SCHNIGGE-Vorstand Florian Weber über Projektanleihen: „Man kauft nicht das Gesamtpaket“

Mittwoch, 18. September 2013

Mittelständische Unternehmen in Deutschland haben vermehrt die Möglichkeit entdeckt, bestimmte Investitionsvorhaben über Projektanleihen zu finanzieren. Anleihen Finder befragte Florian Weber, Vorstand der SCHNIGGE Wertpapierhandelsbank AG, welche Vorteile es für die Gläubiger haben kann, nicht in ein ganzes Unternehmen, sondern in einzelne Projekte zu investieren.

Anleihen Finder:  Was genau sind Projektanleihen und wie unterscheidet sie sich von den üblichen Unternehmensanleihen?

Florian Weber_Schnigge_klein2Florian Weber: Projektanleihen sind im weitesten Sinne Anleihen, die der speziellen Finanzierung eines besonderen Projektes dienen. Üblicherweise sind Anleihen ja bisher bekannt als Unternehmensanleihen, hier investiert man in ein meist breit aufgestelltes Unternehmen mit einer Unternehmenshistorie. Bei Projektanleihen handelt es sich zwar auch um eine Unternehmensanleihe, dort werden aber meistens extra gegründete Unternehmen (SPVs) ohne Historie oder auch bilanzielle oder rechtliche Risiken als Emittent genutzt.

Anleihen Finder: Welche Vor- und Nachteile haben Projekt-Anleihen gegenüber den klassischen Unternehmensanleihen?

Florian Weber: Der Vorteil einer Unternehmensanleihe ist, dass man in Bezug auf das Management, das Geschäftsmodell oder die Firmenhistorie belastbare Erfahrungen hat. Man kann beurteilen, ob das Unternehmen in der Lage sein wird, die Mittel der Anleihe mit dem voraussichtlichen Geschäft zurückzuzahlen. Der Nachteil der Unternehmensanleihe ist, dass man sich rechtliche oder finanzielle Risiken des Gesamtpaketes einkauft. Will ein Unternehmen z.B. die Expansion im Bereich Retail mit der Anleihe finanzieren, so trägt der Anleiheinvestor aber zusätzlich das Risiko, dass im Bereich Großhandel des Unternehmens Schwierigkeiten auftreten, unter denen das gesamte Unternehmen und damit auch die Rückzahlfähigkeit der Anleihe leidet.

Eine Projektanleihe hat dieses historische Risiko nicht, man konzentriert sich auf ein Thema. Der Nachteil ist aber, dass man ein Fachmann sein sollte, was das Investitionsziel angeht. Denn der Anleger muss nun nicht mehr das Unternehmen und seine Bonität beurteilen, sondern das zur Finanzierung anstehende Projekt sowie die Projektmanager und deren Erfahrung bzw. deren Ergebnisse (Haben die schon einmal Immobilien betreut, hat es dort Gewinne gegeben, gab es unkalkulierbare Kostensteigerungen etc.).

Anleihen Finder: In welchen Branchen werden besonders oft Projekte durch Anleihen finanziert? Welche Beispiele von (mehr oder weniger erfolgreichen) Emissionen kennen Sie?

Florian Weber: Das Thema Projektanleihen ist noch recht jung, eine der bekanntesten Anleihen dürfte die IPSAK sein, die im Nahmen ja sogar „Projekt“ stehen hat. Ein weiteres Beispiel ist die Cloud #7. Hier ist also schon zu erkennen, dass die Projektanleihe sicherlich ein besonderes Thema im Bereich Immobilien abdeckt, da hier sehr häufig Investitionen für einzelne Anleger zu groß sind und man den Finanzierungsbedarf auf mehrere Anleger aufteilt. Das hat es in der Vergangenheit mit geschlossenen Beteiligungen auch schon gegeben, die Inhalte einer Projektanleihe sind also sehr stark mit geschlossenen Beteiligungen vergleichbar. Denkbar sind Finanzierungen für Immobilien, Flugzeuge, Schiffe, Windparks o.ä.

