Sündenbock gesucht – Sind die Emissionsberater an den vielen Pleiten auf dem Minibond-Markt schuld?

Freitag, 12. Juni 2015

„Enttäuscht“ sei die Frankfurter Börse von der Arbeit der Emissionsberater auf dem Markt der Minibonds. So antwortete sinngemäß Eric Leupold, Head of Issuer & Primary Market Relations der Deutschen Börse AG, im Finance TV-Interview. Zudem besprach er, ob Emissionsberater künftig für fehlerhafte Angaben in Wertpapierprospekten haften sollten. Auf den ersten Blick ist ein Sündenbock für die Mittelstandsanleihen-Pleite(n) hier schnell gefunden.

Doch so einfach ist das nicht. Wenn der Minibond-Markt 2.0 kommen und Erfolg haben soll, sind nicht allein die Emissionsberater gefragt. Mehrere Köche stehen in der Küche. Fakt ist, dass an einer Emission neben Beratern platzierende Banken, Rating-Agenturen, Anwälte, Wirtschaftsprüfer, Researchhäuser und nicht zuletzt Journalisten beteiligt sind.

Schon in 2012 wies Analyst Peter Thilo Hasler – damals noch bei der Blättchen & Partner AG – in einem Anleihen Finder-Interview auf die begrenzten Möglichkeiten der Emissionsberater hin. Nach der Emission hätten Berater keinen Einfluss sowohl auf die Mittelverwendung der Anleihe-Millionen als auch auf die wirtschaftliche Entwicklung der Emittenten.

Versucht sich hier ein Emissionsberater herauszureden?  

Peter Thilo Hasler, Mitspieler beim Anleihen Finder-Musterdepot-Wettbewerb 2015, kommt richtig in Fahrt, wenn er die Lage der Emissionsberater beschreibt: „Jetzt bin ich aber auch ‚enttäuscht‘“, sagt er im Gespräch mit der Anleihen Finder Redaktion. „Ich meine, dass die wenigsten Berater und Banken ihre Reputation leichtfertig aufs Spiel setzen, um ein Unternehmen wider besseren Wissens an die Börse zu bringen. Unterschreiben würde ich jedoch, dass es unter den Beratern und Banken erhebliche Qualitätsunterschiede gibt. Doch die gibt es auch unter den Investoren, seien es Asset Manager, Vermögensverwalter, institutionelle Fondsmanager oder Privatkunden“, so Hasler, der geschickt den Blick auf die Rolle der Investoren und deren Entscheider-Rolle lenkt:

„Am Ende des Tages drückt immer der Investor auf den ‚Kaufen‘-Button und gibt die Order auf. Die ureigenste Aufgabe eines Investors ist es, die finale Einwertung eines Investments zu tätigen und diejenigen, die ihm etwas ‚verkaufen‘ wollen, kritisch zu hinterfragen. Also das Management, die Ratingagentur, die Banken, die Berater und die Analysten. Diese Verantwortung darf dem Investor nicht genommen werden, denn das wäre der Untergang des Kapitalmarktes. Wer einen Siebenprozenter kauft, weiß, dass es diese Rendite nicht umsonst gibt“, meint Hasler.

Hasler, der mit zwanzig Jahren Kapitalmarkterfahrung spricht, sieht bei Börsen und Banken Verbesserungsmöglichkeiten. Seine Vorschläge klingen, als wolle jemand beim Aufbau des Minibond-Marktes 2.0 behilflich sein und nicht von der Verantwortung der Berater ablenken wollen:

Quartalszahlen veröffentlichen

„Warum kann die Börse Emittenten nicht dazu verpflichten, Quartalszahlen zu veröffentlichen? Unternehmen am Entry Standard haben drei Monate Zeit, ihren Halbjahresbericht zu veröffentlichen und sechs Monate, den Jahresabschluss zu veröffentlichen. Das heißt, dass eine ganze Reihe von Unternehmen zwischen dem 30.09. und dem 30.06. nichts von sich hören lassen. Neun Monate also, nicht sechs. Wenn dies nun im Interview damit abgetan wird, dass eine quartalsweise Berichterstattung den Neuen Markt nicht verhindert habe, hat leider nichts verstanden. Umweltbedingungen können und werden sich in neun Monaten so dramatisch verändern, dass sich die Entscheidung eines Investors, in eine Anleihe zu investieren oder nicht, sich ebenfalls verändert. Wer darüber nichts erfährt, kann seine Anlageentscheidung auch nicht hinterfragen. Von Unternehmen, die Anleihen emittieren, muss man ein funktionsfähiges Controlling verlangen können, und das heißt eben auch, dass ein vierteljährliches Reporting ohne Zusatzaufwand möglich sein muss“, argumentiert Peter Thilo Hasler.

Für die Banken hat Hasler folgenden Verbesserungsvorschlag im Köcher: „Man könnte Banken stärker in die Pflicht nehmen, indem die Fees der Banken über einen längeren Zeitraum gestreckt werden. Ich stelle mir vor, dass die Emittenten die Platzierungsgebühr auf ein Treuhandkonto überweisen und die Banken ihre Provisionen über die Laufzeit gestreckt erhalten. Geht der Emittent insolvent, gibt es danach ab da auch keine Fee mehr“, schlägt Peter Thilo Hasler vor.

Unabhängige Analysen

Und nicht ganz uneigennützig zaubert Analyst Hasler den Vorschlag aus dem Hut, dass die Börse als unabhängige Plattform und nicht die Emittentin Research-Berichte in Auftrag gibt. „Man könnte Emittenten zu einem unabhängigen Anleihe-Research verpflichten. Denn Analysten blicken stärker die Zukunft als Ratingagenturen. Dieses Bond-Research könnte beispielsweise von der Deutsche Börse in Auftrag gegeben werden, um eventuelle Gefälligkeitsstudien zu umgehen. Es muss ein Umfeld geschaffen werden, in dem Information einen Wert hat.“ So könnte tatsächlich eine gerade Nummer der krummen, dass Rating-Agenturen von Emittenten für Ratings bezahlt werden, entgegengesetzt werden.

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Aneihen Finder Redaktion

Foto: Kecko/flickr

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