Nach Kritik an Emissionsberatung: Blättchen & Partner-Vorstand Hasler im Interview

Donnerstag, 14. Juni 2012

„Wir haben keinen Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung eines Unternehmens.“

Anleihen Finder: Die Blättchen & Partner AG wird in Presseberichten im Zusammenhang mit den jüngsten Defaults von Mittelstandsanleihen genannt. Demnach habe die Blättchen & Partner AG die SIAG AG und die BKN biostrom AG bei ihren Anleihe-Emissionen beraten. Beide Unternehmen sind insolvent. Anleihe-Gläubiger könnten große Verluste erleiden. Leser könnten auf Basis der Presseberichte den Schluss ziehen, dass zwischen den Beratungsdienstleistungen der Blättchen & Partner AG und den Defaults der jeweiligen Mittelstandsanleihen ein Zusammenhang besteht.

Peter Thilo Hasler: Grundsätzlich ist festzuhalten, dass der Emissionsberater keinen Einfluss auf die Mittelverwendung einer Anleihe hat und schon gar nicht auf die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens, nachdem die Anleihe platziert wurde. Kernaufgabe des Emissionsberaters ist es, das Unternehmen dahingehend zu beraten, ob eine Unternehmensanleihe überhaupt das geeignete Finanzierungsinstrument ist. Ob das Unternehmen auf Basis der Informationen zum Zeitpunkt der Entscheidung für eine Anleiheemission anleihefähig ist, das heißt, ob die Planung und die Mittelverwendung soweit plausibel sind, dass die Zinszahlungen erfolgen können. Schließlich wirkt der Emissionsberater an der Entwicklung der Anleihebedingungen, der Bond Story, der Auswahl der Banken und der weiteren an der Platzierung beteiligten Partner mit. Im Übrigen werden Bonität und Solvenz der Emittentin von einer Ratingagentur fundiert geprüft und das Ergebnis allen Anleihezeichnern in Form der Ratingnote bekannt gemacht. Daher gibt es keinen Zusammenhang zwischen der rein fachlichen Beratung eines Emissionsberaters im Vorfeld der Anleiheemission und der wirtschaftlichen Entwicklung der Emittentin nach der Emission.

Ungeachtet dessen haben die Insolvenzen von SIAG und BKN biostrom völlig unterschiedliche Ursachen. Als wir von SIAG, onshore wie offshore einer der marktführenden Zulieferer der Windenergiebranche der Welt, mandatiert wurden, die Anleihe zu strukturieren, war das Umfeld für Windenergie ausgesprochen positiv: Die nach der Fukushima-Katastrophe und dem Atom-Ausstieg formulierten Klimaziele der Bundesregierung sind nur durch einen massiven Ausbau der Windenergie zu erreichen, und zwar onshore wie offshore. Eines von nur zwei deutschen Unternehmen, die technisch in der Lage sind, Windtürme in die Ost- und Nordsee zu verschiffen, ist SIAG. Der Auftragseingang der Gesellschaft lag unmittelbar vor der Platzierung der Anleihe auf einem Rekordniveau; die Erreichung der Planzahlen war also realistisch. Auch die Mittelverwendung des familiär geführten Unternehmens hat überzeugt: Vorgesehen war ein Ausbau der onshore- und offshore-Aktivitäten sowie eine Rückführung von Bankverbindlichkeiten. Dass sich die Ertragslage in den USA so dramatisch verschlechtern würde, es zu drastischen Verzögerungen im Projektgeschäft kommen würde und sich die Banken und Investoren aus ihrer Verantwortung zurückziehen würden, war weder von der Gesellschaft absehbar und in keinem Fall von uns oder den übrigen Beteiligten, also den platzierenden Banken, den Anwälten und Wirtschaftsprüfern, den Researchhäusern, der Ratingagentur und den Journalisten.

Demgegenüber kam der Vorstand von BKN biostrom zu einem relativ späten Zeitpunkt des Platzierungsprozesses auf uns zu und hat uns gebeten, ein Besicherungskonzept für seine Anleihe zu erarbeiten. Da wir kurz zuvor ein vergleichbares Besicherungskonzept für einen anderen Emittenten entwickelt haben, sagten wir zu. Unser Besicherungskonzept sieht vor, die Mittel aus der Anleihe durch die Bestellung von Pfandrechten an Anteilen an Projektgesellschaften zu besichern. Diese Projektgesellschaften dienen einzig dazu, bereits bestehende oder noch zu errichtende Biogas-Anlagen zu halten. Darüber hinaus werden Zahlungseingänge aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) von den Projektgesellschaften auf ein Treuhandkonto übertragen, bis sie die Höhe der nächsten anstehenden Zinszahlung auf die Anleihe erreicht haben. Hierdurch sind auch die jährlichen Zinszahlungen durch einen Treuhänder abgesichert. Die Freigabe von bestellten Sicherheiten durch den Treuhänder erfolgt nur dann, wenn eine Rückzahlung der Anleihe aus dem Treuhandkonto erfolgen kann. Dadurch ist gewährleistet, dass die bestellten Sicherheiten ausreichen, die fälligen Zinsen und die endfällige Tilgung zu jeder Zeit zu bedienen. Nur aufgrund dieses Sicherheitenkonzeptes wurde die Anleihe von der Creditreform Rating AG mit dem Investment Grade-Rating „BBB“ bewertet.

