Singulus Technologies AG: Der Experte für Beschichtungstechnik will wachsen

Mittwoch, 7. März 2012

Die SINGULUS TECHNOLOGIES AG aus Kahl am Main begibt zum ersten Mal eine Unternehmensanleihe.

Die Papiere im Gesamtvolumen von bis zu 60 Millionen Euro haben einen Kupon von 7,75 % und sind zum März 2017 fällig. Anleihen Finder sprach mit Dr.- Ing. Stefan Rinck, Vorsitzender des Vorstands der Singulus Technologies Aktiengesellschaft, über die Lage des Unternehmens und die Hintergründe der Anleihe-Emission.

Anleihen Finder: Sehr geehrter Herr Dr. Rinck, Singulus Technologies baut High-Tech Anlagen für die Herstellung von High-Tech Endprodukten, wie z.B. Blu-ray Discs, Dünnschichtsolarzellen oder auch MRAM-Speicher. Die Endprodukte dürfte jeder Leser einordnen können, die Dimensionen der dafür notwendigen Maschinen wohl eher weniger. Wie kann man sich z.B. den Produktionsprozess einer Anlage zur Herstellung von Blu-ray Discs vorstellen und wie viele Anlagen stellen Sie pro Jahr her? Wer kauft diese Anlagen und was müssen die Käufer dafür auf Ihr Konto überweisen?

 Stefan Rinck Die Blu-ray Disc ist ein sehr leistungsfähiges Produkt. Sie speichert 50 GB Daten auf 2 Lagen. Es gibt kein preiswerteres Speichermedium für 50 GB. Ein Teil der Disc wird in einer Spritzgießmaschine von SINGULUS aus Polykarbonat gespritzt. Mittels einer Matrize werden bei diesem Arbeitsschritt die ersten 25 GB der Daten in den Kunststoff geprägt. In der BLULINE II werden dann nach mehreren Zwischenschritten in einen noch flüssigen Lack die zweiten 25 GB Daten geprägt. Damit die Disc von Blu-ray Playern abgespielt werden kann, erhält sie im Vakuum zwei reflektierende Beschichtungen. Der Laser des Abspielgerätes kann die Information lesen und zum Beispiel einen Film abspielen. Alle Schritte werden vollautomatisch in unserer BLULINE II durchgeführt. Ein solches Blu-ray Produktionssystem kostet  – je nach Lieferumfang – ungefähr 1,7 Mio. Euro. Wir haben letztes Jahr mehr als 45 dieser Maschinen verkauft.

Anleihen Finder Nachdem Sie uns gerade schon einen Einblick in Ihr Geschäftsfeld „Optische Speichermedien“ gegeben haben, können Sie uns bitte noch die beiden anderen Segmente der Singulus Gruppe – Solar und Halbleiter – erläutern?

Stefan Rinck In unserem Solarsegment bieten wir Fertigungsmaschinen für Solarzellen an. Für Silizium-und auch für die Dünnschicht-Solarzellen, das sind praktisch bereits fertige Solarmodule aus Glas. Mit unseren Maschinen beeinflussen wir maßgeblich die Qualität und Leistungsfähigkeit einer Solarzelle. Wir fertigen bei unserer Tochtergesellschaft in Fürstenfeldbruck Anlagen für die Nasschemie für beide Gebiete. In Kahl haben wir Beschichtungsanlagen für Silizium-Solarzellen und für Dünnschicht-Solarzellen entwickelt. Besonders erfolgreich sind wir mit unseren Selenisierungsanlagen für die CIS/CIGS Dünnschicht-Solartechnik. Vakuum-Beschichtungstechnik ist auch Grundlage für die Herstellung von MRAM Speichern. Wir haben bereits vor Jahren eine Vakuum-Beschichtungsanlage mit dem Produktnamen TIMARIS entwickelt und bereits acht dieser Systeme gebaut und geliefert. SINGULUS hat inzwischen einen deutlichen Entwicklungsvorsprung und hier international auch nur einen Mitbewerber. MRAM Speicher haben aufgrund ihrer Vorteile eine große Zukunft vor sich. MRAM-Speicher verfügen über sehr hohe Schaltgeschwindigkeiten und verbrauchen dabei sehr wenig Energie und erzeugen nur eine geringe Wärmeentwicklung. Sie lassen sich im Vergleich zu Flash-Speicher beliebig oft löschen und überschreiben. Die Daten bleiben auch bei abgeschaltetem Strom dauerhaft gespeichert. Damit kombinieren MRAM Speicher die Vorteile einer schnellen Schreib- und Lesegeschwindigkeit und die Möglichkeit, die Informationen stromlos zu speichern.

 Anleihen Finder Der Blick in die Vergangenheit der Gruppe zeigt bis ins Jahr 2010 hinein ein negatives Bild – allein von 2008 bis 2010 hat die Gruppe durch Verluste ihr Eigenkapital von einstmals rund EUR 293 Mio. auf EUR 106 Mio. abgewirtschaftet. Bitte sagen Sie uns – bevor wir uns dem in 2011 geglückten Turnaround widmen – was ist schief gelaufen? Was tun Sie, um eine solche Entwicklung zukünftig abzuwenden?

