„Der Anleihenmarkt bietet mehr Chancen als der Aktienmarkt“ – Interview mit Wertpapierhändler und Bankengründer Walter Ludwig

Mittwoch, 23. Januar 2019


Die Walter Ludwig GmbH Wertpapierhandelsbank ist eine traditionelle und familiengeführte Wertpapierhandelsbank am Finanzplatz Frankfurt am Main, die sich voll und ganz dem Anleihenmarkt verschrieben hat. Heute als Market Maker und Listing-Partner fungierend, haben wir mit Walter Ludwig, dem Geschäftsführenden Gesellschafter und Gründer der Bank, über die gegenwärtige Situation an den Anleihenmärkten, den generellen Wandel am Kapitalmarkt sowie über die Unterschiede zum früheren Börsenhandel gesprochen und dabei äußerst spannende Einblicke erhalten.

Anleihen Finder Redaktion: Hallo Herr Ludwig, stellen Sie uns und unseren Lesern doch kurz die Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank vor – was sind die Tätigkeitsfelder Ihrer Bank?

Walter Ludwig: Ja, gerne. Ich habe die Firma als amtlicher Kursmakler an der Frankfurter Wertpapierbörse bereits 1979 gegründet. Damals gestaltete sich der Wertpapierhandel noch anders als heutzutage. Früher waren wir ein kleines Team und alle Personen wurden im Handel eingesetzt. Der Kapitalmarkt befindet sich im stetigen Wandel. Daher ist es für uns immer sehr wichtig, dass wir als kleine Firma beweglich bleiben und so in dem „Haifischbecken Finanzmarkt“ mitschwimmen können. Vor allem der Bereich Marktfolge gewann über die Jahre zunehmend an Bedeutung. Das interne Verhältnis der Anzahl an Mitarbeitern bei uns hat sich  sogar gewandelt. Mehr als die Hälfte unserer Mitarbeiter arbeiten in der Administration rund um Back-und Middleoffice, IT und Compliance. Inzwischen treten wir als Walter Ludwig GmbH Wertpapierhandelsbank im Markt auf und haben uns auf den Fixed Income Markt spezialisiert. Dabei agieren wir als Market Maker/ Liquiditätsprovider auf diversen nationalen und internationalen Börsenplätzen sowie auf allen relevanten OTC-Plattformen. Gleichzeitig pflegen wir ein ausgesprochen großes Netzwerk mit internationalen Counterparts. 

Walter Ludwig, Walter Ludwig GmbH Wertpapierhandelsbank

Anleihen Finder Redaktion: In Ihrem Profil stellt sich die Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank als  „eine der wenigen verbliebenen, traditionellen und familiengeführten Wertpapierhandelsbanken in Frankfurt“ vor. Was genau meinen Sie damit und warum konnten Sie sich mit Ihrer Bank am Markt durchsetzen?

Walter Ludwig: Wir sind grundsätzlich ein sehr erfahrenes Team. Ich führe mein Unternehmen nun seit vierzig Jahren und auch unser zweiter Geschäftsführer Dirk Schneider ist bereits seit 17 Jahren für die Firma Walter Ludwig aktiv. Seit knapp zwei Jahren ist mein Sohn Marcel Ludwig bei uns eingestiegen und führt somit die Familientradition bei uns weiter fort. Dadurch sind bei uns unterschiedlichste Generationen aktiv. Zusammen ergibt sich daraus wohl die optimale Mischung aus Erfahrung, Realismus und Innovation. Nachhaltigkeit im Geschäftsgebaren, Beständigkeit im Team und Zuverlässigkeit gegenüber Geschäfts- und Handelspartnern haben bei uns höchste Priorität. Wie bereits oben erwähnt, spielt Flexibilität in den internationalen Finanzmärkten eine große Rolle. Wir haben uns stetig weiter entwickelt und sind inzwischen ein international agierender Finanzdienstleister. Wir sehen uns als Bindeglied zwischen dem Retailmarkt über die diversen Börsen und Plattformen und dem meist nur für institutionelle Anleger zugänglichen OTC-Markt.

Anleihen Finder Redaktion: Worin liegen heutzutage im Börsen-Handel die größten Unterschiede zu früheren Zeiten?

