S.A.G. Solarstrom AG: „Die Strafzölle haben erheblichen Einfluss auf unsere Geschäftstätigkeit in Europa“

Mittwoch, 19. Juni 2013

Wegen „Preis-Dumpings“ werden zukünftig Zölle gegen PV-Komponenten aus der Volksrepublik China erhoben und zwar vorläufig in Höhe von 11,8 Prozent, also etwas niedriger als erwartet. Ab dem 6.8.2013 könnten die Zölle auf zwischen 37,2 und 67,9 Prozent angehoben werden. Anleihen Finder befragte Dr. Karl Kuhlmann, Vorstandsvorsitzender der S.A.G. Solarstrom AG, nach den Auswirkungen, die Strafzölle auf sein Geschäft haben werden.

Anleihen Finder Redaktion: Sehr geehrter Herr Kuhlmann, wie schätzen Sie die Strafzölle gegen chinesische „Billig-Komponenten“ ein – in Punkto Effektivität, Fairness und Höhe?

Karl Kuhlmann: Wir halten die gesamten Strafzölle für nicht zielführend. Die Zölle werden effektiv nur eins erreichen – nämlich den deutschen und europäischen Markt zunächst sehr effektiv abzuwürgen. Sämtliche Hersteller weltweit haben aus den vergangenen drei Jahren das Problem, dass Überkapazitäten am Markt zu deutlich sinkenden Preisen geführt haben. Das ist Marktwirtschaft. Wenn mehr Ware am Markt da ist, als nachgefragt wird, sinkt der Preis. Das betraf chinesische wie deutsche Hersteller gleichermaßen. Und wir können nicht einerseits freien Handel und Marktwirtschaft in fast allen anderen Branchen fordern, aber in einer bestimmten Branche protektionistisch agieren. Das ist nämlich nicht fair unseren internationalen Handelspartnern gegenüber. Die Höhe der Zölle wird chinesische Module so verteuern, dass Grid-Parity zum Industriestrompreis hier in Deutschland wieder in sehr weite Ferne rückt. Kostete ein chinesisches Modul noch Ende Mai zwischen 55 und 60 Cent, so wird es ab August im Schnitt zwischen 90 Cent und 1 Euro kosten. Damit können wir in Projekten keine Wettbewerbsfähigkeit zu konventionellen Energiequellen herstellen, dann bliebe die Solarwirtschaft tatsächlich abhängig vom Fördertopf. Renditen für Investoren lassen sich nämlich damit  angesichts der gesunkenen Einspeisevergütung nicht mehr darstellen. Kurzum, all das, was wir in den letzten beiden Jahren erreicht haben, die maßgebliche Unterstützung der Energiewende durch Photovoltaik, die Wettbewerbsfähigkeit, wird durch die Zölle gefährdet.

Anleihen Finder Redaktion: Welche Gruppe deutscher Photovoltaik-Unternehmen wird von den Zöllen profitieren? Die Hersteller von Solarkomponenten oder auch die Solarpark-Projektierer?

„Das Fatale ist, das keiner davon wirklich profitieren wird. Das will die ProSun Initiative nur nicht wahrhaben.“

 Karl Kuhlmann: Das Fatale ist, das keiner davon wirklich profitieren wird. Das will die ProSun Initiative nur nicht wahrhaben. Das ist ein Eigentor im leeren Stadium. Strafzölle heben insgesamt das Preisniveau der Module an – wir haben aber keine hohe Einspeisevergütung mehr, die dem gegenüber steht und aus einer Photovoltaik-Anlage trotzdem ein interessantes Investitionsobjekt macht. Mit diesen hohen Preisen lassen sich Projekte in Deutschland nicht wirtschaftlich darstellen, der Markt wird deshalb spürbar zurückgehen, weil sich teurere Module in Projekten mit der hiesigen Sonneneinstrahlung und den deutlich reduzierten Einspeisevergütungen eben nicht rechnen. Deutsche Modulhersteller werden mit Einführung der Strafzölle kein einziges Modul mehr verkaufen. Bis das aber die deutschen Hersteller und die EU-Kommission erkannt haben, wird der deutsche Markt bereits massiv in Mitleidenschaft gezogen worden sein.

