Insider-Interview: „Durch falsches Pricing können Emittenten mit nur 10 statt mit 50 Millionen nach Hause gehen.“

Montag, 16. April 2012

Andreas Wegerich, youmex-Vorstand und einer der Big Player auf dem Markt der Mittelstandsanleihen, über die Kunst, den richtigen Zinssatz für Corporate Bonds zu finden.

Andreas Wegerich, Vorstand der Youmex AG, einem Listing Partner der Deutschen Börse, verrät im Exklusiv-Interview mit der Anleihen Finder-Redaktion, das viele Emittenten die alte Grundregel vergessen: Der Markt bestimmt den Zinssatz, nicht das Unternehmen.

Anleihen Finder: In letzter Zeit hat es immer wieder das Phänomen gegeben, dass eine Anleihe binnen weniger Stunden mehrfach überzeichnet war.

Andreas Wegerich: Bekannte Unternehmen wie zum Beispiel Seidensticker und Golfino waren schnell überzeichnet. Diese Emissionen wurden von Top-Profis begleitet, die in der Lage waren, den Zinssatz an die richtige Benchmark des Marktes anzupassen. Solche Emissionen gelten als fair eingepreist.

Anleihen Finder: So schön das für den Emittenten auch ist – weist dies nicht auf ein Ungleichgewicht zwischen Außen- und Inneneinschätzung des Unternehmens hin? Schließlich muss sich der Emittent doch fragen, ob ein deutlich niedriger Zinssatz nicht ebenfalls zur Vollplatzierung gereicht hätte?

Andreas Wegerich: Ja, in der Tat. Es gibt ein Ungleichgewicht. Die Außeneinschätzung wird von Kapitalmarktprofis vorgenommen. Sie allein entscheidet über den Erfolg einer Anleihen-Emission.

Für die Profis zählt keineswegs nur der Zinssatz, sondern das gesamte Paket, bestehend aus Volumen, Zinssatz und nicht zuletzt der Branchenzugehörigkeit. Das bedeutet zum Beispiel, das begehrte Unternehmen in boomenden Branchen wesentlich größere Volumina zu niedrigeren Zinssätzen als unbekannte Unternehmen in Problembranchen platzieren können.

Ihren zweiten Teil der Frage, ob sich der Emittent nicht hätte fragen sollen, ob nicht auch ein deutlich niedriger Zinssatz zur Vollplatzierung gereicht hätte, kann ich eindeutig mit ja beantworten. Emittenten sollten sich frühzeitig mit ausgewiesenen Kapitalmarktprofis zusammensetzen, die Erfahrung damit haben, den richtigen Preis zum richtigen Zeitpunkt festzusetzen.

Anleihen Finder: Wer setzt den Zinssatz für eine Anleihe fest und wie wird dieser Wert ermittelt? Welche Größen/ Daten fließen in die Entscheidung ein?

Andreas Wegerich: Der Markt bestimmt den Zinsatz, nicht das Unternehmen. Ein falsches Pricing kann dazu führen, dass Emittenten statt mit 50 Millionen Euro an Anleiheerlösen mit 10 Millionen nach Hause gehen. Wie gesagt, es gilt den richtigen Preis zum richtigen Zeitpunkt zu finden. Das können nur Kapitalmarktprofis.

Anleihen Finder: Schafft ein bekannter Markenname Vertrauen bei privaten Investoren, auch wenn dieses mit Blick auf die finanzielle Situation des Unternehmens oft gar nicht gerechtfertigt ist?

Andreas Wegerich: Ja, auf jeden Fall. Wobei interessant ist, zu beobachten, dass Unternehmen nicht unbedingt überregional – also in ganz Deutschland – bekannt sein müssen (wie zum Beispiel Valensina oder Underberg). Es reicht auch – eine top-professionelle IR-Betreuung vorausgesetzt – eine regionaler Bekanntheitsgrad des Unternehmens zur Vollplatzierung bis zur Überzeichnung.

Abschließend fände ich es überlegenswert, wenn man Unternehmen des Mittelstandes mit einer quasi Bookbuilding-Spanne im Zinssatz an den öffentlichen Kapitalmärkten positionieren könnte.

Anleihen Finder: Herr Wegereich, vielen Dank für das Gespräch.

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