Anleihen Finder:  Projektanleihen sind „en vogue“ und werden auf dem Mittelstandsanleihen-Markt immer mehr zum Thema. Woran liegt das?

Florian Weber: Investoren wollen Risiken einschätzen können, wenn sie Geld investieren. Viele Investoren sind der Meinung, sie könnten einzelne Projekte evtl. besser hinsichtlich Risikogehalt, Rückzahlungswahrscheinlichkeit der Anleihe, Management des Projekts etc. beurteilen als sich mit historischen Bilanzen und den im Unternehmen vorhandenen Risiken einer klassischen Unternehmensanleihe auseinander zu setzen. Ob das immer die richtige Argumentation ist, darf bezweifelt werden. Es wird auch – wie schon bei geschlossenen Beteiligungen – gute Konzepte und seriöse Anbieter geben wie auch schwache Konzepte mit hohen Verlustrisiken. Ob jeder Anleger in der Lage sein wird, eine korrekte Beurteilung vorzunehmen, darf bezweifelt werden. Auf der anderen Seite muss man fairerweise auch die kritische Frage stellen, ob wirklich alle Anleger sich den Emittenten einer Mittelstandsanleihe wirklich genau ansehen – denn auch hier wäre eine wenigstens kleine „Kreditprüfung“ sehr sinnvoll.

Anleihen Finder: Wie unterscheiden sich Projektanleihen von Geschlossenen Fonds? Was hat sich bei den Geschlossenen Fonds geändert, so dass viele Projektfinanzierungen nun über Anleihen laufen?

Florian Weber: Zunächst einmal ist es eine rechtliche Unterscheidung – üblicherweise handelt es sich bei geschlossenen Beteiligungen um Kommanditanteile, die der Anleger erwirbt. Es handelt sich nicht um Wertpapiere, d.h. eine Handelbarkeit ist nur schwer möglich, eine Übertragung muss notariell erfolgen. Anleihen, gerade, wenn sie auch noch börslich gehandelt werden, haben hier Vorteile.

Es gibt aber vor allem aus aufsichtsrechtlicher Sicht kaum noch Gründe, warum man Projekte unbedingt als geschlossene Fonds auflegen muss. Früher waren geschlossene Fonds unreguliert, jeder richtige oder vermeintlich qualifizierte Vermittler durfte diese Produkte an den Mann bringen, weswegen hier viel Schindluder getrieben wurde und so mancher Anleger Geld verloren hat.

Der Gesetzgeber hat zunächst im Jahr 2012 geschlossene Fonds auch zu den Finanzinstrumenten und dort speziell zur Vermögensanlage gezählt, weswegen Dienstleistungen wie die Vermittlung von geschlossenen Fonds auf einmal eine aufsichtsrechtliche Erlaubnispflicht nach sich zog. Auf diese Weise wollte man zunächst unseriöse und unqualifizierte Vermittler aus dem Markt haben. In diesem Jahr ist mit dem Inkrafttreten des KAGB auch der Initiatorenbereich reguliert. Wer Vermögen von geschlossenen Fonds verwalten will, benötigt hierfür auch eine aufsichtsrechtliche Erlaubnis. Mit diesen Maßnahmen soll der Bereich des Grauen Kapitalmarktes sukzessive ausgetrocknet werden und in den regulierten Bereich überführt werden. Da Wertpapiere die am stärksten regulierten Finanzinstrumente sind, ist dann der Schritt nur zu logisch, dann ehemals in geschlossenen Fonds finanzierte Beteiligungen zukünftig in Wertpapiere, hier Anleihen, zu packen. Von daher erwarten wir in der Zukunft eher ein zunehmendes Angebot von Projektanleihen.

Anleihen Finder: Vielen Dank!

Anleihen Finder Redaktion

Foto: Thorben Wengert_pixelio.de

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