„Renditen passen oft nicht zur Rating-Note“

Freitag, 18. Mai 2012

Gastbeitrag von Werner Gleißner von FutureValue Group AG: Über die Bedeutung von Risikoanalysen bei Mittelstandsanleihen und Projektrating

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Anleger erwarten, dass im Rating die zukünftigen Risiken eines Unternehmens adäquat erfasst werden. Vergleicht man Anleiherenditen und Ratingnoten treten Zweifel auf, ob dies immer gelingt.

Das Rating einer Anleihe basiert auf dem Rating des emittierenden Unternehmens, ist aber nicht identisch. Zu berücksichtigen sind anleihenspezifische Besonderheiten, wie die Stellung des Gläubigers im Falle einer Insolvenz, die von den Vertragsbedingungen abhängt. Für das Rating einer Anleihe ist damit nicht nur die Wahrscheinlichkeit der Insolvenz (1) des Emittenten (Emittentenrating) maßgeblich, sondern auch deren Konsequenzen, also der (unsichere) Rückfluss im Falle der Insolvenz. Für das Rating einer Anleihe, die Beurteilung der Attraktivität angebotener Zinssätze und die Bewertung von Anleihen benötigt man also mehr Informationen: Banken nennen das relevante Risikomaß einen „Expected Loss“ (EL). Es erfasst neben der Insolvenzwahrscheinlichkeit („Probability of Default“) auch die Verlustquote („Loss Given Default“; beziehungsweise „Recovery Rate“).

Anleger finden am Markt der Mittelstandsanleihen oft Renditen, die nicht zu den Ratingnoten passen: 7,5% Rendite bei einem „echten“ BBB-Unternehmen (Investmentgrade) ist kaum vorstellbar (vgl. Tabelle unten mit Orientierungswerten zu Ausfallwahrscheinlichkeiten und Spreads). Ursächlich für diese Diskrepanzen sind verständliche „Vorsichtszuschläge“ der Anleger, die befürchten, dass die gerateten Unternehmen höhere Risiken aufweisen als die Ratingagentur angibt – oder dass die Anleger zumindest keine Transparenz über die Risiken erhalten (zur Qualität von Ratings vgl. Everling, O. / Gleißner, W.: Ratingevidenz: Die Qualität von Ratingnoten, in: Kredit & Rating Praxis, 4 / 2004, S. 22 – 24).

Dies ist zurückzuführen auf einige – oft noch bei der Erstellung von Ratings unbefriedigend gelöste – Herausforderungen, die ganz besonders bei assetbesicherten Anleihen (aber nicht nur dort) festzustellen sind:

1.) Unbefriedigende Zukunftsorientierung und Risikoanalyse

Die Beurteilung der Insolvenzwahrscheinlichkeit des Unternehmens sollte außer der „Risikotragfähigkeit“ (erfasst durch Finanzkennzahlen) insbesondere auch die Risiken berücksichtigen, die in Zukunft schwerwiegende Planabweichungen und damit Insolvenzen auslösen können. Ergänzend zu traditionellen Verfahren des Ratings sollten entsprechend Risiken quantifiziert und im Kontext der Unternehmensplanung mittels Simulation aggregiert werden, um eine realistische Bandbreite der Entwicklung zukünftiger Erträge und Finanzkennzahlen eines Unternehmens angeben zu können. So werden Scheingenauigkeiten vermieden. Mit sogenannten „stochastischen Ratingprognosen“ kann auch unmittelbar die Wahrscheinlichkeit von Überschuldung und Illiquidität eines Unternehmens berechnet werden (2).Während bei alleiniger Betrachtung der (historischen) Bilanz-Kennzahlen einer Finanzstärkeanalyse implizit nur diejenigen Risiken erfasst werden, die im letzten Jahresabschluss eingetreten sind, werden bei einem derartigen simulationsbasierten Ansatz ergänzend auch die in der Zukunft liegenden Risiken nachvollziehbar und quantitativ ausgewertet. Diese werden sonst nur über „Softfaktoren“ qualitativ abgeschätzt.

2.) Illiquiditätsanalyse und Refinanzierungsrisiken

Die Abschätzung der Wahrscheinlichkeit einer Illiquidität erfordert die Beurteilung, ob in einer spezifischen Unternehmenssituation (beispielsweise bei risikobedingt möglichem Verlust in einem „Stressszenario“) der dann vermutlich verfügbare Kreditrahmen reicht, um die Zahlungsfähigkeit noch zu gewährleisten. Und damit ist eine Berücksichtigung des Verhaltens von Kreditinstituten in der Simulation der Zukunft nötig – insbesondere auch für den Zeitpunkt der Rückführung der Anleihe. Das „Refinanzierungsrisiko“ wird oft unterschätzt.

