„Wollen mittel- bis langfristig wieder Flutlichtnächte im Weserstadion erleben“ – Interview mit Klaus Filbry, SV Werder Bremen

Mittwoch, 7. Mai 2025


Neue Werder-Anleihe 2025/30 mit Zielvolumen von 20 Mio. Euro

Der SV Werder Bremen spielt in der laufenden Bundesliga-Saison 2024/25 eine sehr ordentliche Runde und liegt zwei Spieltage vor Schluss auf einem komfortablen 8. Tabellenplatz – selbst die Teilnahme am internationalen Geschäft ist noch möglich. In finanzieller Hinsicht bieten die Werderaner derzeit ihre zweite Unternehmensanleihe am Kapitalmarkt an und präsentieren sich anders als bei der ersten Anleihe-Emission im Abstiegs- und Coronajahr 2021, als „gesunder und ambitionierter Verein“, wie Geschäftsführer Klaus Filbry im Interview mit dem Anleihen Finder erläutert.

Anleihen Finder: Hallo Herr Filbry, Werder Bremen kümmert sich frühzeitig um die Refinanzierung der Anleihe 2021/26 – warum haben Sie sich in diesem Zusammenhang für eine neue Anleihe entschieden? Welche Vorteile sehen Sie in diesem Finanzierungsinstrument?

Klaus Filbry: Wir haben mit der Erstemission im Jahr 2021 unter schwierigen Rahmenbedingungen den Schritt an den Kapitalmarkt gewagt und diesen Weg sowohl für die Anleger als auch für uns sehr erfolgreich beschritten. Diesen Weg möchten wir nun gemeinsam weiter fortsetzen. Darüber hinaus passt das Finanzierungsinstrument für uns sehr gut in unseren seriösen Finanzierungsmix.

Anleihen Finder: Wofür sollen die neuen Anleihemittel – neben der vorzeitigen Refinanzierung des 2021er Bonds – konkret noch genutzt werden?

Klaus Filbry: Es geht zum einen um die Absicherung unserer Infrastrukturmaßnahmen in der Grünzone Pauliner Marsch. Außerdem wollen wir in Wachstumsfelder wie Frauenfußball, Digitalisierung und KI investieren.

HINWEIS: Den Wertpapierprospekt der Werder-Anleihe 2025/30 können Sie hier einsehen

Anleihen Finder: Warum haben Sie das Anleihevolumen nicht höher als 20 Mio. Euro gewählt, um bspw. noch weitere institutionelle Investoren anzuziehen und etwa bei Transfers eine gewisse Liquidität bereit zu halten?

„Transfers finanzieren wir grundsätzlich aus uns selbst heraus“

Klaus Filbry: Wir haben das Volumen bewusst so gewählt, um in unserer gesamten mittelfristigen Finanzierungstätigkeit ein adäquates Niveau zu haben. Mit einer erfolgreichen Platzierung in der Höhe des Zielvolumens schaffen wird uns einen gewissen Handlungsspielraum in unserer Liquidität. Transfers finanzieren wir dabei allerdings grundsätzlich aus uns selbst heraus.

Anleihen Finder: Sie haben Anfang des Jahres eine Eigenkapitalmaßnahme durchgeführt. Wie hoch ist der aktuelle Bestand an liquiden Mitteln und wie hoch ist das Eigenkapital von Werder?

Klaus Filbry: Wir konnten durch den Einstieg des Regionalen Bündnisses, das 38 Mio. EUR in den Club investiert hat, eine deutliche Verbesserung der Liquiditäts- und Eigenkapitalsituation vornehmen und weisen – wie im Halbjahresbericht zum 31. Dezember 2024 beschrieben – ein deutlich positives Eigenkapital aus.

HINWEIS: Hier finden Sie den Halbjahresbericht 2024/25 des SV Werder Bremen

Anleihen Finder: Sie hatten es anfangs bereits angedeutet:Zum Zeitpunkt der letzten Anleihe-Emission ist Werder in die 2. Bundesliga abgestiegen. Nun spielt Bremen um die Europapokalplätze mit –was hat sich an den Rahmenbedingungen sonst noch verändert? Wie hat sich Werder generell in den letzten Jahren als Unternehmen/Marke entwickelt?

