„Wir betrachten einen Anleihe-Emittenten primär aus der Brille eines Kreditanalysten“

Donnerstag, 15. September 2022


Im Gespräch mit dem Portfolioverantwortlichen der Mittelstandsanleihen FONDS, Florian Springer  

Die Analysten der KFM Deutsche Mittelstand AG nehmen regelmäßig die Anleihen in den Portfolien des Deutschen sowie des Europäischen Mittelstandsanleihen FONDS unter die Lupe. In ihren „Anleihen-Barometern“ bewerten sie dabei sowohl Emittenten als auch Anleihen anhand der jüngsten Geschäftsentwicklung sowie verschiedener weiterer Kriterien. Wir haben mit dem Portfolioverantwortlichen und KFM-Analysten Florian Springer über die wichtigsten Aspekte bei der Anlagenentscheidung sowie über die Resilienz der KMU-Emittenten in Krisenzeiten gesprochen.

Anleihen Finder: Hallo Herr Springer, zuletzt tätigten Sie in einem Bericht die Aussage „Mittelstandsanleihen präsentieren sich in turbulenten Zeiten als ein Fels in der Brandung“ – wie meinen Sie das? Schließlich sind auch zahlreiche Mittelständler derzeit noch von den Folgen der Pandemie und von den aktuellen geopolitischen Krisen betroffen, was teilweise auch in den Anleihen-Kursen abzulesen ist.

Florian Springer:  Einen entscheidenden Begriff haben Sie richtigerweise bereits in Ihrer Fragestellung verwendet, „teilweise“. Genau dieser treffende Zusatz macht einen Investmentfonds grundsätzlich aus, während ein Teil des Portfolios tatsächlich auch von den Folgen der Pandemie, in Form von weiter anhaltenden Lieferketten-Problematiken betroffen ist, profitieren andere von der Systematik. Selbiges trifft auch auf die Schlagzeilen beherrschende Problematik der Energieversorgung zu. Dies haben wir zeitig bei der Steuerung des Portfolios bedacht, umgesetzt und auch weiterhin im Auge – es gilt der Grundsatz, Risiken zu erkennen und möglichst zu minimieren. An der Stelle kommt ein weiterer entscheidender Begriff zum Tragen: „Diversifikation“. Dies umschreibt nicht bloß eine risikosenkende Wirkung durch eine breite Verteilung auf mehrere Wertpapiere, sondern kommt auch z.B. bei der Verteilung des Fondsvermögens auf Profiteure und leidtragende erhöhter Energiepreise zum tragen. Durch einen gesunden Mix dieser beiden Kategorien verfolgen wir das Ziel, am Ende eine ausgewogene Anlage zwischen diesen beiden Extrema herzustellen, um den Faktor Energiepreise in der Summe, also mit Blick auf das gesamte Portfolio, weitestgehend zu beseitigen. Bisher können wir mit dem Ergebnis dieser Verteilung durchaus zufrieden sein – und dafür sorgen, dass sich der Fonds als relativ robust gegenüber den diesjährigen externen Schocks erweisen konnte.

Anleihen Finder: Sie betrachten natürlich vor allem die Anleihen im Portfoliodes Deutschen Mittelstandsanleihen FONDS. Was machen Sie bei dem Anleihen-Fonds anders bzw. besser?

„Wir ermitteln mit unserem hauseigenen KFM-Scoring-Prozess eine Einschätzung zur Bonität der Mittelständler, da diese aus Kostengründen meist nicht über ein offizielles Rating verfügen“

Florian Springer: Abgesehen davon, dass wir schwerpunktmäßig in einem dynamisch wachsenden Anleihe-Segment aktiv sind, welches zudem ein abweichendes Bewegungsmuster gegenüber den gängigen Anleihesegmenten bieten kann – bietet das Segment der Mittelstandsanleihen eine Vielfalt an Emittenten und Anleihestrukturen an, welche wir innerhalb der Steuerung des Portfolios gezielt zur Senkung des Risikos und/oder zur Steigerung des Ertrages einsetzen können. Darüber hinaus ermitteln wir durch den hauseigenen KFM-Scoring-Prozess aus Sicht eines Kreditanalysten eine Einschätzung zur Bonität der Mittelständler. Dies ist ein wichtiger Faktor, da die meisten mittelständischen Emittenten aus Gründen der Abwägung von Kosten und Ertrag über kein offizielles Rating verfügen. Diese Emittenten sind daher für viele Anleiheinvestoren die sich auf Investitionen in Anleihen mit einem Rating beschränken, nicht investierbar. Durch unsere Einschätzung haben wir zum Ziel, mittelständische Unternehmen mit Potenzial zur Weltmarktführerschaft „Made in Germany“ zu identifizieren. Durch die Einbindung dieses Identifikations-Prozesses in den Investitionsprozess des Deutschen Mittelstandsanleihen FONDS konnte die KFM Deutsche Mittelstand AG vor fast zehn Jahren einen attraktiven Weg zur Investition in den deutschen Mittelstand anbieten und bisher, bezogen auf den Anteilspreis zu Jahresbeginn, den Anlegern des Fonds während der Niedrigzinsphase jedes Jahr eine Ausschüttungsrendite von über 4% bieten.

