PORR-Chef Karl-Heinz Strauss: „Wir haben das Risiko einer Immobilienblase im Blick“

Donnerstag, 22. November 2012

Heute hat die Zeichnungsfrist der Mittelstandsanleihe der Allgemeine Baugesellschaft – A. Porr Aktiengesellschaft (PORR) begonnen. Die Frist soll am 29. November 2012 enden. Das Emissions-Volumen der PORR-Anleihe (ISIN AT0000A0XJ15, WKN A1HCJJ) beträgt 50 Millionen Euro mit einer Aufstockungsmöglichkeit auf bis zu 100 Millionen Euro. Die Anleihe des österreichischen Baukonzerns hat eine Stückelung von 1000 Euro, eine Laufzeit von vier Jahren und eine Verzinsung von  6,25 Prozent. Die PORR-Anleihe soll im Geregelten Freiverkehr der Wiener Börse und Entry Standard für Anleihen an der Frankfurter Wertpapierbörse gelistet und gehandelt werden können.

Die Anleihen Finder Redaktion sprach mit Ing. Karl-Heinz Strauss (Foto links), dem Vorstandsvorsitzenden der PORR AG, über die Entwicklung des österreichischen Großbauunternehmen und die Hintergründe der Emission.

Anleihen Finder Redaktion: Sehr geehrter Herr Strauss, ein erster Blick auf die PORR-Gruppe zeigt, dass der Begriff „Start Up“ nicht unpassender sein kann. Sie existieren seit März 1869, Sie gehören zu den drei größten Bauunternehmen Österreichs, Sie haben tausende Mitarbeiter und machen einen Milliarden-Umsatz. Können Sie uns bitte trotzdem noch ein wenig mehr über die Historie der PORR AG berichten?

Karl-Heinz Strauss: Die Allgemeine Baugesellschaft-A. Porr Aktiengesellschaft hat in der Tat eine sehr lange Unternehmensgeschichte. Unser Konzern notiert seit 1869 an der Wiener Börse. Seitdem sind wir als ein traditionsreiches österreichisches Großbauunternehmen tätig und haben uns – nach unserer Ansicht – zu einem der führenden Anbieter in Europa entwickelt. Nach der Gründung konnte das Unternehmen bereits 1873 erste Erfolge feiern. Anlässlich der Weltausstellung in Wien errichtete die „Allgemeine österreichische Baugesellschaft“ sieben Ausstellungspavillons und zahlreiche Hotels. Im Jahre 1927 kam es dann zur Fusion mit der 1908 gegründeten „A. Porr Betonbauunternehmung Gesellschaft mbH“. Es wurde der heutige Name des Unternehmens gewählt, weil dieser auf beide ursprüngliche Unternehmen verweist. In Ihrer Entwicklung standen für die PORR schon immer Tradition und Innovationskraft eng nebeneinander:
„Wir sind beim Bau der Metro in Doha in Katar dabei“

Pionierleistungen in Österreich wie der Bau der „Großglockner-Hochalpenstraße“ sowie die Errichtung diverser Straßen-, Bahn- und Industriebauten machten die PORR zu dem, was sie heute ist – ein international erfolgreich tätiges Bauunternehmen. Das zeigen auch unsere aktuellen Projekte: In Deutschland haben wir im Rahmen des Bahnhofsprojekts STUTTGART-ULM zuletzt von der Deutschen Bahn den Zuschlag für den Bau des technisch anspruchsvollen Streckenabschnitts „Albaufstieg“ bekommen. Das Projekt hat ein Gesamtauftragsvolumen von rund EUR 635 Mio. In Österreich haben wir zum Beispiel den Zuschlag erhalten, den Rohbau des neuen Krankenhauses Wien Nord zu errichten. Außerdem sind wir in diesem Jahr mit allen vorbereitenden Maßnahmen zum Bau der Metro Doha in Katar beauftragt worden. Mit diesem Markteintritt ist uns der erste Schritt gelungen, auch von diesem aufstrebenden Wirtschaftsraum zu profitieren.

Anleihen Finder Redaktion: Was genau sind Ihre Betätigungsfelder? Warum haben Sie sich für gerade diese Segmente entschieden und wie ist Ihre Wettbewerbssituation in diesen Bereichen?

Karl-Heinz Strauss: Als Full-Service-Provider decken wir die gesamte Wertschöpfungskette der Bauwirtschaft ab. Das technische Bauen bildet dabei nach wie vor unsere Kernkompetenz. Konkret sind wir in allen Teilbereichen der modernen Bauwirtschaft tätig: Unsere Geschäftstätigkeit reicht vom Straßenbau über den Tiefbau, die Umwelttechnik, den Hochbau bis hin zur Projektentwicklung. Damit sind wir in der Baubranche breit aufgestellt, um den jeweiligen Bedürfnissen der einzelnen Märkte gerecht werden zu können. Wir glauben, dass die Umstellung des Geschäftsmodells einiger Wettbewerber hin zur Dienstleistung in der Baubranche für uns große Marktpotenziale bieten kann.
„Fokus liegt auf Österreich, Deutschland, Tschechien, Schweiz und Polen“

Anleihen Finder Redaktion: Im Jahre 2011 lag der Auftragsanteil der Öffentlichen Hand bei 65 Prozent. Die Staatsschuldenkrise zwingt aktuell alle Länder, verstärkt auf die Ausgaben zu achten und eventuell Infrastruktur-Projekte zu verschieben. Wie gehen Sie damit um und können Sie einen solchen potenziellen Umsatzeinbruch abfedern?

