Mühsam ernährt sich … der Markt

Donnerstag, 25. Februar 2016


Nach dem katastrophalen Jahresstart am Markt der KMU-Anleihen infolge der German Pellets- und Scholz-Desaster, sickern so langsam auch wieder bessere Nachrichten von Anleihen-Emittenten im Mittelstandssegment durch – selbst deutliche Anstiege von Anleihen-Kursen waren zuletzt wieder zu beobachten. Das schien vor gut vier Wochen noch undenkbar, als die genannten Big Player, allen voran German Pellets, mit ihren gescheiterten Unternehmungen den gesamten Markt in Mitleidenschaft zogen und das Vertrauen der Anleger kurzerhand zerlegten. Vor allem bei Privatanlegern, die zu Tausenden in den Wismarer Pellets-Produzenten investiert sind, dürfte sich das Vertrauen in mittelständische Unternehmensanleihen nicht so schnell wieder herstellen.

Aber – und das ist eine nachweisbare Feststellung – nicht alle mittelständische Unternehmen, die als Emittenten von Anleihen den Kapitalmarkt aufsuchen, sind finanziell schlecht aufgestellt oder gar geschädigt. Ganz im Gegenteil, es gibt weiterhin viele starke Unternehmen, die den Kapitalmarkt für ihre Zwecke sinnvoll nutzen und das darin schlummernde Potenzial für sich erkannt haben. Dabei bleibt auch die klassische Win-Win-Situation – der Grundgedanke des Marktes – für Anleger und Emittentin bestehen.

In den letzten beiden Wochen war aufgrund von Mitteilungen über Konzerngewinne und Informationen über gesicherte Anleihe-Refinanzierungen – was ohne „wenn und aber“ eigentlich „normal“ sein sollte – ein leicht positiver Trend am Markt zu spüren – gewiss der erste in diesem Jahr. Der lässt sich aber auch am MiBoX, dem wichtigsten Index für KMU-Anleihen, feststellen, der von 82 Prozent auf aktuell 87 Prozentpunkte anstieg.

Royalbeach und NZWL

Diese für den externen Betrachter selbstverständlich und banal klingenden, aber für den Markt in seiner derzeitigen Situation extrem wichtigen Nachrichten gab es beispielsweise von der Royalbeach Spielwaren und Sportartikel Vertriebs GmbH, die im Zuge eines neuen Factoring-Deals mit einem internationalen Anbieter neue finanzielle Mittel in Höhe von 25 Millionen Euro bekommen wird und somit die Tilgung der in diesem Jahr fälligen Alt-Anleihe 2011/16 ohne Weiteres stemmen dürfte. Zudem konnte das Sport- und Lifestyle-Unternehmen nach eigenen Angaben die finanziellen Ziele für das Geschäftsjahr 2015 vollends erreichen und teilweise sogar übertroffen. Der Kurswert der Royalbeach-Anleihe 2011/16 stieg daraufhin von 61 auf 95 Prozent. Ebenfalls positive Finanzkennzahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr 2015 lieferte die Neue ZWL Zahnradwerk Leipzig GmbH, die mit 1,4 Millionen Euro einen deutlich höheren Gewinn einstrich als ursprünglich prognostiziert.

KSW Immobilien und Fair Value REIT-AG

Auch die KSW Immobilien GmbH & Co. KG konnte in der vergangenen Woche einen unternehmerischen Erfolg feiern und somit die vorzeitige Rückzahlung ihrer Projekt-Anleihe verkünden. Der Leipziger Immobilien-Projektentwickler gelang es, das Hotel-/Restaurantprojekt „Kosmos-Ensemble“ in Leipzig für einen nicht öffentlich-genannten Preis zu verkaufen. Der Vollzug des Verkaufs ist für den 1. September 2016 vorgesehen. Die KSW plant daher kurzfristig nach dem Kaufpreiseingang die Unternehmensanleihe 2014/19 entsprechend den Anleihebedingungen, welche besagen, dass die Anleihe ab dem 07.10.2016 zu 103 Prozent des zurückzuzahlenden Nennwerts zurückerworben werden kann, zurückzuzahlen. Zum gleichen Prozentsatz, nämlich zu 103 Prozent, hat auch die Fair Value REIT-AG ihre erst im vergangenen Jahr begebene Wandelanleihe frühzeitig zurückgezahlt. Die vorzeitige Rückzahlung wurde auf Wunsch der Gläubiger der Wandelanleihe vorgenommen, die dieses Recht aufgrund des eingetretenen Kontrollwechsels bei der Fair Value REIT-AG gemäß den Anleihebedingungen einforderten.