Anleihen Finder: Wie ist Ihre Herangehensweise bei Unternehmens- und Anleihen-Analysen? Worauf achten Sie besonders? Welche Kriterien sind bspw. wichtiger als andere?

Florian Springer: Die Analysten der KFM Deutsche Mittelstand AG betrachten einen Anleihe-Emittenten primär aus der Brille eines Kreditanalysten, dies bietet im Segment der Mittelstandsanleihen aufgrund der häufig fehlenden Emittenten-Ratings einen entscheidenden Vorteil. Sie schaffen sich so einen detaillierten Überblick über die Bonität und die wirtschaftliche Lage des jeweiligen Emittenten und ermitteln so dessen Fähigkeit zukünftig Zins und Tilgung bedienen zu können. Das ist zunächst die Sicht auf das Unternehmen, davon losgelöst schauen sich die Analysten der Wertpapieranalyse das jeweilige Wertpapier des Emittenten genau an. Hier gehen die Analysten nach einem etablierten und stringenten Prozess vor und ermitteln neben den gängigen Kennzahlen zur Beurteilung des Markt- und Liquiditätsrisikos, sowie der entsprechenden Renditeerwartung auch die ebenso wichtigen „Soft-Skills“ der Anleihe. Diese umfassen neben den Financial-Covenants, also der Einhaltung gewisser Finanzkennzahlen auch diverse Verpflichtungen des Emittenten während der Laufzeit der Anleihe, wie z.B. einer Verpflichtung zur Transparenz, welche auch mit Blick auf die momentanen regulatorischen Veränderungen zunehmend an Wichtigkeit gewinnt.

Hinweis: Dieses Interview erschien zunächst in der neuen Ausgabe des Anleihen Finder Newsletters (September-1-2022). Registrieren Sie sich hier für unseren kostenlosen Newsletter und seien Sie stets vorab informiert.

Anleihen Finder: Was können Sie Anlegern mit auf den Weg geben – an welchen Kriterien/Kennzahlen sollten diese sich bei Investments stets orientieren?

„Nicht alle Eier in einen Korb legen“

Florian Springer: Ganz so pauschal lässt sich diese Frage tatsächlich nicht beantworten. Das eine passende Kriterium bzw. die eine passende Kennzahl als Garant für eine „erfolgreiche“ Anlage existiert in dieser Form nicht – viel mehr kommt es zunächst auf den Anleger selbst und seine Risikowahrnehmung an, sowie auf das entsprechende Produkt bzw. die entsprechende Anlagekategorie. Darüber hinaus bildet dann ein sinnvoller Mix an Indikatoren (bzw. Kennzahlen), welche die Ziele des einzelnen Anlegers passend repräsentieren, ein hilfreiches Instrument zur Identifikation des passenden Investments. Hierbei bietet sich allerdings seit vielen Jahrzehnten eine „Weisheit“ als bewährte Vorgehensweise bei der Geldanlage an: „Nicht alle Eier in einen Korb zu legen“. Eine angemessene Risikostreuung umzusetzen z.B. in Form eines offenen Investmentfonds, der schon aufgrund regulatorischer Anforderungen stets eine adäquate Risikoverteilung aufweisen muss, sollte bei der Zusammenstellung einer Geldanlage immer eine Rolle spielen. 

Anleihen Finder: Warum sind Unternehmens-Analysen in Krisenzeiten wichtiger denn je? Inwiefern können in diesen unsicheren Zeiten verlässliche Aussagen getroffen werden?

„Mit einer Krise geht auch immer gesteigerte Unsicherheit einher – diese Unsicherheit fördert nicht selten eine irrationale Bewertung zu Tage“

Florian Springer: Schlussendlich setzt sich Qualität immer durch, diese identifizieren wir im Zuge des KFM-Scoring-Prozesses und der in dem Zuge durchgeführten tiefgehenden Analyse der Unternehmen.