Anleihen Finder Redaktion: Sie sind vor allem Solarpark-Projektierer oder stellt die der S.A.G. Solarstrom auch eigene Komponenten her? Wird Ihr Geschäft als Projektierer durch die Zölle eventuell sogar negativ beeinflusst werden, da die Komponenten nun teurer werden?

„Wir beziehen aktuell den überwiegenden Anteil unserer Module aus China“

Karl Kuhlmann: Wir produzieren selbst keine Komponenten sondern kaufen qualitätsorientiert nach Preis-/Leistungsverhältnis auf dem Weltmarkt ein. Wir beziehen aktuell den überwiegenden Anteil unserer Module aus China, weil wir hier ein sehr attraktives Preis-/Leistungsverhältnis haben. Die Strafzölle haben daher erheblichen Einfluss auf unsere Geschäftstätigkeit in Europa. Wir werden in den nächsten Wochen Möglichkeiten eruieren, eventuell über Drittländer zu sourcen, auf andere Hersteller auszuweichen oder Kostensenkungspotenziale im Gesamtsystem zu erschließen. Im Moment bestätigen wir noch unsere Prognose. Allerdings wird es sicher auch von entscheidender Bedeutung sein, ob sich eine Verhandlungslösung zwischen der EU-Kommission und China bis August abzeichnen wird.

Anleihen Finder Redaktion: Die Solarenergie-Branche hat „dunkle“ Zeiten hinter sich. Wir als Anleihen Finder GmbH haben dies vor allem an mittelständischen Anleihe-Emittenten aus diesem Bereich bemerkt, deren Börsenkurse stark gelitten haben. Glauben Sie, dass es bald zu einem Turnaround für deutsche Solar-Unternehmen kommen wird?

„Wir rechnen damit, dass sich die Konsolidierungswelle verschärft, es zu weiteren Insolvenzen und Entlassungen in der Branche kommen wird“

Karl Kuhlmann: Das kann man sicher so pauschal nicht sagen. Die Konsolidierung auf dem Markt für Photovoltaik ist noch nicht vorbei, sondern verschärft sich im Gegenteil mit diesen weiteren kurzfristigen Änderungen entscheidender Rahmenbedingungen. Hier müssen Anleger unseres Erachtens sehr genau hinschauen, welche Unternehmen sich auch in der Krise stabil halten. Die Idee, Strafzölle führten zu einer Renaissance der deutschen Solarwirtschaft, halten wir eher für Wunschdenken. Wir rechnen damit, dass sich die Konsolidierungswelle verschärft, es zu weiteren Insolvenzen und Entlassungen in der Branche kommen wird.

Anleihen Finder Redaktion: Die Kurse der S.A.G. Solarstrom-Anleihen haben sich seit September 2012 sehr gut entwickelt. Worauf basieren die Kurssteigerungen?

Karl Kuhlmann: Wir konnten unsere Anleger nicht zuletzt mit guten Zahlen davon überzeugen, dass die S.A.G. Solarstrom AG zu den Solarunternehmen gehören wird, die gestärkt aus der aktuellen Solarkrise hervorgehen werden. Als eines der ganz wenigen Solarunternehmen haben wir in 2012 ein positives Ergebnis erwirtschaftet. Wir haben ein sehr stabiles, diversifiziertes Geschäftsmodell, bei dem die Geschäftsbereiche Anlagenbetrieb und Services sowie Stromproduktion die eher volatileren Geschäftsbereiche Projektierung und Anlagenbau sowie Stromproduktion sehr gut abfedern. Und wir haben in den letzten Jahren unsere Reaktionsfähigkeit auf schnelle Marktveränderungen unter Beweis gestellt. Das honoriert der Markt.

Anleihen Finder: Vielen Dank für Ihre Antworten.

Anleihen Finder Redaktion

Titelfoto: Rainer Sturm_pixelio.de

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Anleihe:S.A.G. Solarstrom AG 2011/2017

Anleihe: S.A.G. Solarstrom AG 2010/2015

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