„Der Handel wird stark durch Algorithmen geprägt“

Walter Ludwig: Im Prinzip kann man das Geschäft überhaupt nicht mehr vergleichen. Früher herrschte ein lebendiges Lebenzwischen den Schranken am Parkett der Frankfurter Wertpapierbörse. Jeder kannte sich und ein Handschlag oder ein Wort galten als  Kaufvertrag. Orders wurden über Papierschnipsel abgegeben. In Hochzeiten mussten auch mal die eingereichten Orders in einem Wäschekorb abtransportiert werden. Kauf- und Verkaufaufträge mussten gewogen werden, um möglichst schnell einen Kurs rechnen zu können. Es war laut, hektisch und abwechslungsreich, aber insgesamt eine sehr schöne Zeit. Heutzutage findet der Handel fast ausschließlich über Computer in den Büros der kleinen Makler oder in den Türmen der großen Banken statt. Der Handel ist insgesamt viel internationaler geworden und wird stark durch Algorithmen geprägt.

„Der Low-Cost-Trend ist auch in der Finanzbranche angekommen“

Es hat auch eine starke Verlagerung der Handelsumsätze stattgefunden. Der allgemeine „Low-Cost-Trend“ hat auch in der Finanzbranche Einzug gehalten. Kostengünstige Börsen oder OTC-Angebote haben die Anleger weg von den herkömmlichen Börsen gebracht. Auch die Vorschriften rund um die Regulierung der Finanzmärkte haben das Geschäft stark verändert. Während früher also ein einziges „von Dir“ oder „an Dich“ für ein Geschäft genügt hat, gibt es heutzutage diverse Vorhandels- und Nachhandels-Transparenzen und Dokumentationen, die einzuhalten sind. Das macht das Geschäft nicht unbedingt einfacher.

Anleihen Finder Redaktion: Was genau macht ein „Market Maker“?

Walter Ludwig: Ein Market Maker hat vorrangig die Aufgabe, An- und Verkaufskurse von Wertpapieren zu berechnen, um dem jeweiligen Markt durch verbindliche Preise Liquidität zur Verfügung zu stellen. Das Risiko liegt dabei im Selbsteintritt. Wenn also verbindliche Preise nach außen gezeigt werden ist der jeweilige Händler immer dafür verantwortlich, dass der Preis auch marktgerecht ist. Die Tätigkeit erfordert eine enorme Nähe zum Marktgeschehen und ist durch die jeweiligen Marktzyklen sehr abwechslungsreich.

Anleihen Finder Redaktion: Wie läuft ein typischer Handelstag bei der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank ab? Mit wem wird gehandelt? „Switchen“ Sie dabei stets zwischen dem nahegelegenen Börsenparkett und Ihrem Firmen-Hauptsitz an der Hauptwache Frankfurt oder sind diese Zeiten auch vorbei?

„Sind Bindeglied zwischen dem Retailmarkt und dem internationalen OTC-Markt“

Walter Ludwig: Tatsächlich ist es so, dass wir neben unserem Büro an der Hauptwache in Frankfurt auch noch einen Platz im Rentensaal am Parkett der Frankfurter Wertpapierbörse haben und dort auch zwei Mitarbeiter von uns aktiv sind. Zwischen unserem Büro an der Hauptwache und dem Parkett an der FWB gibt es natürlich einen regen Austausch. Aus dem Büro heraus werden über die Maschinen die Preise berechnet und dann an die Kollegen an der Börse übermittelt. Der Kundenstamm ist sehr vielfältig. Als Finanzdienstleister haben wir auf den unterschiedlichen Börsen und Plattformen auch verschiedene Kundengruppen. Das reicht von den Depotbanken der Retailkunden, kleineren und mittleren Vermögensverwaltern und Fonds bis hin zu den großen und internationalen Investmentbanken. Wie bereits beschrieben verstehen wir uns als Bindeglied zwischen dem Retailmarkt und dem internationalen OTC-Markt.

Anleihen Finder Redaktion: Wer gehört zu Ihrem Kundenkreis? Betreuen Sie auch private Investoren/Kunden?