„Die Nachfrage nach Tickets für Werder-Spiele ist riesengroß – Werder hat eine enorm hohe Strahlkraft“

Klaus Filbry: Durch den Abstieg hat sich unsere Einnahmesituation bei den TV-Geldern verringert. Im Vergleich zum letzten Jahr in der Bundesliga vor dem Abstieg erhalten wir heute rund 20 Mio. EUR weniger an TV-Geldern. Allerdings haben wir seit dem Abstieg eine sehr positive Entwicklung genommen. Die Nachfrage nach Tickets für Werder-Spiele ist riesengroß, wir haben im Rahmen der Feierlichkeiten zum 125-jährigen Bestehen festgestellt, welche Strahlkraft unser Verein hat. Im Vertrieb haben wir im letzten Jahr ein Rekordergebnis erzielt und sind dort weiterhin auf Wachstumskurs. Wir konnten ein Regionales Bündnis als Minderheitengesellschafter für den Verein gewinnen. Zudem haben wir Verträge mit wichtigen Partnern wie Matthäi oder hummel langfristig abgeschlossen. Das sehr emotionale Diego-Abschiedsspiel und das Halbfinale der Werder-Frauen im Pokal beim Hamburger SV vor 58.000 Zuschauern haben zudem zu einem enormen Imagegewinn von Werder geführt.

Anleihen Finder: Welche Risiken (z. B. sportlicher Abstieg, Einnahmerückgänge, höhere Finanzierungskosten) wurden bei der Planung der neuen Anleihe berücksichtigt und wie sind entsprechende Gegenmaßnahmen ausgestaltet?

Klaus Filbry: Durch die Erfahrungen aus der ersten Anleihe, nach deren Begebung wir abgestiegen sind, konnten wir viele potentielle Risiken benennen und Maßnahmen zu deren Eindämmung ergreifen. So war zum Beispiel die Variabilisierung der Lizenzspielerverträge beim Abstieg ein wichtiger Faktor, um während der Zweitklassigkeit unseren Kosten-Apparat massiv zu reduzieren. Wir waren durch die kluge Vertragsgestaltung von Frank Baumann in der Lage, unsere Kaderkosten von 47 Mio. EUR auf 18 Mio. EUR zu senken und zudem Transfererlöse zu erzielen.

Anleihen Finder: Wen sprechen Sie mit der neuen Anleihe an?Warum sollten Alt-Anleger das aktuelle Umtauschangebot annehmen und womöglichsogar HSV-Fans die neue Werder-Anleihe zeichnen?

„Die erste Anleihe von Werder Bremen war die erfolgreichste Anleihe, die in Deutschland von einem Sportverein ausgegeben worden ist“

Klaus Filbry: Die erste Anleihe von Werder Bremen war die erfolgreichste Anleihe, die in Deutschland von einem Sportverein ausgegeben worden ist. Wir wollen diese Erfolgsgeschichte mit einem attraktiven Angebot von 5,75% bis 6,25 % Zinsen sowohl für Neuzeichner als auch für Anleger, die die erste Anleihe umwandeln wollen, fortsetzen.

Anleihen Finder: Schauen wir nochmal genauer auf die finanzielle Situation –wie bewerten Sie die finanzielle Entwicklung von Werder Bremen in den letzten drei Geschäftsjahren?

Klaus Filbry: Wir haben uns in den letzten Jahren von einem Patienten, der bedingt durch die Corona-Krise und den Abstieg auf der Intensivstation war, wirtschaftlich und sportlich wieder zu einem gesunden und ambitionierten Verein entwickelt, der jetzt drei Jahre hintereinander sicher die Klasse halten konnte und der mittel- bis langfristig anstrebt, wieder Flutlichtnächte im Weserstadion zu erleben.

„Haben uns von einem Patienten auf der Intensivstation zu einem gesunden Verein entwickelt“

Anleihen Finder: Zum Halbjahr 24/25 mussten Sie einen Periodenverlust von 5 Mio. Euro ausweisen – was sind die Gründe dafür und wie planen Sie operativ für das Gesamtjahr 24/25?