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Singulus

Die Singulus Technologies AG konnte in der vergangenen Woche aufatmen, denn sowohl die Anleihegläubiger als auch die Aktionäre des Konzerns entschieden sich auf der Gläubigerversammlung bzw. der außerordentlichen Hauptversammlung des Unternehmens mit großer Mehrheit für das von Singulus vorgelegte Restrukturierungskonzept. Damit entgeht der Hersteller von Blue Ray-Produktionsanlagen einem Insolvenzantrag. Das finanzielle Sanierungskonzept sieht vor, dass die Anleihegläubiger der Singulus Technologies AG ihre jeweiligen Schuldverschreibungen in Erwerbsrechte von neuen Anleihen sowie von Aktien des Unternehmens umtauschen können.

Scholz

Dem Mitverursacher der größten Markt-Krise seit Bestehen des Minibond-Segmentes, der Scholz Holding GmbH, ist zumindest ein kleiner Erfolg gelungen, der dem Unternehmen Zeit verschafft, neue Investoren an Land zu ziehen. Mit der Anleihe-Kuratorin Ulla Reisch konnte sich Scholz auf die Stundung der am 8. März 2016 fälligen Zinszahlung verständigen. Das Recycling-Unternehmen hat nun erst einmal bis zum 31. Mai 2016 Zeit, die fällige Zinssumme von 15,5 Millionen Euro zu begleichen. Ob das tatsächlich gelingen wird, ist natürlich eine andere Frage. Richtig „gute“ Nachrichten hören sich zwar anders an, aber wir gehen ja Schritt für Schritt voran.

Ekosem-Agrar und eno energy

Etwas weniger Grund zur Freude – wenn auch durchaus vorhersehbar – hatte die Ekosem-Agrar GmbH in der vergangenen Woche. Bei den Abstimmungen ohne Versammlung der Anleihegläubiger zur vierjährigen Verlängerung beider Unternehmensanleihen wurde das Quorum von 50 Prozent jeweils deutlich verpasst, wodurch die Abstimmungen nicht beschlussfähig waren. Jetzt heißt es „nachsitzen“. Die Ekosem-Agrar-Gläubiger müssen nun zu Präsenzversammlungen am 16. und 17. März 2016 ins baden-württembergische Wiesloch nahe Heidelberg tingeln. Ebenfalls zur zweiten Gläubigerversammlung hat die eno energy GmbH geladen. Dort wird heute im schönen Ostseebad Rerik getagt. Der Ausgang ist ungewiss, die Vorzeichen somit spannend. Dass Rerik nur 35 Kilometer von Wismar entfernt liegt, sollte indes nicht als schlechtes Omen gewertet werden.

FAZIT

Immerhin gibt es mal wieder etwas – dringend notwendig – Positives vom KMU-Markt zu berichten, was alle Marktteilnehmer und insbesondere die Anleger – sowohl private als auch institutionelle – zumindest etwas besänftigen dürfte. Dass sich der Markt weiter erholen muss und nur mit guten Nachrichten punkten kann, liegt auf der Hand. Der Markt wird nach dem Pellets-Desaster nicht mehr so sein wie vorher – zumindest nicht für Privatanleger. Die Risiken hinter den einzelnen Geschäftsmodellen und die tatsächlichen Werte hinter den Anleihe-Besicherungen müssen wesentlich genauer unter die Lupe genommen werden. Neue Marktteilnehmer wird es wohl so schnell nicht geben, dafür haben aber die alten die Chance, sich zu profilieren. Spannend bleibt die zukünftige Entwicklung inklusive der zahlreichen Refinanzierungen deshalb allemal.

Anleihen Finder Redaktion. Timm Henecker.

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Titelfoto: kuhnmi / flickr

Weiteres Foto: Andreas Levers / flickr

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