Stefan Rinck Die Probleme von SINGULUS waren u.a. auf den langen Kampf der beiden Formate HD DVD und Blu-ray zurückzuführen. Eine Gruppierung unter Toshiba wollte die HD DVD mit 30 GB Speichervolumen und ein Konsortium um Sony, die Blu-ray Association, wollte die Blu-ray Disc mit 50 GB in den Markt einführen. Erst nach mehreren Jahren fiel die Entscheidung Anfang 2008 zugunsten Blu-ray, dem Format mit dem größeren Speichervolumen. Wir waren gezwungen, in einer schwierigen Phase der Weltwirtschaft in den Jahren ab 2008 Werte zu berichtigen und abzuschreiben. Unsere Bilanz ist jetzt sauber. Wir achten in Zukunft darauf, dass solche Dinge nicht mehr notwendig werden.

Anleihen Finder Der Turnaround ist Ihnen im Jahr 2011 – soweit aus den Quartalszahlen September ersichtlich – gelungen. Massive Umsatzsteigerungen, eine mit neu eingeworbenem Eigenkapital auf 69% gestiegene Eigenkapitalquote, deutlich weniger Schulden und bereits Ende Q 3 mit EUR 6,3 Mio. ein positives operatives Ergebnis (EBIT). Wo haben Sie angesetzt und wie haben Sie die Restrukturierung zum Erfolg geführt?

Stefan Rinck Die positive Entwicklung hat mehrere Gründe. Wir hatten 2011 eine positive Entwicklung des Auftragseingangs. Dies hat letztendlich zu dem guten Ergebnis geführt. Auch die Restrukturierungen von 2010 haben gewirkt und wir haben auf unsere Kosten geachtet. Alle Bankverbindlichkeiten wurden 2011 zurückgeführt und Singulus ist schuldenfrei.

Anleihen Finder In welchem Ihrer Geschäftsfelder erwarten Sie zukünftig die größte Dynamik und wo sehen Sie Risiken? Trifft Sie z.B. die negative Entwicklung der deutschen Solarindustrie oder ist es für Ihr Geschäftsmodell gleichgültig, ob Ihre Anlagen in China, den USA oder Deutschland eingesetzt werden?

Stefan Rinck Es ist wichtig, die zukünftige Entwicklung der Stromerzeugung durch die Solarenergie global zu betrachten. International wird die Photovoltaik wegen eines deutlichen Kostenrückgangs von Solarmodulen weiter wachsen. Singulus als Maschinenlieferant bietet seine Technologie weltweit an. Die letzten größeren Aufträge für unser Solarsegment erhielten wir aus dem Ausland.

 Anleihen Finder Sprechen wir über Ihre kommende Anleihe-Emission. Sie planen die Einwerbung von Nettoemissionserlösen in Höhe von rund EUR 58 Mio. Die Mittel sollen angabegemäß überwiegend in Wachstum – ggf. auch durch Akquisitionen – und Forschung investiert werden. Wie genau sehen Ihre Pläne aus? Womit werden Sie die Kuponzahlungen für Ihre Anleiheinvestoren – immerhin EUR 4,5 Mio. jährlich – verdienen?

Stefan Rinck Es ist richtig, wir investieren in unser Wachstum. Und unser Wachstum soll natürlich auch einen positiven Ergebnisbeitrag liefern. Wir werden neue Produkte entwickeln für Optical Disc und Solar und für neue Anwendungen der Vakuum Beschichtung. Wir schauen uns auch Unternehmen wegen einer Übernahme an. Alles wird natürlich auf Profitabilität überprüft.

Anleihen Finder Die Anleihe wird im Gegensatz zu den bestehenden Kreditfazilitäten ein unbesichertes Instrument sein und die Anleihekäufer werden keine Rechte aus der Einhaltung von Covenants haben. Kurz und gut: Die Banken tragen weniger Risiko als die Anleihegläubiger. Gemäß Jahresabschluss 2010 wurden zumindest einige Bankverbindlichkeiten trotz des geringeren Risikos in der Vergangenheit mit rund 8% Zinsen p.a. vergütet – also einem höheren Zins als die Anleiheinvestoren. Wie gestalten sich die Kreditkonditionen heute?

Stefan Rinck Als TecDax Unternehmen sind wir sehr transparent. Jeder Anleger kann sich also vor einer Investition alle Zahlen anschauen. Für uns wie für viele andere Unternehmen ist die Kreditaufnahme bei Banken nicht einfacher geworden. Aber wir haben nur geringe Schulden und die Anleihe macht uns flexibler in unserem Tagesgeschäft und bei unserer Wachstumsfinanzierung.

Anleihen Finder Vor dem Hintergrund des noch recht jungen, wieder eingetretenen Unternehmenserfolgs ist Ihr Verzicht auf ein Rating nachvollziehbar. Die Altlasten wären möglichweise stärker gewichtet worden, als die jüngsten Erfolge und guten Perspektiven. Werden Sie in absehbarer Zeit ein Rating erstellen lassen?

Stefan Rinck Ich denke das ist nicht notwendig. Als TecDax Unternehmen berichten wir jedes Quartal sehr detailliert. Auch in der Zeit dazwischen informieren wir die Markteilnehmer über jedes wichtige Ereignis. Singulus ist also sehr transparent.

Anleihen Finder Sie haben sich für eine Notierung Ihrer Anleihe im Frankfurter Entry Standard entschieden. Was war der Grund hierfür?

Stefan Rinck Frankfurt war für uns naheliegend. Wir sind zufrieden mit dem TexDax der Frankfurter Wertpapierbörse. Der Entry Standard für Anleihen der Frankfurter Wertpapierbörse ist deshalb das richtige Segment für uns.

 

Anleihen Finder Vielen Dank für das sehr offene Gespräch.

Anleihen Finder Redaktion

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