„Sustainable Finance“: Nachhaltige Investments im Mittelstand

Montag, 31. Mai 2021


Beitrag von Dr. Stefan Bund & Jonathan Meyer, SDG INVESTMENTS GmbH

Mittelständische Unternehmen in Deutschland werden als Wirtschafts- und Beschäftigungsmotor verstanden. Die vielen Familienunternehmen und „Hidden Champions“ von Brandenburg bis zum Schwarzwald exportieren ihre Innovationen in die Welt, erfinden sich ständig neu und tragen so immens zur Stabilität der deutschen Volkswirtschaft bei. Im Umgang mit den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie wird ein starker Mittelstand eine wichtige Rolle spielen.

Durch den Mittelstand entsteht nicht nur ökonomisches Wachstum. Auch ist er in der Lage, Treiber für die Generierung ökologischer und sozialer Werte zu sein. Der damit verbundene Finanzierungsbedarf steigt stetig an, und macht nachhaltige Investments in den Mittelstand somit zu einer zunehmend attraktiven Assetklasse, auch für institutionelle Investoren.

Verantwortung in der DNA

Wie in allen Branchen und unabhängig von der Unternehmensgröße ist auch im Mittelstand die sozial und politisch getriebene Ausrichtung auf nachhaltiges Wirtschaften der Treiber des Wandels. Es gilt, Bewusstsein und eine proaktive Herangehensweise an soziale und ökologische Herausforderungen zu schaffen. Dabei sind mittelständische Unternehmen, auch wenn sie aufgrund ihrer Größe häufig nicht an Vorgaben der Nachhaltigkeitsberichterstattung gebunden sind, tendenziell nachhaltiger ausgerichtet als große Unternehmen. Sie haben meist eine langfristigere Orientierung, schauen über Quartalsberichte hinaus, legen Wert auf ihre regionale Verwurzelung und handeln daher im Sinne sozialer und gesellschaftlicher Verantwortung. Für die Mitarbeiter, Partner, Lieferanten, die Umwelt und die Region. Kurz: Sie wissen, welchen Stellenwert der Einbezug aller Stakeholder für ihren Erfolg einnimmt.[1]

Treiber für die SDGs

Mit diesem Grundgerüst an Verantwortungsbewusstsein ist der Mittelstand in der Lage, einen essenziellen Beitrag zur Erreichung der 17 globalen Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals, SDG) zu leisten, welche im September 2015 von allen 193 Mitgliedsstaaten der UN unterzeichnet wurden.

Abbildung: Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen

Sie können ihre Geschäftsmodelle in Bezug auf Nachhaltigkeit effizient und zielgerichtet optimieren, und so neue Marktfelder erschließen oder das Angebot ausweiten. So haben zu Beginn der Corona-Pandemie einige KMUs bestehende Kapazitäten genutzt, um in die Produktion der medizinischen Masken einzusteigen und so eine Unterstützung zu SDG 3 – „Gesundheit und Wohlergehen“ geleistet.[2] Dabei ist eine proaktive Herangehensweise an die SDGs ein Innovationstreiber, und hilft gleichzeitig, Risiken des unternehmerischen Handelns systematisch zu identifizieren und zu bearbeiten. Entlang der Lieferkette versuchen viele mittelständische Unternehmen durch die intensive Pflege von Beziehungen und gemeinsamer Werte, Transparenz in die Wertschöpfung zu bringen und so einen Beitrag zur Erreichung von SDG 8 – „Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum“ zu erbringen.

Bei vielen Start-Ups macht die Nachhaltigkeit per se den Kern des Geschäftsmodells aus; sie wirken damit direkt auf die Nachhaltigkeitsziele ein. Besonders häufig stehen dabei die SDGs „bezahlbare und saubere Energie“, „nachhaltige Städte und Gemeinden“, „nachhaltiger Konsum und Produktion“, sowie „Maßnahmen zum Klimaschutz“ im Vordergrund.  Häufig schaffen es die Unternehmen auch die Herausforderungen mehrerer SDGs mit ihrem Geschäftsmodell anzugehen:

Abbildung: Wie Start-Ups die SDG unterstützen (Auswahl)

Der KMU-Markt wird grüner

Mit der Realisierung der Chancen der Nachhaltigkeit und einer Orientierung an den SDGs ziehen auch KMUs zunehmend institutionelle Investoren an, welche mittlerweile mehrheitlich Wert auf nachhaltige Investments legen.[3] Nicht zuletzt aufgrund der Entwicklungen durch den Aktionsplan „Sustainable Finance“ der Europäischen Union und damit einhergehenden Verpflichtungen.

