Marktsegment m:access: „Letztendlich entscheidet das Vertrauen.“

Freitag, 14. Oktober 2011

Die Börse München macht mit der Anpassung des Regelwerks für das Mittelstandssegment „m:access“ und der Implementierung der Zeichnungsfunktionalität MAX-ONE auch für Anleiheemissionen ernst. Sie betritt damit als fünfte und wohl letzte Regionalbörse das spezielle Segment für Mittelstandsanleihen in Deutschland.

Anleihen Finder sprach mit Dr. Marc Feiler, Justiziar und Leiter der Wertpapierzulassung an der Börse München, über die Zugangsvoraussetzungen von m:access und was das Segment mittelständischen Anleihen-Emittenten bietet.

Anleihen Finder: Sehr geehrter Herr Feiler, „was lange währt, wird endlich gut“. Was hat Sie zu dem Schritt bewogen in Ihrem Mittelstandssegment m:access „aufzurüsten“ und warum denken Sie, ist es für diese Segmenterweiterung noch nicht zu spät?

Dr. Marc Feiler: Unternehmensanleihen gab es an der Börse schon immer. Auch Anleihen mittelständischer Unternehmen sind nicht wirklich neu. Neu ist allerdings die gezielte Vermarktung als Ergänzung oder Alternative zum Bankkredit unter einem besonderen Label. Zweifelsohne hat dies zu einer großen Aufmerksamkeit bei Unternehmen und einer gesteigerten Nachfrage gerade auch bei Privatanlegern geführt. Mit m:access engagieren wir uns seit über sechs Jahren für die Mittelstandsfinanzierung über den Kapitalmarkt, aktuell notieren 40 Unternehmen in m:access. Unter dem Stichwort m:access bonds steht das Segment auch für Anleihen offen, seit einigen Tagen auch mit der Möglichkeit der Zeichnung über das börsliche Handelssystem. Gelegentlich wird von einem „first mover advantage“ gesprochen, es kann aber auch einen „second“ oder „last mover advantage“ geben, wenn man von anderen lernt und unbelastet starten kann. Der Markt für qualitativ hochwertige Anleihen – und das ist unser Anspruch – ist nach wie vor vorhanden, deshalb sind wir vielleicht spät, aber sicher nicht zu spät dran.

Anleihen Finder: Mit gerade einmal acht Seiten ist Ihr Regelwerk – für Aktien und Anleihen – eher kurz gefasst. Damit konnten jedoch nicht alle potenziellen Punkte adressiert werden und es verbleibt ein gewisser Entscheidungsspielraum bei den entsprechenden Gremien der Börse München. Laufen Sie – bewusst provokativ gefragt – dabei nicht Gefahr, dass mögliche Emittenten nicht alle Entscheidungskriterien kennen, das finale Listing somit mit einer Portion Unsicherheit versehen bleibt und sich die Mittelständler eher für eine andere Börse interessieren könnten? Wie nehmen Sie den potenziellen Emittenten die Angst vor dieser Variable bzw. was kann ein Emittent tun, um dieses Risiko einer Ablehnung zu minimieren?

Dr. Marc Feiler: Meiner Ansicht nach schätzen gerade auch mittelständische Unternehmen eine klare und kurze Sprache – wir wollen den Zugang zum Kapitalmarkt nicht noch zusätzlich komplizieren. Die Zugangsvoraus-setzungen zu m:access bonds sind klar geregelt und zielen alle in Richtung Qualität. Das sind wir als Börse, die sich für den Anlegerschutz einsetzt, gerade auch den Privatanlegern schuldig. Wer die Voraussetzungen erfüllt, erhält in der Regel auch den Zugang – wir sehen da keine Unsicherheiten oder Variablen. Im Übrigen finden im Vorfeld einer Anleihenemission viele Gespräche zwischen Börse und Emittenten statt – hier entscheidet letzten Endes auch das Vertrauen, das beide Seiten aufbauen.