„Inzwischen haben wir uns auch für sogenannte professionelle Anleger geöffnet“

Walter Ludwig: Den Direktanschluss von Privatkunden schließen wir derzeit aus. Auch weil wir diese bereits über verschiedenste Kooperationen über die jeweiligen Depotbanken schon angeschlossen haben. Dafür haben wir ganz aktuell unser Angebot für institutionelle Anleger erweitert. In der Vergangenheit haben wir fast ausschließlich direkt mit geeigneten Gegenparteien gehandelt. Inzwischen haben wir uns auch für sogenannte professionelle Anleger geöffnet. Diese Kundenklassifizierung ergibt sich aus dem WpHG und stellt den rechtlichen Rahmen für die Qualifikation des jeweiligen Handelspartners dar. Professionelle Anleger in der Praxis sind in der Regel kleinere bis mittlere Vermögensverwalter, Asset-Manager, Family Offices etc. Wir haben durch die Einführung von MIFID II einige Veränderungen in der Kundenstruktur von Banken registriert. Viele professionelle Anleger haben neue Handelsbanken gesucht. Für diese Fälle sind wir ein beliebter Anlaufpunkt. Durch unsere Spezialisten-Tätigkeit im Bondmarkt sind wir bei Spezialfällen oder schwierigen, weniger liquiden Bonds der optimale Ansprechpartner.  

Anleihen Finder Redaktion: Sie haben sich dem Bond-Handel verschrieben. Was macht den Reiz an dieser Asset-Klasse aus? Wie viele Anleihen haben Sie und Ihr Team aktuell „auf dem Radar“?

„Wir bepreisen jeden Tag bis zu 12.000 Anleihen“

Walter Ludwig: Viele verbinden die Börse oder auch den Börsenhandel immer nur mit Aktien. Jedoch ist der Anleihenmarkt grundsätzlich viel größer als der Aktienmarkt und bietet unserer Meinung nach wesentlich mehr Chancen. Es gibt unzählige verschiedene Anleihen-Kategorien: Pfandbriefe, Staatsanleihen, Unternehmensanleihen, kurze und lange Laufzeiten, unendliche Laufzeiten, Subordinated, Währungsanleihen und so weiter. Wir bepreisen jeden Tag rund 12.000 Anleihen in allen genannten Gattungen. Daher ist der Markt einfach extrem vielseitig und wir fahren bis heute sehr gut mit dieser strategischen Entscheidung.   

Anleihen Finder Redaktion: Aus der Erfahrung: welche Faktoren erleichtern den Bond-Handel bzw. fördern die Liquidität am Markt, welche Faktoren erschweren ihn?

Händler-Arbeitsplatz bei der Walter Ludwig GmbH Wertpapierhandelsbank

Walter Ludwig: Grundsätzlich muss man schon sagen, dass das Anleihen-Aufkauf-Programm der EZB den Markt nachhaltig verändert hat und die Liquidität in einigen Bonds einfach nicht mehr vorhanden ist. Auch die Niedrigzinsphase in Europa entpuppt sich nicht unbedingt als Vorteil für den Anleihenmarkt. Dies wird vor allem dann deutlich, wenn man den Blick rüber in die USA schweifen lässt und die Umsätze im Dollarbereich betrachtet. Dort spielt derzeit die Musik. Auch die äußeren Regulierungseingriffe haben dem Markt trotz der guten Intention insgesamt eher geschadet. Kaum eine Bank ist mehr gewillt Risiko aufs eigene Buch zu nehmen. Wenn also derzeit News in einem Papier rauskommen, dann reagiert der Markt viel zu stark und die Volatilität ist phasenweise wirklich übertrieben. Keiner traut sich mehr dagegen zu halten und da kann es schon schnell mal passieren, dass ein Bond mal 20% fällt und kurz danach wieder eine starke Gegenbewegung eintritt. Im Prinzip schadet diese Entwicklung dem Markt und dem Privatanleger. Der berechtige Gedanke nach mehr Kundenschutz bleibt dabei auf der Strecke.