Wollen Anleger also auf direktem Wege nachhaltig in den Mittelstand investieren, sind Kapitalmarkt-Finanzierungen ein attraktives und zunehmend genutztes Instrument. KMUs können so eine langfristige Fremdkapitalfinanzierung nutzen, ohne auf Bankkredite zurückgreifen zu müssen. Im Fokus stehen hier insbesondere Mittelstandsanleihen. Deren Emissionsvolumen hat sich von 2013 bis 2020 von Euro 50 Mio. auf Euro 185 Mrd. ausgeweitet.[4] Wenn diese auch noch nachhaltige Geschäftsmodelle unterstützen, spricht man von Green Bonds, Sustainability Bonds, Climate Bonds oder Social Bonds[5] – zumal wenn mit Second Party Opinions (SPO) einer anerkannten Nachhaltigkeitsagentur ausgestattet.[6] Diese Anleihen sind für das Unternehmen meist zweckgebunden,  heißt, dass die gewonnenen finanziellen Mittel je nach Art der Anleihe unmittelbar in ökologische oder soziale Zwecke fließen müssen.[7]

Direkte Investments wie bspw. ein „Green Bond“, können über den Primärmarkt direkt bei der Emission gezeichnet werden. Zugang zu diesen erhält der Investor über emissionsbegleitende Corporate Finance Häuser, Banken, oder digital über Zeichnungsplattformen wie sie z. B. von der SDG INVESTMENTS GmbH[8] angeboten werden. Besonders aktiv in diesem Segment sind sogenannte „buy and hold“-Investoren, bei welchen die Vorteile des attraktiven Yield die aufgrund der Emissionsvolumina nur geringe Sekundärmarktliquidität eindeutig überwiegen.

Indirekte Investments wie Nachhaltigkeitsfonds mit Fokus auf KMUs sind für Anleger interessant, welche das Risiko durch Diversifikation streuen und nicht auf Einzelanlagen setzen wollen. Auch in diesem Bereich entstehen zunehmend neue Investmentoptionen, wie zum Beispiel der CSR Bond Focus SDG Fonds (WKN: A2PT14) oder die von der KFM Deutsche Mittelstand AG angelegten Fonds mit Fokus auf nachhaltige Investments in den deutschen oder europäischen Mittelstand (WKN: A2PF0P und A1W5T2). Die Produkte der Fondsgesellschaften sind dabei auch handelsüblich über Banken oder die klassischen Börsenplätze zugänglich.

Welche Rendite bieten nachhaltige Investments in den Mittelstand?

Häufig wird nachhaltigen Geldanlagen nachgesagt, sie gehen mit einem Renditeverzicht gegenüber traditionellen Anlagen einher. Nachhaltige Investments in den Mittelstand widerlegen dies aus zweierlei Gründen:

Zum einen sind nachhaltige Investments per se attraktiv. Die Vielfalt an Investmentopportunitäten, welche über den Zweck des Shareholder Values hinausgehen, steigt jährlich an. Studienergebnisse belegen dabei, dass Unternehmen, welche Nachhaltigkeit proaktiv angehen und eine strikte ESG-Politik verfolgen, eine überdurchschnittliche Performance über einen längeren Zeitraum hinlegen. SDGs und Rendite schließen sich somit keineswegs aus und sind vielmehr positiv korreliert.[9]

Zum anderen haben Mittelstandsanleihen oft einen höheren Coupon als Emissionen großer Emittenten.[10] So liegt beispielsweise die effektive Rendite des aktuellen Portfolios des Mittelstandsanleihen-Index GBC MAX, in welchem auch ESG-Kriterien und Nachhaltigkeit berücksichtigt werden, bei 5,82%.[11]