Anleihen Finder: Ist es denkbar, dass die Struktur des Besicherungskonzepts – also die Verpfändung der EEG-Erträge zu Gunsten der Anleihe-Gläubiger – zur Insolvenz der BKN Biostrom AG beigetragen oder diese gar verursacht hat?

Peter Thilo Hasler: Nach Angaben der BKN biostrom ist für die Insolvenz ursächlich, dass acht Biogasgesellschaften, die noch nicht einmal zum Konsolidierungskreis der BKN Biostrom AG gehören, zahlungsunfähig wurden und es zu einem Forderungsausfall bei BKN biostrom kam. Hinzu kam, dass sich die finanzierende Bank aus dem kompletten Projektgeschäft der BKN biostrom zurückgezogen hat. Dies konnte von BKN biostrom offensichtlich nicht kompensiert werden.

Anleihen Finder: In Ihrer Stellungnahme zur BKN biostrom-Anleihe argumentieren Sie für das von Ihnen ausgearbeitete Besicherungskonzept. In der Pressemittelung von BKN biostrom zur Firmenpleite heißt es, dass die „Projektgesellschaften, die im Eigenbetrieb befindliche Anlagen halten, sowie Projektgesellschaften, die als Sicherheit für die Anleihe dienen, derzeit nicht insolvent seien.“ Was bedeutet das für die Anleihe-Gläubiger in Bezug auf die Rückzahlung Ihres Investitionsbetrages?

Peter Thilo Hasler: Das ist zum jetzigen Zeitpunkt leider völlig unklar, da wir vor allem für die Formulierung des Besicherungskonzeptes verantwortlich waren. Daher fehlt uns die Kenntnis darüber, ob und in welchem Maße die Mittel der Anleihe für die im Prospekt vorgesehenen Zwecke investiert wurden. Für die Konzeptrealisierung sind ausschließlich der Vorstand der BKN biostrom AG und der von ihm mandatierte Treuhänder verantwortlich.

Anleihen Finder: Mit welchen Argumenten antworten Sie Ihren Kritikern, die versuchen, ihre Beratungsleistungen bei Emissionen von Mittelstandsanleihen in ein schlechtes Licht zu rücken?

Peter Thilo Hasler: Wir sind kritisch genug und hinterfragen selbst die Qualität unserer Arbeit. Doch dass einer der marktführenden Player der Windenergiebranche innerhalb von weniger als zwölf Monaten eine so dramatische Verschlechterung seiner Ertragslage hinnehmen muss, war in diesem, für die Windbranche positivem Marktumfeld für keine an der Emission beteiligten Parteien vorherzusagen. Erstaunlicherweise wurde die Anleihe von BKN biostrom, die operativ einen wesentlich anfälligeren Eindruck machte als die global aufgestellte SIAG, mit einem Investment Grade bewertet. In der Sprache von Creditreform ist ein BBB-Rating mit einer stark befriedigenden Bonität und einem geringen bis mittleren Insolvenzrisiko zu übersetzen. Schließlich sollten Sie nicht vergessen, dass wir als Berater nur einer von mehreren Beteiligten des Platzierungsprozesses sind: Banken, Anwälte, Wirtschaftsprüfer und Analysten und insbesondere die Ratingagentur haben gerade bei BKN biostrom das von uns entwickelte Besicherungskonzept als positiv herausgestellt und die Anleihe Investoren aufgrund des überschaubaren Risikos zur Zeichnung empfohlen. Zu diesen zählen übrigens auch jene Journalisten, die die Insolvenz von BKN biostrom nun als Plattform missbrauchen, sich auf unsere Kosten über unsere Arbeit auszulassen.

Anleihen Finder: Durch die Defaults einiger Mittelstandsanleihen gerät der gesamte Markt der mittelständischen Anleihen unter Druck. Welche Chancen sehen sie, das Vertrauen von Investoren und auch der Emittenten wieder zurück zu gewinnen?

Peter Thilo Hasler: Defaults unter den Mittelstandsanleihen betreffen bislang ausschließlich Unternehmen aus der Branche der erneuerbaren Energien. Das Marktumfeld für diese Unternehmen hat sich in den vergangenen 18 Monaten drastisch verschlechtert. Allein in Deutschland musste eine ganze Reihe von führenden Unternehmen Insolvenz anmelden. Deshalb sehen wir den Anleihemarkt nicht als erschüttert an. Jeder Investor muss sich bewusst sein, dass Anleihen keine risikolose Anlageform darstellen. Die Ertragslage einer Gesellschaft kann sich verändern, negative Trends können sich gegenseitig verstärken, kleine Ursachen können große Wirkungen haben. Dass diese nicht immer zu prognostizieren ist, zeigen die beiden genannten Insolvenzen.

Anleihen Finder: Herr Hasler, vielen Dank für das Gespräch.

Anleihen Finder Redaktion

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