3.) Analyse der Insolvenzszenarien und der Konsequenzen für die Anleihengläubiger

Für das Rating von Anleihen ist es erforderlich, die genauen Konsequenzen der denkbaren Insolvenzszenarien für die Anleihengläubiger zu beurteilen. In Abhängigkeit von Insolvenzursachen und deren Konsequenzen ist damit (regelbasiert in der Simulation) aufzuzeigen, ob z.B. eine Fortführung des Unternehmens sinnvoll ist bzw. in welcher Höhe bestehende Assets zur Bedienung der Forderungen einzelner Gläubiger verkauft werden können („Wasserfallanalyse“).

In Anbetracht der Unsicherheit der Zukunftsentwicklung und der Abhängigkeiten zwischen Unternehmensplanung, Risiken, dem von Banken eingeräumten Finanzierungsrahmen und den Rückführungsszenarien benötigt man eine integrierte simulationsbasierte Ratingmethodik. Eine analytische Lösung ist bei den komplexen Interdependenzen nicht möglich und „intuitiv“ können auch Experten Risiken nicht aggregieren. Besonders wichtig ist die Risikoanalyse dann, wenn kaum für die Zukunftsprognose relevante historische Daten existieren und die Rückzahlung letztlich auf den prognostizieren unsicheren Cashflows basiert, wie bei immobilienbesicherten Anleihen oder allgemein „Projektratings“.

Die Euler Hermes Rating GmbH hat daher (mit Unterstützung der Future-Value Group AG) ausgehend von den oben genannten Punkten das traditionelle Anleihenrating um eine innovative Risikoanalyse mit Simulation von möglichen Zukunftsszenarien ergänzt. Insbesondere für “Projektratings“ und die Erstellung von Ratings für Projektfinanzierung und „assetbesicherte“ Anleihen (z.B. Erneuerbare Energie, Infrastruktur, Schiffe, Flugzeugleasingfonds, Immobilien) werden grundsätzlich immer auch Simulationsmodelle genutzt, um die (Wechsel-) Wirkungen zukünftiger Risiken adäquat berücksichtigen zu können. Gerade in diesen Fällen ist nämlich nicht die Historie sondern die Zukunftsplanung mit ihren Risiken für das Rating entscheidend.

Fazit

Anleger sollten mehr als nur die Ratingnote betrachten; gerade wenn diese nicht zu den Renditen einer Anleihe „passt“. Es empfiehlt sich, selbst einen Blick auf wichtige Finanzkennzahlen (Eigenkapitalquote, Zinsdeckung und Rendite) zu werfen und zu hinterfragen, ob Planung und zukünftige Risiken adäquat (mittels Simulation) im Rating berücksichtigt wurden. Und Emittenten sollten eine quantitative Risikoanalyse nutzen und kommunizieren, um „Vorsichtszuschläge“ durch mangelnde Transparenz zu vermeiden – und die eigenen Refinanzierungsrisiken bei der Rückzahlung der Anleihe zu kennen.

Vita von Herrn Dr. Werner Gleißner

Dr. Werner Gleißner (Jahrgang 1966) hat an der Universität Karlsruhe Wirtschaftsingenieurswesen und an der Universität Regensburg Betriebswirtschaftslehre und Rechtswissenschaften studiert. 2001 gründete Dr. Gleißner die FutureValue Group, deren Vorstand er ist. Er verantwortet den Bereich Forschung & Entwicklung. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen zudem im Bereich Risikomanagement, Rating und Strategieentwicklung sowie der Weiterentwicklung von Methoden der Risikoaggregation und der wertorientierten Unternehmenssteuerung. Dr. Gleißner nimmt Lehraufträge an verschiedenen Hochschulen wahr und ist Autor zahlreicher Fachbücher und Artikel.

Quellen

1) Siehe zur Risikomessung und den Simulationsmodellen Gleißner, W.: Grundlagen des Risikomanagements im Unternehmen, München, 2011.

2) Siehe Gleißner, W./Bemmann, M.: Die Rating-Qualität verbessern, in: die bank, 9/2008, S. 51-55 und Garrn, R./Gleißner, W.: Anleihenrating, in: KRP Kredit & Rating Praxis, Ausgabe 2/2010, S. 22 – 23.

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