeichnet werden. Die neuen Anbieter treffen mit ihrer Zero-Cost-Strategie und der übersichtlichen sowie einfachen Handelsoberfläche genau den richtigen Ton der aktuellen Zeit. Sie bringen damit neue und zusätzliche Kunden an die Börsen. Abgerechnet wird dabei immer über sogenannte Nettopreise. Das bedeutet, dass Kunden keine weiteren sichtbaren oder unsichtbaren Kosten, Transaktionskosten oder irgendwelche anderen Fees auf der jeweiligen Wertpapierabrechnung vorfinden. Wenn also eine Aktie beispielsweise 100 Euro kostet und der Kunde kauft diese Aktie, dann wird sein Verrechnungskonto mit 100 Euro belastet und mit keinem Cent mehr. Verkauft der Kunde diese Aktie dann wieder für beispielsweise 105 Euro, so werden ihm auch die vollen 105 Euro gutgeschrieben. Den Markt für diese Transaktion schaffen sogenannte „Market Maker“, die die nötige Liquidität sicherstellen. Und das funktioniert ausgezeichnet. Es ist wie in so vielen Bereichen des modernen Lebens: Neue Markt- und Preismodelle werden passgenau auf die jeweilige Zielgruppe zugeschnitten und lösen damit herkömmliche, teure und statische Systeme ab.

Wir bei Walter Ludwig arbeiten im Bereich der Anleihen seit Jahren sehr eng mit der Lang und Schwarz AG zusammen. Lang und Schwarz agiert als Market Maker auf dem elektronischem Handelssystem der Börse Hamburg unter der Bezeichnung „Lang & Schwarz Exchange“ (LSX). Kennzeichen der LSX ist ein Market Maker-System auf welchem seitens Börse und Market Maker beim Handel für Anleger keine Entgelte anfallen. Speziell im Bondbereich spielen die Börsengebühren eine große Rolle. Vor allem „informierte“ Anleger, die besonders häufig handeln, nutzen die Gelegenheit für eben jenen kostengünstigen Handel. Auch dem Segment der Mittelstandsanleihen kommt auf der LSX eine zunehmend bedeutendere Rolle zu.

Eine Zeit wie die aktuelle ist bislang unvorstellbar gewesen. Dadurch bringt sie auch in allen Lebensbereichen verschiedenste Herausforderungen mit sich. Während einige Dinge des Lebens momentan heruntergefahren werden und faktisch mehr oder weniger nicht mehr stattfinden, werden andere Entwicklungen oder Trends – vorwiegend digitale Angebote – plötzlich mit unglaublicher Geschwindigkeit in den Mittelpunkt gerückt. Der Handel, beziehungsweise die Trends im Börsenhandel gehören sicherlich dazu und werden nun vermutlich auch längerfristig einige Entwicklungsschritte nach vorne machen. Wir freuen uns, hier einen Teil beitragen zu können und werden versuchen, auch zukünftig den erweiterten Retailmarkt bestmöglich zu erreichen und mit breitem Zugang zum internationalen Anleihen-Handel zu versorgen.

Marcel Ludwig,
Walter Ludwig GmbH Wertpapierhandelsbank

Hinweis: Die Kolumne erschien zunächst in unserem aktuellen Newsletter Anleihen Finder-Dezember-01-2020. Registrieren Sie sich für unseren kostenlosen Newsletter und seien Sie stets informiert.

Titelfoto: pixabay.com

Portraitfoto: Marcel Ludwig, Walter Ludwig GmbH Wertpapierhandelsbank

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