Abbildung: Auswahl nachhaltiger Mittelstandsanleihen

Bei Fonds mit vielen Titeln kann das Assessment der tatsächlichen Nachhaltigkeit der Produkte, Prozesse oder des Geschäftsmodells für Anleger komplex sein. Vielfalt erfordert Transparenz. Der Bund will Anleger hier unterstützen und mit seiner „Sustainable Finance“-Strategie eine „Nachhaltigkeits-Ampel“ für Fonds einführen.[12] Im Markt bekannt sind bisweilen unterschiedliche Siegel und Zertifizierungen für Fonds, wie das FNG Siegel, LuxFlag ESG oder das ISR Label. Die Nachhaltigkeit von Einzelanlagen hingegen wird meist durch Ratings überprüft. Hierbei ist der Markt für mittelständische Unternehmen jedoch nicht ausreichend abgedeckt. Große Ratingagenturen wie Sustainalytics fokussieren sich hauptsächlich auf börsennotierte, große Unternehmen. Das deutsche Unternehmen imug I rating hat sich dieser Problematik gewidmet und ein auf mittelständische Unternehmen zugeschnittene Rating-Methodik für Nachhaltigkeit entwickelt. Mit der fehlenden gesetzlichen Berichtspflicht für viele Mittelständler ist dies ein für alle Akteure des Kapitalmarkts wichtiger Schritt in eine transparentere Zukunft.3

Fazit

Um einen nachhaltigen Wandel der Wirtschaft und die für 2030 angestrebten Klimaziele auf breiter Ebene voranzutragen, bedarf es vor allem auch der nachhaltigen Geschäftsmodelle mittelständischer Unternehmen und Start-ups. Der damit einhergehende Kapitalbedarf kann in eine win-win-Situation münden, wenn dieser Kapitalbedarf von institutionellen Investoren gedeckt wird. Diese können ihr Portfolio nachhaltiger und renditestärker ausrichten, gleichzeitig dienen die Investitionen als Katalysator für den Wandel in den Unternehmen und der Wirtschaft als Ganzes. Notwendig dafür ist jedoch, dass institutionelle Investoren diese sich bietende Chance auch erkennen, und nachhaltiges Investieren nicht nur als Fortsetzung der bisherigen, auf liquide Large Caps fokussierten Strategien im grünen Gewand sehen.

Dr. Stefan Bund und Jonathan Meyer, SDG INVESTMENTS GmbH

Titelbild: pixabay.com

Grafiken im Text: SDG INVESTMENTS GmbH

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[1] https://www.imug.de/imug-rating/blogbeitraege/nachhaltige-analysen/

[2] https://www.handelsblatt.com/adv/financetoday/mittelstand-und-unternehmenswachstum-das-geschaeft-mit-der-maske/27087402.html

[3]https://www.imug.de/fileadmin/user_upload/Downloads/imug_rating/FNG_Sonderpublikation_Institutionelle_Investoren_2017_09_25_.pdf

[4] https://www.hedgework.de/archiv_beitrag/die-durchschnittsrendite-liegt-bei-6-5-prozent.html

[5] https://www.icmagroup.org/sustainable-finance/the-principles-guidelines-and-handbooks

[6] Die am Markt dominierenden Rankingagenturen im Bereich der Nachhaltigkeit sind ISS ESG (Oekom Research), MSCI ESG, Sustainalytics, Vigeo Eiris und das deutsche Unternehmen Imug Rating

[7] https://www.lbbw.de/artikelseite/banking-erleben/anleihe-green-bond_9uz8bsi4y_d.html

[8] www.sdg-investments.com

[9] https://www.bcg.com/de-de/publications/2017/total-societal-impact-new-lens-strategy

[10] Dies ist neben der oben erwähnten geringen Liquidität auch dem Fehlen eines Kreditratings einer der großen Ratingagenturen zu schulden.

[11] (Stand 15.03.2021) – https://www.anleihen-finder.de/mittelstandsanleihen-index-gbc-max-trotz-pandemie-auf-allzeithoch-niveau-00051496.html

[12] https://www.fondsprofessionell.de/news/vertrieb/headline/berlin-plant-nachhaltigkeits-ampel-fuer-fonds-206664/

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Kommentare

  1. Dominik La

    ich denke mal, mit solchen nachhaltigen Investments kann man für die Zukunft nichts falsch machen… wir MÜSSEN unsere Produktions- und Lebensweise nun so verändern, dass wir in Zukunft zumindest Co2-neutral leben können… das heißt ja nicht, dass wir kein Co2 mehr ausstoßen dürfen (wäre auch kaum möglich bei normalen Atmen :-)), sondern dass wir zumindest all das absorbieren, was wir ausstoßen… früher oder später wird da viel in die Richtung passieren. Wenn man sich jetzt schon damit beschäftigt, ist man den anderen einen Schritt voraus.

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