„Das Beste aus zwei Welten“ – Besicherungsmodelle bei grenzüberschreitenden Finanzierungstransaktionen

Freitag, 17. Mai 2013

Die Emittenten hat ihren Sitz in Deutschland, die Assets aber, die der Besicherung ihrer Anleihe dienen, befinden sich in Schwellenländern:  Dieses Besicherungsschema kann wesentliche Vorteile für deutsche Mittelständler haben. Christian Bacherl, Leiter Financing Group der Baader Bank AG, erläutert im Interview mit der Anleihen Finder-Redaktion, was dahinter steckt.

Anleihen Finder Redaktion: Die Kombination aus Mittelstandsanleihe und Besicherung klingt zunächst aus Sicht der Anleger attraktiv. So punkten Mittelstandsanleihen wie die der HAHN-Immobilien-Beteiligungs AG mit umfangreichen Besicherungskonzepten. Wie beurteilen Sie Sicherungskonzepte bei mittelständischen Unternehmensanleihen? Was ist sinnvoll, was nicht?

Christian Bacherl: Die Besicherung von laufenden Kuponzahlungen, und vor allem des Rückzahlungsbetrages kann für beide Parteien – dem Investor und dem Emittenten – entsprechende Vorteile bieten. Entscheidend ist die Werthaltigkeit der Sicherheiten. In anderen Worten, produziert die Sicherheit während der Laufzeit ausreichende Zahlungsströme, um den Kupon der Anleihe regelmäßig und rechtzeitig bezahlen zu können, und deckt der zukünftige Wert der Sicherheit im Verwertungsfall den ausstehenden Betrag der Anleihe ab.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die konkrete und gesicherte Verwendung der erhaltenen Fremdfinanzierungsmittel, denn nur der Einsatz der Mittel in ausgewiesenen Kernfeldern des Unternehmens schafft in der Regel Mehrwert für den Anleger. Investitionen außerhalb der Kerngeschäftstätigkeit bzw. ungenaue Spezifikation der Mittelverwendung hingegen erschwert die konkrete Einschätzung des Risikos für den Anleger im Vorfeld einer möglichen Zeichnung.
Die Anwendung dieser Prinzipien führt in der Regel zu einer Reduktion der Risikoparameter, die im Umkehrschluss auch eine geringere Gratifikation im Vergleich zu einer herkömmlichen Anleihe mit sich bringt. Als Folge ergibt sich für die Emittentin eine entsprechende Reduktion der Finanzierungskosten, während der Anleger auf ein deutlich attraktiveres Chancen-Risiko-Verhältnis blickt.

Anleihen Finder Redaktion: Wechseln wir die Perspektive. Welche Argumente sprechen aus Sicht der Emittentin für ein plausibles und im Ernstfall tragfähiges Besicherungskonzept?

Christian Bacherl: Das eingangs erwähnte verbesserte Chance-Risiko-Verhältnis soll sich für den Emittenten in einem verbesserten Nachfragemix und risikoadäquaten Kapitalkosten niederschlagen. Die Besicherung macht den Fremdkapitalcharakter der Anleihe deutlich und für Fremdkapitalinvestoren investierbar. Der Investor steht im Ernstfall nicht hinter den finanzierenden Banken, sondern im gleichen Rang oder an deren Stelle. Das die Besicherung der Anleihe begleitende Treuhandkonzept stellt sicher, dass die Mittelverwendung im Sinne der Planung erfolgt und die Zinsen aus dem Ertrag der Mittelverwendung gezahlt werden. Der Emittent erweitert mit der Begebung der besicherten Anleihe den Kreis der Finanzierungspartner, ein wichtiger Faktor im Wettbewerb um Kapital.

Anleihen Finder Redaktion: Ihre Bank wirbt damit, dass Ihre Experten mit folgendem Besicherungsmodell Erfahrung haben: Die Emittenten der Unternehmensanleihe haben ihren Sitz in Deutschland, die Assets aber, die der Besicherung dienen, befinden sich zum Teil in Schwellenländern und könnten so von den dortigen Bedingungen profitieren. Können Sie uns bitte die Funktionsweise und die Vor- und Nachteile eines solchen Konstruktes erklären?

Christian Bacherl: Gerade bei grenzüberschreitenden Finanzierungstransaktionen deutscher Mittelständler bietet die Besicherungsmechanik wesentliche Vorteile für die Investoren. Entscheidend für den Investor ist die Auswahl der Partner, die neben lokalen und internationalen Rechtsanwaltskanzleien auch den Treuhänder einschließt, der neben Deutschland auch in der Zieljurisdiktion über die notwendige lokale Expertise verfügen sollte. Selbstverständlich ist es notwendig, dass der jeweils lokale Rechtsrahmen belastbar ist und nicht jedes Land eignet sich als Sicherheitenstandort. Sofern die rechtlichen Rahmenbedingen stimmen, kann eine derart besicherte Anleihe dem Anleger das Beste aus zwei Welten bieten. Zum einen die jahre- oder jahrzehntelange Erfahrung der deutschen Emittentin und deren handelnder Personen, zum anderen die besonderen Bedingungen des Landes, in denen wesentliche Teile der Wertschöpfung betrieben werden. Dabei kann es sich beispielsweise um natürliche Standortvorteile bei energie- oder infrastrukturorientierten Investitionen handeln oder um Vorteile, die in den Binnenmärkten der Asset Basis begründet sind. Schlussendlich ist der Rechtsrahmen die Basis für die Besicherungsmöglichkeit, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen aber entscheidend für die Besicherungsfähigkeit der Assets, sprich deren Werthaltigkeit im Sinne einer positiven operativen Performance.

