Finanztransaktionssteuer: Indirekte Gefahr für Mittelstandsanleihen

Montag, 30. Januar 2012

Geplante Steuer verscheucht institutionelle und private Anleger.

Der französische Präsident Nicolas Sarkozy will die Finanztransaktionssteuer. Ab August solle der französische Fiskus 0,1% Prozent pro Transaktion bekommen. Davon betroffen sind Unternehmen, die ihren Sitz in Frankreich haben. Sarkozys Kollege in London wird das entschieden ablehnen. Es wäre ‚Wahnsinn‘, über eine Steuer auf Finanzgeschäfte auch nur nachzudenken, sagte der britische Premierminister David Cameron auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. Damit sprach er den meisten europäischen Börsianern aus dem Herzen. Cameron will vor allem die Londoner Finanzindustrie vor einer Börsensteuer schützen. Besonders Hochfrequenzhändler, die mit vielen kleinen Trades ihr Geld verdienen, lehnen die von der EU-Kommission geplanten 0,1%-Steuer je Transaktion ab.

 

Anleihen Finder Redaktion befragte Vorstände deutscher Börsen

Aber welche Auswirkungen wird die neue Steuer auf den Börsenhandel mit Mittelstandsanleihen haben? Die Antworten der von der Anleihen Finder Redaktion befragen Börsenprofis waren eindeutig. Deutschlands führende Börsianer sorgen sich vor allem um die Segmente, die vom regen Handel profitieren. Dazu gehören die Märkte für Mittelstandsanleihen noch nicht. Demnach würde die Steuer den noch jungen Markt der Mittelstandsanleihen nicht bedrohen.

„Die Auswirkungen der Transaktionssteuer auf die Mittelstandsbörse Deutschland dürften nicht so gravierend sein. Viele Investoren erwerben Mittelstandsanleihen unter der Prämisse ´buy and hold`, also von vornherein nicht mit Ziel eines aktiven Trading in diesen Instrumenten“, sagte Sandra Lüth, Geschäftsführerin der Börse Hamburg und der Börse Hannover und Vorstandsmitglied der BÖAG Börsen AG im Gespräch mit der Anleihen Finder Redaktion.

Noch ist das Handelsvolumen bei den Mittelstandsanleihen klein. „Bei 0,1% Steuer auf Aktien- und Anleihegeschäfte macht das bei dem eher geringen Volumen der einzelnen Transaktion jedenfalls nicht so viel aus, dass man Angst haben müsste, der Handel könne ´ersticken´“, meinte Sandra Lüth.

Primärmarkt ohne Finanzmarkttransaktionssteuer

Nach den Plänen der EU-Kommission sollen die Primärmärkte von der neuen Börsensteuer ausgenommen werden, erklärt Christine Bortenlänger, Vorstand der Bayerische Börse AG und Geschäftsführerin der Börse München. „Der Steuer unterliegen jedoch die sich der Platzierung anschließenden Verkäufe und der Handel. Da Anleihen aber eher einem mittel- bis langfristigen Anlagehorizont unterliegen, dürfte das für Privatanleger keine ausschlagende Rolle spielen“, sagte Christine Bortenlänger.

Die Chefin der Münchener Börse sieht wie ihre Kollegin von der BÖAG keine Gefahr, dass der Handel mit mittelständischen Anleihen durch den Fiskus im Keim erstickt wird. Mittelstandsanleihen würden Ihrer Meinung nach attraktiv genug bleiben: „In diesem Segment finanzieren sich Unternehmen direkt am Kapitalmarkt. Dafür bieten sie in der Regel Zinssätze, die über dem Sparbuch, dem Festgeld und der Staatsanleihe liegen. Damit sind diese Papiere eine interessante Beimischung für viele Depots – auch mit der Transaktionssteuer.“

Argumente gegen die Börsensteuer

Christine Bortenlänger gehört aber trotzdem – wie die meisten von der Anleihen Finder Redaktion befragten deutschen Börsenvorstände – zu den Gegnern der Börsensteuer. Sie nennt zwei Gründe gegen die Steuer: Zum einen könnten institutionelle Anleger in außereuropäische Börsenplätze flüchten, um Steuern zu sparen. So würde den europäischen Handelsplätzen Liquidität entzogen. Weniger Liquidität  bedeutet ineffizientere Märkte, da weniger Marktteilnehmer ihre Meinung über den Wert der gehandelten Güter – in Form des Preises – zum Ausdruck bringen.

Gleichzeitig könnten sich immer mehr Privatanleger und Fondssparer fragen, ob es durch die neue Steuer nicht zu teuer wird, mit Aktien und Anleihen zu handeln. „Damit erleben wir einen Rückschlag bei der ohnehin schon wenig entwickelten Aktien- und Anlagekultur in Deutschland“, sagte Christine Bortenlänger. Das sind dann auch für die Mittelstandsanleihen keine guten Aussichten.

Anleihen Finder Redaktion

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