Mit einer Krise geht auch immer gesteigerte Unsicherheit einher, diese Unsicherheit fördert nicht selten eine irrationale Bewertung zu Tage und sorgt so dafür, dass Anleihen trotz guter Qualität in Sippenhaft der allgemeinen Unsicherheit genommen werden können. In diesem Szenario spielt eine gute Unternehmens-Analyse ihre Stärke aus, weil aufgrund der durch Unsicherheit getriebenen irrationalen Bewertungen plötzlich Renditen (Opportunitäten) in Wertpapieren von weiterhin hervorragend aufgestellten Unternehmen auffindbar sein können, welche so in „normalen“ Zeiten nicht geboten werden. Durch einen engen Austausch unserer Analysten mit den jeweiligen Unternehmen kann die Qualität des Unternehmens weiterhin bestätigt und so die gebotene Opportunität wahrgenommen werden. Sollte dies widererwartend nicht der Fall sein, besteht eine Vielfalt an Möglichkeit seitens des Portfolio-Managements aktiv werden zu können, um das Fondsvermögen entsprechend zu schützen. Für zweiteres sehen wir derzeit allerdings keine große Veranlassung, die Unternehmen bestätigen auf beeindruckende Weise ihre Wachstumskurse und veröffentlichen teilweise geprüfte Jahresabschlüsse mit Rekordzahlen, welche sich nicht bei jeder Anleihe auch tatsächlich im Kurs wiederfinden lassen und so ein „stilles“ Potenzial erzeugen.

Anleihen Finder: Warum können Anleger des Deutschen Mittelstandsanleihen FONDS trotz volatiler und turbulenter Zeiten auch weiterhin „ruhig schlafen“?

Florian Springer: Dabei sind zwei wesentliche Faktoren zu nennen. Gerade in den Zeiten, wie wir sie momentan vorfinden und im laufenden Jahr vorgefunden haben, kommt die bereits erwähnte Vorgehensweise bei der Steuerung des Portfolios im Sinne einer stets guten Diversifikation zum Tragen. Eine zielgerichtete Streuung, nicht bloß zwischen den verschiedenen Strukturen der jeweiligen Anleihen im Portfolio des Fonds und den diversen Branchen der Emittenten, sondern ebenso durch einen sinnvollen Einsatz der Liquiditätseigenschaften der verschiedenen Anleihen konnte der Deutsche Mittelstandsanleihen FONDS im laufenden Jahr – trotz negativer Performance bei absoluter Betrachtungsweise – bei relativer Betrachtungsweise, mit Blick auf das Verhältnis zwischen Rendite und Risiko, eine der attraktivsten Anlageformate im Bereich der Rentenprodukte bieten.

„Der Markt für Mittelstandsanleihen kann vereinzelt durch allgemeine Unsicherheitsfaktoren beeinflusst werden, welche nicht direkt auf die Qualität von mittelständischen Anleihen zurückzuführen sind“

Als zweiter Faktor kommt ein extern generierter Effekt hinzu – der Markt für Mittelstandsanleihen kann vereinzelt durch allgemeine Unsicherheitsfaktoren beeinflusst werden, welche nicht direkt auf die Qualität von mittelständischen Anleihen zurückzuführen sind. So auch bei den Maßnahmen der Europäischen Zentralbank im Zuge der Aktivitäten zur Senkung ihrer Bilanzsumme und der faktischen Rückfuhr der Liquidität aus dem Marktgeschehen. Die Aktionen treffen den Markt für Mittelstandsanleihen allerdings nur indirekt, im Wesentlichen vor allem durch das Kaufprogramm betreffend Unternehmensanleihen seitens der EZB, sind die Anleihen größerer Unternehmen mit einem Bonitätsrating im Investment Grade betroffen. Dies lässt sich auch an der erhöhten Volatilität in diesen Investitionsgütern im laufe des Jahres deutlich ablesen. In dem Zuge wurden Mittelstandsanleihen zwar mittelbar in Mitleidenschaft gezogen, allerdings bietet sich bei relativer Betrachtung mit Anleihen des Investment Grade-Sektors ein durchaus zufriedenstellendes Bild zu Gunsten eines Portfolios bestehend aus Mittelstandsanleihen – dies konnten wir unseren Anlegern als kurze Analyse u.a. als Teil des monatlichen „KFM-Telegramms“ im Detail präsentieren.

Anleihen Finder: Herr Springer, besten Dank für Ihre Ausführungen.

Anleihen Finder Redaktion.

Titelbild: pixabay.com

Portraitfoto: Florian Springer, KFM Deutsche Mittelstand AG

Hier finden Sie allen aktuellen Investments des Deutschen Mittelstandsanleihen FONDS

Hier finden Sie allen aktuellen Investments des Europäischen Mittelstandsanleihen FONDS

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