Anleihen Finder: Sie haben bereits einige Ihrer Aufnahmekriterien genannt, welche gibt es noch und wie sind diese im Vergleich zu anderen Regionalbörsen zu sehen? Welche Abgrenzungsmerkmale ergeben sich Ihrer Meinung nach dadurch?

Dr. Marc Feiler: Wir fordern ein Unternehmensrating von mindestens BB+ und empfehlen ein zusätzliches Credit Rating, legen aber keine bestimmte Rating-Agentur fest. Wir setzen auch keine Beschränkung auf bestimmte Branchen oder schließen bestimmte Branchen per se aus. Unsere Zeichnungsfunktionalität ist ein Angebot an die Emittenten – aber keine Voraussetzung. Wir verlangen über die gesamte Laufzeit der Anleihe einen Emissionsberater zur Unterstützung des Unternehmens.

Anleihen Finder: Im Bezug auf das Mindestvolumen einer Transaktion haben Sie sich für 25 Millionen Euro entschieden. Warum schließen Sie Emissionsvolumina ab 10 Millionen Euro – wie die Börse Düsseldorf oder Hamburg sie zulassen – explizit aus?

Dr. Marc Feiler: Wir haben uns für ein Mindestvolumen von 25 Millionen Euro entschieden, um im Sekundärmarkt in dem Qualitätssegment m:access bonds einen liquiden Handel darstellen zu können. Auch erfordert der Basisaufwand für eine Anleiheemission in ein Qualitätssegment ein gewisses Mindestvolumen, damit die Kapitalkosten in Summe richtig attraktiv sind. Dessen ungeachtet sind im Freiverkehr bei deutlich schlankeren Zulassungsvoraussetzungen auch kleinere Losgrößen möglich. Volumina unter 10 Millionen Euro sind unseres Erachtens jedoch an der Börse schlicht nicht handelbar.

Anleihen Finder: Herr Feiler, ein Anleihe-Listing in Ihrem Segment setzt die Begleitung durch einen Emissionsexperten voraus. Diese müssen bestimmte Voraus-setzung erfüllen. Welche sind das, warum diese und wie werden sie überprüft sowie eventuell auch sanktioniert?

Dr. Marc Feiler: Zum Emissionsexperten können nur in der Emittentenberatung erfahrene Unternehmen bestellt werden, die zum Börsenhandel an einer inländischen Börse zugelassen sind oder einen Emissionsexpertenvertrag mit der Bayerische Börse AG abgeschlossen haben. Wir veröffentlichen alle Emissionsexperten auf unserer Webseite – derzeit sind es zwölf. Um von uns zugelassen und bestellt zu werden, müssen die Emissionsexperten den Nachweis über eine hervorragende Kapitalmarkterfahrung erbringen – ganz konkret mindestens zehn Kapitalmarkt-Transaktionen wie Listings, IPOs oder andere Kapitalmaßnahmen begleitet haben.
Die Bestellung des Emissionsexperten kann widerrufen werden, wenn er seine sich aus dem Regelwerk für m:access ergebenden Pflichten nicht erfüllt, also wenn er zum Beispiel nicht dafür Sorge trägt, dass die vom Emittenten einzuhaltenden Verpflichtungen erfüllt werden.

Anleihen Finder: Die letzten Wochen zeigten eine gewisse Volatilität in den Kursen mittelständischer Anleihen sowie Bewertungen auch weit unterhalb der jeweiligen Emissionskurse. Welche Antworten haben Sie auf die damit verbundene Fragstellung bzw. welche Rolle spielt für Sie dabei die Liquidität? Halten Sie vor diesem Hintergrund eine Liquiditätsgarantie von 5.000 Euro und einen garantierten Spread für ein ausreichendes Maßnahmenpaket?