Karl-Heinz Strauss: Bedingt durch die derzeit schwierigen Rahmenbedingungen werden von allen Unternehmen hohe Flexibilität und straffe Strukturen verlangt, um die Ertragslage zu sichern. Wir haben im letzten Jahr deshalb erfolgreich unseren Optimierungsprozess fitforfuture gestartet, mit dem Ziel, unsere Geschäftstätigkeit effizienter zu gestalten. Grundsätzlich vertrauen wir auf unsere positive Geschäftsentwicklung: Die PORR hat in diesem Jahr ihr Ergebnis im Vergleich zum Geschäftsjahr 2011 deutlich verbessern können. Auch die Auftragseingänge sowie der Auftragsbestand liegen deutlich über den jeweiligen Werten des Vorjahres. Dies haben wir auch unserer neuen Strategie zu verdanken. Diese legt den Fokus unserer Tätigkeit auf die wirtschaftlich starken Heimmärkte Österreich, Deutschland, Tschechien, Schweiz und Polen. Daneben tun sich auch Potenziale auf dem internationalen Markt auf. Wie erwähnt ist uns in diesem Jahr der erfolgreiche Markteintritt in den aufstrebender Wirtschaftsraum Katar gelungen.
„Steigende Preise wirken sich positiv auf unsere Bautätigkeit aus“

Anleihen Finder Redaktion: Unabhängig von den Kommunen wird in der Presse bereits vor einer Immobilienblase in Teilen Europas gewarnt. Dies kann zu einer weiteren Beeinträchtigung der Bautätigkeiten führen und zusätzlich den Exit für Ihre eigenen Immobilienprojekte schließen. Welche Strategie verfolgen Sie in einem solchen Szenario?

Karl-Heinz Strauss: Grundsätzlich wirken sich steigende Preise zunächst einmal positiv auf unsere Bautätigkeit aus. Wir haben aber natürlich das Risiko, das eine solche Immobilienblase für unsere Geschäftstätigkeit mit sich bringen kann, im Blick. Wir haben ein striktes Kontrollsystem etabliert, das eine verbindliche Risikomatrix beinhaltet. Daneben setzen wir auf enge Letztentscheidungsregelungen. Hierüber können wir entstehende Risiken frühzeitig identifizieren und effizient steuern. Im Hinblick auf eine mögliche Immobilienblase bedeutet das konkret, dass wir im Zuge des Risikomanagements darauf achten, nicht zu stark in möglicherweise betroffenen Märkten engagiert zu sein.

Anleihen Finder Redaktion: Ein weiterer wichtiger Faktor bei der Betrachtung der Bauaktivitäten sind die Finanzierungsbemühungen der Banken, die sich – durch die Einführung von Basel III getrieben – zum Teil komplett aus der Hypothekenfinanzierung zurückziehen. Welche alternativen Finanzierungsformen sehen Sie für sich und Ihre Projekte sowie für Ihre Auftraggeber zukünftiger Projekte?

Karl-Heinz Strauss: Die PORR ist mit der Begebung von Anleihen gut vertraut. Seit dem Jahre 2005 haben wir bereits fünf Anleihen erfolgreich platziert – sogar sechs Anleihen, wenn man eine eigene Tranche in Tschechischen Kronen im Rahmen der Anleiheemission 2006 gesondert berücksichtigt. Über diese Finanzierungsmöglichkeit haben wir durchweg positive Erfahrungen gemacht. Daher fiel auch für die aktuelle Kapitalmaßnahme die Wahl auf eine Unternehmensanleihe. Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass unsere Finanzinstrumente einen sehr ausgewogenen Mix darstellen. Für das Jahr 2013 beabsichtigen wir beispielsweise, wie schon mehrfach angekündigt, die Durchführung einer Kapitalerhöhung. Daneben planen wir die Eigenkapitalseite zu stärken, indem wir das nicht betriebsnotwenige Immobilienvermögen in den kommenden Jahren über unterschiedliche Maßnahmen veräußern werden.

Anleihen Finder Redaktion: Glauben Sie das die Lücke der wegbrechenden Bankkredite adäquat geschlossen werden kann und wenn ja, zu welchen Konditionen?

Karl-Heinz Strauss: Wir haben über eine langjährige Zusammenarbeit eine sehr gute Beziehung mit unseren Banken aufgebaut. Daher halte ich das Risiko wegbrechender Bankkredite für äußerst überschaubar. Bei der Anleiheemission geht es uns primär darum, unseren bestehenden Finanzierungsmix noch breiter aufzustellen.

Anleihen Finder Redaktion: Vor dem Hintergrund von Basel III würde uns auch Ihre Prognose zu Ihren Hedging-Aktivitäten interessieren. Sie sind in vielen Ländern aktiv und benötigen einen sicheren Zugang zu Rohstoffen. Beides lässt sich beispielsweise über Derivate managen. Basel III wird jedoch das Derivategeschäft aus Banksicht unattraktiver erscheinen lassen oder zu erhöhten Preisen führen. Haben Sie diese Aspekte in Ihrer Mehrjahresplanung implementiert? Wie groß wären die Auswirkungen auf Ihre GuV?

Karl-Heinz Strauss: Unsere Hedging-Aktivitäten über den derivativen Markt sind unterrepräsentiert. Schwergewichtig sichern wir über mittel- und langfristige Rahmenvereinbarungen mit unseren Lieferanten bzw. projektspezifisch im Energiebereich.

Anleihen Finder Redaktion

Foto: Allgemeine Baugesellschaft – A. Porr Aktiengesellschaft

2. Interview-Teil: PORR-Chef Strauss: “Ich betone, dass wir in diesem Jahr unser Ergebnis deutlich verbessern”

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