Mittelstandsanleihen – Nach der Ebbe kommt die Flut – Kolumne von Marius Hoerner
Monatelang haben uns die Emittenten und die Unternehmen warten und dursten lassen. Es wollte und wollte einfach keine Emission aus dem Bereich Mittelstandsmarkt kommen.
Und dann endlich, wie eine leichte kühlende Brise bei unerträglicher Sommerhitze, kamen doch die ersten Emissionen nach denen es die Anleger so dürstete.
Aus der leichten Brise nach der Ebbe ist in relativ kurzer Zeit ein starker Wind, eine wahre Flut geworden, die durch einige Aufstockungen von bereits emittierten Anleihen zeitweise eine Sturmflut befürchten ließ.
In meinem Kalender für Juni jagt ein Termin den nächsten. Ganze 12 Pre-Soundings und Roadshow Termine stapelten sich dort. Mittlerweile ist einer dieser Termine gestrichen und ein weiterer wird wohl folgen.
Warum? Weil einige Emittenten offensichtlich bemerkt haben, wie die Situation ist, und dass es wohl allen Beteiligten entgegen kommt, wenn die „Schlagzahl“ zurück genommen wird.
Es kehrt also (hoffentlich) Vernunft ein.
Zumindest sieht es in Bezug auf die Anzahl der Emissionen so aus. Hinsichtlich der Qualität bestehen allerdings einige Zweifel.
Mangelhafte Bilanzen hinter bekannten Namen
Die letzten Wochen haben gezeigt, dass die Relation zwischen Risiko und Kupon teilweise deutlich auseinander driftet. Mehr denn je, so hat es zumindest den Anschein, wird versucht, mangelhafte Bilanzen, die sich hinter bekannten Namen verstecken, an den Markt zu bringen.
Schaut man sich die Platzierungserfolge an, ist das bisher auch gut gelungen. Doch weder die Emittenten noch die Unternehmen sollten den Markt unterschätzen. Die letzten zwei Wochen haben gezeigt, dass Mittelstandsanleihen durchaus heftige Ausschläge haben können. Das dabei teilweise übertrieben wird und manche Anleihe unverschuldet mitgerissen wird, ist gerade in einem jungen Markt Segment nicht verwunderlich und reguliert sich innerhalb weniger Tage.
Beachten muss man die Anleihen, die sich nicht erholt haben. Entweder sie wurden auf ein Niveau gebracht wo die Relation zwischen Risiko und Kupon auf die richtige Renditebasis gebracht wurde oder die Anleger haben ein Missverhältnis schlicht und ergreifend übersehen. Das sollte aber die Ausnahme sein.
Wer aktuell zu den Gewinnern oder Verlierern gehört ist derzeit noch nicht gänzlich auszumachen. Aktuell sind die Verlierer auf jeden Fall die Anleger, denen der Markt gezeigt hat, dass sie bei den Neuemissionen offensichtlich zu wenig kritisch waren.
Wir vertreten zwar die Meinung, dass Kursgewinne am Rentenmarkt nur das „Sahnehäubchen“ sein können und der Ertrag aus den Zinsen erwirtschaftet werden muss, aber das entbindet uns natürlich nicht davon, den entsprechenden Zins bzw. die Rendite in Relation zum Risiko zu setzen.
Kenne ich, mag ich, kaufe ich, ist und war immer zu einfach
Situationen wie in den letzten zwei Wochen werden unseres Erachtens dazu führen, dass sich die Anleger zunehmend mit dem Thema Risiko auseinander setzen und nicht mehr nur den bekannten Namen kaufen. Kenne ich, mag ich, kaufe ich, ist und war immer zu einfach.
Unsere Hoffnungen ruhen aber nicht nur auf der Selbstregulierung des Marktes, sondern auch auf der Vernunft und Weitsichtigkeit der Emittenten.
Eine Emission zu verschieben, wenn der Markt droht zu verstopfen, oder einem Unternehmen zu sagen, dass es mehr Zinsen bezahlen muss als es eigentlich möchte, oder gar einem Unternehmen zu sagen, dass es nicht marktreif ist, zeugt nicht von Schwäche. Ganz im Gegenteil zeugt es von Stärke und von der Qualität des Emissionshauses.
Marius Hoerner
Portfolio Manager
ARTUS Direct Invest AG
Foto: ARTUS DIRECT INVEST AG
Kurzvita von Markus Hoerner
Marius Hoerner ist bei der ARTUS DIRECT INVEST AG Prokurist sowie Fondsmanager Mittelstands-Renten HI Fonds und Kundenbetreuer.
Ausbildung zum Bankkaufmann bei Merck, Finck & Co. in Düsseldorf. Über 20 Jahre Erfahrung im internationalen Aktien- und Rentengeschäft und in der Betreuung privater und institutioneller Kunden.
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