Klaus Filbry: Wir haben im letzten Sommer geplant auf größere Transfererlöse verzichtet, weil es uns wichtig war, Stammspieler an den Verein zu binden und keine tragenden Säulen zu verkaufen. Daraus lässt sich das Defizit erklären. Mit Blick auf die nächste Transferperiode werden wir sicherlich Erlöse erzielen müssen. Stand jetzt gehen wir von einem ausgeglichenen Ergebnis für das laufende Geschäftsjahr aus, dafür müssen aber noch ein paar Hausaufgaben erledigt werden.

Anleihen Finder: Wie abhängig ist Werder allgemein von Transfererlösen? Und wie entwickeln sich die anderen bedeutenden Einnahmenquellen wie Ticketing, Sponsoring und Merchandising? Welchen Effekt haben darüber hinaus die neuen TV-Verträge auf die Einnahmesituation?

Klaus Filbry: Werder Bremen wird immer von Transfererlösen abhängig sein, daher müssen wir gut scouten und schlaue Transfers machen, um Spieler mit Wertsteigerung zu verkaufen. Transfererlöse sind neben den TV-Einnahmen signifikanten Erlösquellen. Durch den sehr gut ausgehandelten TV-Vertrag haben wir für die nächsten vier Jahre als Liga Planungssicherheit. Wir hoffen, durch eine gute Platzierung zum Ende dieser Saison auch in der TV-Tabelle noch einen Platz gut machen zu können. Ein Platz bringt ca. 2,8 Mio EUR Mehreinnahmen. Die Entwicklungen in den anderen genannten Bereichen sind absolut positiv. Sowohl im Sponsoring als auch im Merchandising haben wir zuletzt Rekordeinnahmen gehabt. Im Ticketing sind die Spiele von Werder im Heimbereich immer ausverkauft, auch bei Sonderveranstaltungen wie dem Diego-Abschiedsspiel waren wir ausverkauft.

„Werder Bremen wird immer von Transfererlösen abhängig sein“

Anleihen Finder: Gibt es Pläne, weitere Einnahmequellen zu erschließen – z. B. durch Internationalisierung, neue Sponsoren oder digitale Geschäftsmodelle?

Klaus Filbry: Wir sind immer auf der Suche, um neue Erlösquellen zu erschließen. Ein besonderer Fokus liegt aber auch darauf, das Potential bestehender Erlösquellen durch die Schaffung neuer innovativer Angebote weiter zu erhöhen. In Bezug auf die Anleihe sehen wir ja einen Teil der Mittel für Investitionen im Frauenfußball vor, einen Bereich den wir als einen wichtigen Wachstumsmarkt einschätzen.

Anleihen Finder: Abschließend: Was sind sowohl die finanziellen als auch die sportlichen Ziele des SV Werder Bremen in den kommenden drei bis fünf Jahren?

„Durch gutes Management wollen wir bei Werder auch in Zukunft aus weniger mehr machen“

Klaus Filbry: Für uns gilt es, den wirtschaftlich und sportlich positiven Weg der letzten Jahre fortzusetzen. Sportlich wollen wir auch in den nächsten Jahren ein fester Bestandteil der Bundesliga sein. Das ist die Grundlage für uns. Aufbauend auf die Entwicklung der letzten drei Jahre haben wir das Ziel, mittelfristig auch wieder Flutlichtnächte im Weserstadion zu erleben. Wirtschaftlich haben wir mit dem Einstieg des Strategischen Partners und der Neuemission der Anleihe wichtige richtungsweisende Schritte vollzogen, die zur wirtschaftlichen Konsolidierung beigetragen haben. Durch gutes Management wollen wir bei Werder auch in Zukunft aus weniger mehr machen. Wir wollen Spieler entwickeln und darüber Transfererlöse erzielen. Wir wollen Werder aber auch in allen anderen Bereichen weiterentwickeln, daher wollen wir auch in Wachstumsfelder wie Frauenfußball, Digitalisierung und KI investieren.

Anleihen Finder: Herr Filbry, besten Dank.

Anleihen Finder Redaktion.

Alle Fotos – Credit: SV Werder Bremen

Hinweis: Dieses Interview erschien zunächst in der neuen Ausgabe des Anleihen Finder Newsletters (07-2025). Registrieren Sie sich hier für unseren KOSTENLOSER NEWSLETTER und seien Sie stets informiert.

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Werder Bremen Anleihe 2021/26

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