Zukunftsfinanzierungsgesetz: So soll der Mittelstand profitieren

Montag, 6. Februar 2023


Beitrag von Carsten Peter, Direktor Corporate Finance bei der Quirin Privatbank AG

Die Bundesregierung hat ein Eckpunktepapier für ein Zukunftsfinanzierungsgesetz vorgelegt. In diesem wird beschrieben, wie durch verschiedene steuerrechtliche, kapitalmarkt- und gesellschaftsrechtliche Maßnahmen die Finanzierung von Zukunftsinvestitionen verbessert werden soll. Start-ups, Wachstumsunternehmen und KMU soll der Zugang zum Kapitalmarkt erleichtert werden. Auch wenn der Vorstoß der Bundesregierung an vielen Stellen noch sehr unscharf ist, so begrüßen ihn Interessenverbände der mittelständischen Wirtschaft dennoch.

Hohe bürokratische Hürden, Kosten sowie unzureichende politische Weichenstellungen haben in der Vergangenheit vielen KMU den Weg an den Kapitalmarkt verbaut. Dabei ist dieser eine wichtige Möglichkeit für kleine und mittelständische Unternehmen, sich zu finanzieren. Erklärtes Ziel des geplanten sogenannten „Zukunftsfinanzierungsgesetzes“ der Bundesregierung ist es nun, KMU und Start-ups die Tür zum Kapitalmarkt zu öffnen.

Das Eckpunktepapier der Bundesregierung

Für das geplante Gesetz werden in einem Eckpunktepapier konkrete Schritte genannt. So soll unter anderem der Freibetrag für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen von derzeit 1.440 Euro auf 5.000 Euro erhöht werden. Laut Eckpunktepapier könnten so Mitarbeitende stärker am Erfolg ihres Unternehmens teilhaben. Zusätzlich würde das Unternehmen seine Angestellten fester an sich binden. In Zeiten von allgegenwärtigem Fachkräftemangel ist Letzteres von besonderem Interesse.

Das Papier der Bundesregierung sieht außerdem die Absenkung des Mindestkapitals für einen Börsengang vor – von derzeit 1,25 Millionen Euro auf 1 Million Euro. Die Hürden, die aktuell vielen KMU, Start-ups und Wachstumsunternehmen die Kapitalaufnahme erschweren, sollen zudem mithilfe der Änderung weiterer rechtlicher Rahmenbedingungen gesenkt werden. So prüft das Bundesfinanzministerium etwa die Möglichkeit, die Investition in KMU-Anlagen für institutionelle Investoren zu erleichtern. Auch sollen bessere Rahmenbedingungen für moderne Transaktionsformen, wie etwa SPACs, geschaffen werden.

Insgesamt soll also die Aktienkultur in Deutschland gestärkt werden, denn Aktien seien „nicht nur etwas für Millionäre, sondern für Millionen“, so Finanzminister Christian Lindner im Zuge der Vorstellung des Zukunftsfinanzierungsgesetzes.

Ein Schlüsselelement für einen moderneren und attraktiveren Kapitalmarkt ist seine Digitalisierung. Deshalb soll neben dem erleichterten Kapitalmarktzugang die Möglichkeit geschaffen werden, Aktien als elektronische Wertpapiere auszugeben – möglicherweise auf Basis der Blockchain- oder vergleichbarer Technologie.  

Der Mittelstand am Kapitalmarkt

Alle genannten Punkte können und sollen dem Mittelstand den Eintritt in den Kapitalmarkt erleichtern und diesen stärken. Dies ist wichtig, denn rund 90 Prozent der Investitionen werden in Deutschland vom Privatsektor getätigt. Letztlich sorgt also nicht der Staat allein für gute Jobs, Innovation und Fortschritt. Vielmehr spielen Investoren und KMU in Deutschland eine entscheidende Rolle: Ihr Engagement und ihre Ideen halten die deutsche Wirtschaft in Bewegung.

Der Staat hat dennoch eine äußerst wichtige Funktion: Er muss es denen einfach machen, die investieren wollen oder die eine gute Idee haben. Der gute Status Quo der deutschen Wirtschaft der letzten Jahrzehnte war jedoch lange Zeit einfach aufrechtzuhalten. Der Zugang zum Kapitalmarkt blieb für viele KMU schwierig, da die Politik keinen akuten Handlungsbedarf sah – schließlich florierte der Außenhandel, die Arbeitslosigkeit war niedrig und die Staatseinnahmen wuchsen. Das Blatt hat sich jedoch gewendet: Der allgegenwärtige Fachkräftemangel, eine hohe Inflation sowie Menschen und Unternehmen, die sich um ihre Zukunft sorgen, machen eines klar: Es ist höchste Zeit gegenzusteuern und die Grundlagen für eine starke Wirtschaft neu zu setzen. Das Zukunftsfinanzierungsgesetz kommt also gerade rechtzeitig.

Carsten Peter, Quirin Privatbank AG

Hinweis: Diese KOLUMNE erschien zunächst auf dem Kapitalmarkt-Blog der Quirin Privatbank.

Mehr Informationen zu alternativen Finanzierungsmöglichkeiten finden Sie auf dem Kapitalmarkt-Blog der Quirin Privatbank unter Finanzierung Archive – Kapitalmarkt Blog

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