Platziertes Volumen bei Mittelstandsanleihen: Emittenten lassen die Katze (fast) aus dem Sack

Donnerstag, 6. Februar 2014


Ein Unternehmen, das eine Anleihe begibt, besorgt sich nicht nur frisches Kapital. Gleichzeitig fragt es – ob es nun will oder nicht – auch das Vertrauen ab, das der Markt in die Gesellschaft setzt. Wenn jedoch nur ein Bruchteil des anvisierten Nominalvolumens tatsächlich platziert wird, kann dies zu einem Imageschaden führen, der die Beziehungen zu Kunden und Geschäftspartnern belastet. Dann lieber über die Höhe des platzierten Volumens schweigen? Dazu ist der Markt inzwischen zu reif.

Vor etwa drei Jahren, als Anleihen Finder und der deutsche Markt für mittelständische Unternehmensanleihen noch in den Kinderschuhen steckte, war die Recherche über den Platzierungserfolg eines Emittenten oft nicht leicht. Nach dem tatsächlich platzierten Anleihevolumen befragt, ließen viele Unternehmen nur ein „Kein Kommentar!“ verlauten. Das hat sich inzwischen geändert: Bei der Zusammenstellung der Emissionen 2013 und deren Erfolge reichten  fast immer wenige Klicks, um an die gewünschten Daten zu kommen.

Weitreichende Transparenzanforderungen der Börsen

Denn: Die inzwischen etablierten Transparenzanforderungen der Branche fördern den Erfolg oder Misserfolg einer Anleihe ohnehin zu Tage. „Eine gesetzliche Pflicht, direkt nach der Emission die Zahlen preis zu geben, gibt es nicht“, erläutert Daniel Bauer, Vorstand der SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V. „Doch spätestens anhand des auf die Emission folgenden Jahresabschlusses kann man erkennen, wie hoch das gesamte platzierte Volumen war.“

Auch die Mittelstandssegmente der Börsen definieren in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen weitreichende Transparenzstandards: „ Zu den Folgepflichten im Entry Standard für Anleihen gehört, dass Emittenten das jeweils aktuelle Emissionsvolumen veröffentlichen müssen, und zwar in Form eines fortlaufend aktualisierten Unternehmenskurzportraits. Es ist als PDF auf dem Anlegerportal www.boerse-frankfurt.de hinterlegt“, so Eric Leupold, Issuer & Primary Market Relations bei der Deutschen Börse. „Die Wertpapierbörse kann bei einem schuldhaften Verstoß gegen Einbeziehungsfolgepflichten eine Vertragsstrafe verhängen.“ Auch im Regelwerk des Bondm der Börse Stuttgart ist die Verpflichtung des Emittenten zur Veröffentlichung des tatsächlich platzierten Volumens seit Ende 2012 festgeschrieben – einmal nach Beendigung der initialen Zeichnungsfrist, sprich mit Aufnahme der Anleihe in Bondm, sowie mit Abschluss aller Platzierungsaktivitäten.

Platzierungserfolg ist maßgeblich für die Anlagesicherheit

Der erreichte Platzierungsstand einer Anleihe lässt Rückschlüsse auf die Sicherheit der Investition zu, weiß Daniel Bauer. Dies gilt besonders für größere Emissionen: „Vor allem Anleihen mit einem größeren Volumen, ab ca. EUR 20 Mio. können nur schwer ausschließlich bei Privatanlegern untergebracht werden. Daher ist es ein gutes Zeichen, wenn Anleihen voll platziert werden, und somit meist auch qualifizierte Investoren wie Vermögensverwaltungen und Family Offices mit an Bord sind. Diese haben oft eine bessere Einschätzung bezüglich der Bonität der Emittenten“, so der  Diplom-Volkswirt.

Die Höhe des tatsächlich an den Anleger gebrachten Kapitals ist jedoch nicht nur ein Symptom für das Vertrauen in ein Unternehmen, sondern kann tatsächlich direkte Auswirkungen auf die Sicherheit der Geldanlage haben: Denn sollte eine Anleihe nur eine geringe Resonanz hervorrufen, dürfte der Kurs des Wertpapiers darunter leiden. Auch eine weitere Platzierung in naher Zukunft wäre dann quasi unmöglich und der Zugriff auf diese alternative Finanzierungsmethode für das Unternehmen versperrt. „Zudem dürften Dritte wie Banken, Lieferanten und Kunden eine gescheiterte Emission hinterfragen und das Unternehmen genauer unter die Lupe nehmen, was ebenfalls zu Nachteilen führen kann“, führt Daniel Bauer aus.

Auch Christopher Schütz, Leiter Primary Market Group der EUWAX AG der Börse Stuttgart, unterstreicht die Relevanz der erreichten Platzierungsquote: „Die Höhe des tatsächlich platzierten Volumens ist eine wichtige Information für die Anleger. Sie steht im direkten Zusammenhang mit dem Mittelverwendungszweck, der Gesamtverschuldung oder den Kapitaldienstverpflichtungen der Emittentin. Der Anleger muss sich beispielsweise die Frage stellen, ob das aufgenommene Kapital die vorgesehene Mittelverwendung erlaubt und damit die beabsichtigte Wirkung auf Wachstum und Stärkung der Rentabilität entfalten kann.“

Tricksereien mit  Disagio und Beraterverträgen sind nicht selten

Nicht verwunderlich also, dass Emittenten daran gelegen ist, gute Platzierungsergebnisse veröffentlichen zu können. Für den Notfall gibt es hier jedoch auch den ein oder anderen Trick, wie Daniel Bauer weiß: „Was wohl gängige Praxis ist, ist die Platzierung eines Teils der Anleihen mit einem Disagio, also einem Abschlag zum Nominalwert. Der Käufer erhält also eine höhere Rendite als diejenigen, die zum Nominalwert zeichnen. Auch die Platzierung von Anleihen bei nahestehenden Dritten – zum Beispiel bei Beratern des Unternehmens – scheint gängige Praxis zu sein. Diese zeichnen Anleihen, und erhalten einen Teil der Investition über Beraterverträge etc. umgehend zurück. Gesetzlich ist dies wohl alles im Rahmen des Erlaubten. Daher müsste man hier wohl strengere Transparenzregeln einführen, um solche Tricks zu unterbinden.“

Es gilt also: Der Markt für Mittelstandsanleihen ist für Kapitalanleger inzwischen weitgehend transparent, wenn es um den Platzierungserfolg einer Emission geht – es gibt jedoch noch Luft nach oben für Nachbesserungen.

Anleihen Finder Redaktion

Foto: fogcat5/flickr

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