Anleihen Finder Redaktion: Welche Arten von Sicherheiten kommen bei Ihrem Besicherungskonzept in Betracht? Und in welchen Schwellenländern haben Sie Erfahrungen mit der Verwertung von Sicherheiten gesammelt? Von welchen Vorteilen genau profitieren hier die Anleger?

Christian Bacherl: In Betracht kommen die Einbringung des gesamten produktiv nutzbaren Anlagevermögens sowie die Erlöse aus festen Abnahmevereinbarungen bonitätsstarker Kunden. Damit steht dem Anleger bei Ausfall der Anleihe die Mittel aus der Verwertung eines umfangreichen Sicherheitenportfolios zu.
Wir bewegen uns mit unseren Transaktionen überwiegend im Rechtsraum der EU oder deren Beitrittsländer, die bereits den Rechtsrahmen der EU akzeptiert und umgesetzt haben und deren Gesetze gerichtlich verprobt sind.

Anleihen Finder Redaktion: Wie können Sie das Argument entkräften, dass ein Asset in einem Schwellenland in den Augen des Privatanlegers als minderwertigere Sicherheit wahrgenommen werden könnte? Anleger könnten zum Beispiel verunsichert sein und von einem Investment absehen, weil ihnen das Wissen und die Erfahrung mit ausländischen Rechtssystemen fehlen. Kurz: Der Anleger sorgt sich darum, dass seine Eigentumsrechte in ausländischen Rechtssystemen durchgesetzt werden können.

Christian Bacherl: Selbstverständlich muss sich der Anleger mit seinem Investment wohl fühlen. Einen wichtigen Hinweis kann ein Blick auf die beteiligten Parteien bieten. Verfügen die Emittentin und deren handelnde Personen über einen nachweisbaren Track Record im Sektor und in den Ländern, die für die Anleihe eine wesentliche Rolle spielen. Konnte ein erfahrener Treuhänder für die Transaktion gewonnen werden, der ebenfalls über lokale Expertise verfügt. Sind erfahrene Kanzleien mit der rechtlichen Strukturierung der Transaktion betraut. Sind die neben Deutschland maßgeblichen Länder für Rechtssicherheit auch in der Rechtsprechung bekannt. Hat das Land ein Interesse als sicherer Investitionsstandort wahrgenommen zu werden. Der Anleger sollte wie bei allen Anleihen auch in der besicherten Struktur ein gutes Gefühl für die Ertragskraft der Emittentin, ihre Fähigkeit die Fremdkapitalkosten zu erwirtschaften und die Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells entwickeln. Kennzahlen wie der Zinsdeckungsgrad sowie zum Verschuldungsgrad sind dabei maßgeblich. Im Fall der besicherten Anleihen spielt dabei die Fremd-/Eigenkapitalrelation eine wesentliche Rolle. Denn im Verwertungsfall muss ein ausreichender Puffer durch den Wert des Eigenkapitals vorhanden sein, um mögliche Abschläge vor dem Fremdkapitalinvestor abzufangen. Der Zinsdeckungsgrad bietet eine Aussage über die Fähigkeit den Coupon zu bedienen und in welchem Umfang Rücklagen für Rückzahlungen gebildet werden können.

Anleihen Finder Redaktion: Zum Schluss noch ein Blick in die Zukunft. Bitte wagen Sie eine Prognose: Welche wie ausgestalteten Mittelstandsanleihen werden sich am Markt etablieren und Trends setzen?

Christian Bacherl: Wir sind davon überzeugt, dass sich auch am Markt für Mittelstandsanleihen klassische Regeln der Fremdfinanzierung etablieren werden. Das sind einfache Dinge wie Emissions- statt Emittentenratings, ein bestimmter Umfang an Klauseln, die den unternehmerischen Spielraum im Sinne der Fremdkapitalgeber ein Stück weit einschränken (sogenannte financial und non-financial covenants) oder nachhaltig besicherte Strukturen wie im Rahmen des Interviews beschrieben. Anleihen, die ungeachtet der Kreditqualität ausschließlich auf Grund der Markenbekanntheit oder der absoluten Höhe des Coupons platziert werden, halten wir für kein Phänomen von Dauer. Es gilt auch bei hochrentierlichen Anleihen eine sinnvolle Kombination aus Risiko und Ertrag herzustellen und zwischen Eigen- und Fremdkapitalrisiken zu unterscheiden.

Anleihen Finder Redaktion: Vielen Dank!

Foto: Arno Bachert  / pixelio.de

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