Dr. Marc Feiler: Eine ausreichende Liquidität für den Handel ist ein sehr wichtiger Punkt. Durch das Volumen von 25 Millionen Euro und die durch den Emissionsexperten beigebrachte Liquiditätsgarantie in Höhe von 5.000 Euro können wir dies gewährleisten. Natürlich befinden sich die Märkte gerade in einer sehr volatilen Phase, insofern sollten die Emittenten und die begleitenden Banken bzw. Makler gerade auch bei Anleihen ein besonderes Augenmerk auf die Preisstellung richten.

Anleihen Finder: Falls vorhanden soll Credit Research zu den bei Ihnen gelisteten Anleihen veröffentlicht werden. Nun ist Credit Research nicht gleich Credit Research. Stellen Sie gewisse Qualitätsanforderungen an die jeweiligen Kreditanalysten und wenn ja, welche?

Dr. Marc Feiler: Der Emittent ist in seiner Wahl frei. Der Markt kann beiden Analysten sehr wohl differenzieren. Von institutionellen Investoren ist durchaus bekannt, welche Analysten sie akzeptieren und welche nicht. Dies ist im Rahmen des Emissionskonzepts zu berücksichtigen.

Anleihen Finder: Die Börse Stuttgart hat kürzlich einen Index auf im Bondm Segment notierten Anleihen gelauncht. Wie sehen Sie dieses Produkt oder anders gefragt, passt ein „Real-Time Index“ zum Charakter einer Mittelstandsanleihe?

Dr. Marc Feiler: „Real-Time-Index“ hört sich zunächst einmal gut an. Ein solcher Index lebt jedoch von der Liquidität und Volatilität der Einzelwerte. In einem Qualitätssegment sollten die Anleihekurse eigentlich weniger schwankungsanfällig sein. Ob die konkreten Gattungen über ausreichend Liquidität verfügen, können diejenigen besser beurteilen, die den Index ins Leben gerufen haben. Als Marketing Gag fände ich einen solchen Index überflüssig.

Anleihen Finder: Gemäß des Regelwerks bieten Sie potenziellen Emittenten die Nutzung Ihres Zeichnungstools MAX-ONE an. Können Sie uns bitte die Funktionalität und insbesondere die Vorteile für Emittent und Investor kurz erläutern? Gibt es ein Mindestvolumen, das bei einer Emission über Ihr Tool angeboten werden muss?

Dr. Marc Feiler: Das „Tool“ ist eine Applikation in unserem börslichen Handelssystem. Dadurch wird es auch Privatanlegern ermöglicht, über ihre Hausbank einen Zeichnungsauftrag an der Börse aufzugeben, welchen der Makler gegen die Zahl- und Hinterlegungsstelle zu nominal ausführt. Für den Emittenten ist dieses Zeichnungstool ein idealer zusätzlicher Vertriebsweg, denn er hat damit Zugang zu allen direkt oder mittelbar an die Börse München angebundenen Banken und deren Kunden. Er kann es nutzen, muss es aber nicht, insofern gibt es auch kein Mindestvolumen. Für den Anleger bedeutet ein solches Tool die Möglichkeit, ohne Aufgabeaufschlag zu zeichnen – er zahlt lediglich Bankgebühren.

Anleihen Finder: Zum Ende unseres Interviews würde uns noch Ihr Ausblick für Mittelstandsanleihen allgemein, Ihr Segment im Speziellen und eine Aussage zu der ersten bei Ihnen zu erwartenden Emission interessieren?

Dr. Marc Feiler: Wir gehen davon aus, dass es auch ein Zukunft einen wachsenden Markt für Mittelstandsanleihen geben wird. Allerdings kommt es hier wie bei allen Produkten auf die Qualität an, dem Anleger bleibt eine genaue Einzelprüfung nicht erspart. Wir sind zuversichtlich, dass wir auch in München nach unserer Neuausrichtung bald die ersten An-leihen verkünden können – Gespräche in vielerlei Richtungen laufen bereits.

Anleihen Finder: Wir danken Ihnen für Ihre offenen Worte und wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg.

Anleihen Finder Redaktion

Foto: Bayerische Börse, München

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