So funktioniert die Anleihen-Zuteilung bei m:access

Mittwoch, 2. Mai 2012

Interview: Wenn es mehr zeichnungswillige Investoren als Anleihen gibt, müssen die Börse und der Emittent gemeinsam eine Lösung finden.

Dr. Rainer Wienke von der Rechtsabteilung der Bayerische Börse AG erläutert die Vorgehenweise.

Anleihen Finder: Wie genau funktioniert die Zuteilung von Wertpapieren bei der Emission von Anleihen in „m:access bonds“?

Dr. Rainer Wienke:
Bei der Emission von Anleihen stellt die Bayerische Börse AG in der Zeichnungsphase eine spezielle Zeichnungsfunktionalität als technische Plattform zur Abgabe und Annahme von Zeichnungsaufträgen über ihr börsliches Handelssystem MAX-ONE zur Verfügung. Die innerhalb der vom Emittenten definierten Zeichnungsphase eingehenden Zeichnungsaufträge werden vom sog. Orderbuchmanager in dessen Zeichnungsorderbuch aufgenommen. Vom System werden die eingehenden Zeichnungsaufträge jeweils wie eine Kauforder behandelt. Der Orderbuchmanager meldet – in der Regel einmal täglich – den Gesamtbestand der bis zum jeweiligen Zeitpunkt eingegangenen Aufträge an die sog. Zahl- und Hinterlegungsstelle. Die Zahlstelle nimmt die durch den Orderbuchmanager übermittelten Aufträge durch Erteilung einer Verkaufsorder an. Nach Annahme durch die Zahlstelle initiiert der Orderbuchmanager die Preisfeststellung im börslichen Handelssystem zum Emissionsfestpreis. Die jeweiligen Geschäfte kommen unter der Bedingung zustande, dass die gezeichneten Anleihen am Valutatag – dem Tag der Ausführung der Geschäfte – tatsächlich (rechtlich) entstehen.

Anleihen Finder: Wenn eine Mittelstandsanleihe sehr begehrt und rasch überzeichnet wäre: Wie würde entschieden, welcher Investor den Zuschlag erhält?

Dr. Rainer Wienke:
Für den Fall, dass die Nachfrage nach einer Anleihe das Angebot übersteigt, also eine Überzeichnung vorliegt, hat der Orderbuchmanager nach unserem Regelwerk in Absprache mit der Zahlstelle für die betroffenen Kaufaufträge eine dann anteilige Annahme durch die Zahlstelle, also eine Repartierung, zu veranlassen. In der Praxis erfolgt insoweit eine quotale Zuteilung am Maßstab der jeweiligen Zeichnungssumme, wobei Aufträge, welche maximal in Höhe der Mindeststückelung erteilt wurden, immer voll zugeteilt werden. Der übersteigende Betrag wird danach prozentual nach der Zeichnungssumme aufgeteilt. Sofern die Summe der voll zugeteilten Aufträge insgesamt den zur Verfügung stehenden Emissionsbetrag überschreitet, erfolgt die Zuteilung grundsätzlich nach Zeitpriorität.

Im Übrigen werden sich die Fälle einer Repartierung in Grenzen halten, da eine solche durch den in der Regel (mindestens) einmal täglich stattfindenden „Abgleich“ zwischen Orderbuchmanager und Zahlstelle und der jederzeitigen Möglichkeit, das Zeichnungsorderbuch bei einer Überzeichnung zu schließen, vermieden werden kann.

Anleihen Finder: Wie sähe es mit der Zuteilung von Anleihen an institutionelle und Retailinvestoren aus? Gibt es hier klare Regeln? Gibt es für Privatinvestoren eine Zuteilungsbevorzugung?

Dr. Rainer Wienke:
Eine Unterscheidung nach institutionellen Anlegern und Retailinvestoren findet in MAX-ONE nicht statt: Alle Zeichnungsaufträge werden dem Grundsatz nach gleich behandelt. Eine Bevorzugung für Privatinvestoren gibt es damit ebenso wenig wie eine Bevorzugung institutioneller Investoren. Einfluss auf die tatsächliche Zuteilung kann vielmehr die Zeichnungssumme haben, so etwa im beschriebenen Fall der Überzeichnung.

Anleihen Finder: Wer entscheidet bei der Bayerischen Börse über den Zuteilungsschlüssel (Konsortialbank/ Emittent/weitere) einer Anleihe?

Dr. Rainer Wienke:
Maßgeblich für die tatsächliche Zuteilung ist das Verhalten der Zahl- und Hinterlegungsstelle, die in Abstimmung mit dem Emittenten agiert. Dabei ist zu bedenken, dass die Zahlstelle Kaufaufträge aus ganz unterschiedlichen „Kanälen“ erhält, deren Bedienung nach einem vordefinierten Schlüssel erfolgen kann, aber nicht muss. Ein Zuteilungsschlüssel bietet sich prinzipiell dann an, wenn ein bestimmter Investorenmix angestrebt wird. Dann kann es durchaus sein, dass die Zahlstelle Kaufaufträge aus der börslichen Zeichnungsfunktionalität nur bis zu einem bestimmten Gesamtvolumen annimmt mit der Folge, dass das Zeichnungsorderbuch bei Erreichung dieses Volumens geschlossen wird.

Vielen Dank für diese Einblicke.

Anleihen Finder Redaktion

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