ETFs – Transparent und preiswert oder Wundertüte? – Kolumne von Klaus Hinkel, ARTUS DIRECT INVEST AG

Dienstag, 4. Juni 2013


Wie bei vielen Dingen, die revolutionär sind, liegt der Charme nicht in der Komplexität, sondern in der Einfachheit der Struktur.

So auch bei ETF`s sollte man meinen. Zumindest war das Produkt so angedacht. Man bildet in einem Sondervermögen einen Index mit den zugrundeliegenden Aktien ab. Der Anleger investiert somit indirekt in den Index, erhält die notwendige Diversifikation und spart die Kosten für den aktiven Fondsmanager.

Soweit so gut. Leider ist der Begriff ETF, der für Exchange Traded Fund, also börsengehandelter Fonds steht, nicht geschützt und darf somit für eine breite Produktpalette verwendet werden.

Mittlerweile wird dieses Spiel so weit getrieben, dass im Bereich der Mittelstandsanleihen ein ganz gewöhnlicher Publikumsfonds, der keinen Index abbildet und aktiv verwaltet wird, die Kosten für den Fondsmanager also nicht einspart, als ETF bezeichnet und vertrieben, da der Fonds über die Börsen handelbar ist. Somit handelt es sich um einen börsengehandelten Fonds. Übersetzt ins Englische einen Exchange Traded Fund, also ein ETF.

Aber auch in der klassischen Struktur, dem passiv gemanagten Fonds, gibt es zahlreiche Varianten, bei welchen der Anleger nicht unbedingt bekommt, was er sich vorstellt. Selbst wenn das Sondervermögen auf einen Aktienindex mit Aktien unterlegt ist, kann es durchaus vorkommen, dass es sich um Aktien handelt, die im entsprechenden Index nicht enthalten sind. Das kann so weit gehen, dass sich in einem ETF Portfolio auf einen deutschen Index auch Aktien befinden, die in  Fremdwährung notiert werden. Damit der Investor die Performance des originären Aktien-Index erhält, kommen Derivate zum Einsatz. Also Futures, Optionen oder sonstige Produkte, die ein Kontrahentenrisiko beinhalten können. In Zeiten, in denen die Staaten gezwungen sind, Banken aus ihren Schieflagen zu retten, ist dies nicht unbedingt eine sehr komfortable Situation für den Investor. Wenngleich eine Vielzahl von Sicherheitsschlaufen zu Gunsten des Sondervermögens/ETFs-Fund in Punkto Swap-Ausgleich/Sicherheitenunterlegung vereinbart wurden, so fördert diese sicherlich kostengünstigere ETF-Struktur aber auch eine deutlich geringere Transparenz. Zudem sollte sich der Investor im schlimmsten-Fall bewusst sein, dass durch die aktuell von der EU geplante Bankenabwicklung eine Abwicklungsreihenfolge vom Eigenkapital über Hybrid-Kapital, Inhaberschuldverschreibungen bis hin zu Konto- oder Sparguthaben eingeführt wird, bei denen sicherlich unbesicherte Swap-Kontrakte in der Reihenfolge der Bedienung weit hinten anstehen dürften.

Alle Möglichkeiten und Variationen an dieser Stelle aufzuführen und detailliert auf die Risiken einzugehen, führt zu weit, zumal dafür der Anleger, Berater oder Vermögensverwalter die Verantwortung trägt. Es sei aber erlaubt, die Frage zu stellen, ob der jeweilige Entscheider genau weiß, was er kauft und ob er sich der Vor- und Nachteile, insbesondere unter Würdigung  einer sich aktuell ändernden politischen Philosophie bei der Banken-Sanierung /-Abwicklung,  bewusst ist. Für unser Haus haben wir daher die Entscheidung getroffen, primär in vollreplizierenden ETF-Fund oder in klassische Publikums-Fonds statt in Swap-basierte ETFs zu investieren.

Klaus Hinkel

Kurvita von Klaus Hinkel, Vorstand der ARTUS DIRECT INVEST AG

Langjährige Tätigkeit als Abteilungsdirektor im Private Banking bei Merck, Finck & Co., Privatbankiers, Düsseldorf.

Schwerpunkte Kreditgeschäft, steuerorientierte Kapitalanlagen, Vermögensberatung, Beteiligungsgeschäft. Zuständig für Kundenakquisition und -betreuung

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