Neben den gegenläufigen Bewegungen zu den benannten Punkten ist es mit Sicherheit auch von Vorteil, wenn Privatanleger zunehmend den Kapitalmarkt/Anleihenmarkt zur Geldanlage verwenden und der Mythos rund um den hochkomplizierten Börsenhandel mehr und mehr aufgelöst wird. Zum Beispiel bietet der Trend Social Tradings dafür eine gute Chance. Nach wie vor ist es zwar im Anleihenmarkt kompliziert, da bei vielen Anleihen die Mindeststückelung bei 100.000 oder 200.000 Euro liegt und sich so wirklich sehr unfreundlich für Privatanleger gestaltet. Aber auch hierfür wird von einigen Anbietern an Lösungen gearbeitet. Fakt ist aber, wenn mehr Investoren in den Markt kommen und zusätzliche Plattformen neue Zielgruppen ansprechen, dann wird auch die Liquidität in den Markt kommen.

INFO: Weitere Informationen sowie Kontaktdaten zur Walter Ludwig GmbH Wertpapierhandelsbank finden Sie hier.

Anleihen Finder Redaktion: Wagen wir einen kleinen Ausblick auf den Anleihenmarkt – wie wird sich dieser in Gänze im Zuge der aktuellen Zinspolitik und der starken „politischen Börsen“ in diesem und den nächsten Jahren entwickeln?

„Wir rechnen weiterhin mit einer sehr hohen Volatilität“

Walter Ludwig: Das ist wirklich schwer zu prognostizieren. Grundsätzlich rechnen wir weiter mit sehr hoher Volatilität. Das birgt zwar viele Chancen für uns, aber wir müssen immer auch einen Blick auf das Risiko haben. Intern versuchen wir die Bestände möglichst gering zu halten, weil die Stimmung über Nacht umschlagen kann. Zwar gilt nach wie vor der Leitspruch „politische Börsen haben kurze Beine“ aber für Market Maker hat das trotzdem große Auswirkungen, da wir Händler sind und im Gegensatz zu vielen Anlegern einen sehr kurzfristigen View haben. Inzwischen gibt es so viele politische Brandherde und Unsicherheiten, dass wirklich höchste Aufmerksamkeit geboten sein muss. Die Ungewissheit bezüglich des BREXIT-Chaoses oder die willkürliche Twitter-Lust von Herrn Trump kann binnen Sekunden die Stimmungslage verändern. Kurz- oder mittelfristig rechnen wir auch nicht mit einer Entspannung dieser globalen Situation. Da wir als Unternehmen aber grundsätzlich von der Volatilität profitieren, rechnen wir wirtschaftlich für uns mit einem besseren Jahr.

Anleihen Finder Redaktion: Welche Berührungspunkte haben Sie mit den sog. Mittelstandsanleihen und wie sehen Sie nach den vielen Ausfällen in den letzten Jahren (vor allem in 2016) die Zukunft dieses Segmentes?

Walter Ludwig: Wir haben schon Berührungspunkte mit Mittelstandsanleihen und waren auch anfangs sehr aktiv in diesem Bereich. Jedoch ist das Segment der Mittelstandsanleihen auch sehr risikobehaftet. Daher haben wir bei vielen Emissionen immer auch auf das Volumen geachtet. Für uns ist immer wichtig, dass es einen funktionierenden Sekundärmarkt gibt und wenn dann noch der Business Case des Unternehmens stimmt, nehmen wir es sehr gerne in den Handel auf.  Außerdem ist es für uns als Spezialist an der Börse möglich, Neuemissionen an der FWB zu listen. Zwar begleiten und beraten wir keine Unternehmen bei der grundsätzlichen Finanzierung über den Kapitalmarkt aber als Listing-Partner für die technische Abwicklung an der Börse (Zeichnungsbox an der Börse und anschließendes Market Making) sind wir der optimale Partner. Für derartige Anfragen stehen wir jederzeit sehr gerne zur Verfügung.

Anleihen Finder Redaktion: Herr Ludwig, besten Dank für das angenehme Gespräche und Ihre äußerst interessanten Ausführungen.

Das Interview führte Timm Henecker.

Anleihen Finder Redaktion.

Titelfoto: pixabay.com

Portraitfoto: Walter Ludwig, Walter Ludwig GmbH Wertpapierhandelsbank

Arbeitsplatz-Foto: Anleihen Finder Redaktion

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