MS „Deutschland“-Anleihe: Kläger fordern Schadensersatz von Ratingagentur Scope wegen „massiv fehlerhaftem Anleiherating“

Donnerstag, 6. Oktober 2016


Klage eingereicht!
 Böse Überraschung für die Ratingagentur Scope – die Kanzlei Schirp Neusel & Partner Rechtsanwälte mbB hat für ihre Mandanten Klage gegen die Scope Ratings AG eingereicht. Sie fordern Schadensersatz wegen eines angeblich „massiv fehlerhaften Anleiheratings“, welches Scope 2012 im Auftrag der MS „Deutschland“ Beteiligungsgesellschaft mbH anlässlich der Anleiheemission erstellt hatte.

INFO: Die Klage mit einem Streitwert in Höhe von rund 21.000 Euro wurde am 29. September 2016 beim Landgericht Berlin anhängig gemacht. Schirp Neusel & Partner erwarten zudem Folgeklagen weiterer Geschädigter.

Anleihe-Rating „A“, Emittenten-Rating „C“

Hintergrund: Scope bewertete die „Traumschiff-Anleihe“ mit einem Volumen von ursprünglich 50 Millionen Euro mit „A“ und bescheinigte ihr damit im offiziellen Ratingbericht „eine gute Qualität“. Mit dieser Einschätzung sei laut Schirp Neusel & Partner im Prospekt der Emittentin um Anleger geworben worden. Die Emittentin selbst wurde von Scope nur mit der Note „C“, also einem sehr hohen Ausfallrisiko bewertet.

Das gute Ratingurteil der Anleihe begründete Scope mit der bestehenden Vollbesicherung durch eine Schiffshypothek an der MS Deutschland, die als „Traumschiff“ aus der ZDF-Fernsehserie bekannt ist. Es basierte auf dem in einem Schiffsgutachten ermittelten Wiederbeschaffungswert von 76,6 Millionen Euro.

Gefälligkeitsgutachten?

Angesichts des durch den Gutachter des Insolvenzverwalters festgestellten Zerschlagungswertes von ca. 18 Millionen Euro äußerte der Insolvenzverwalter nun, dass es sich bei dem Schiffsgutachten wohl um ein „Gefälligkeitsgutachten“ gehandelt haben muss. Und auch die Emittentin ging offenkundig nicht von dieser Werthaftigkeit aus, da sie das 2010 für 24 Millionen Euro gekaufte Schiff lediglich mit einem Betrag in Höhe von 42,86 Millionen Euro versicherte, berichtet die Klägerpartei.

Die Analyse der Scope Ratings AG im Rahmen ihres Ratings habe weder den Anschaffungspreis der MS Deutschland noch die Höhe der Versicherung noch den bilanziellen Wert des Schiffes berücksichtigt. Dies spreche dafür, dass das Rating fehlerhaft war und nicht auf einer ordnungsgemäßen Prüfung der Geschäftsunterlagen beruhe, so die Kanzlei Schirp Neusel & Partner.

INFO: Über das Vermögen der MS „Deutschland“ Beteiligungsgesellschaft mbH wurde im November 2014 das Insolvenzverfahren eröffnet. Anleihegläubiger haben gegenüber der Gesellschaft Forderungen von etwa 54 Millionen Euro.

„Expertenhaftung“

„Die Schadenersatzklage gegen die Ratingagentur Scope stützt sich auf den Rechtsgedanken, den der Bundesgerichtshof zur sogenannten Expertenhaftung entwickelt hat. Ähnlich wie Wirtschaftsprüfer müssen auch Ratingagenturen den Anlegern gegenüber haften, wenn ihre Ratings als Vertriebsargument beim Vertrieb von Kapitalanlageprodukten genutzt werden. Daneben liegt uns der Ratingvertrag zwischen Scope und der Emittentin vor, der unseres Erachtens drittschützenden Charakter hat, da ausdrücklich vereinbart war, dass es sich um eine „verbindliche Bewertung der Anleihe mit offiziellen Status“ handelt. Wir schließen aufgrund der massiven Fehlleistung seitens Scope auch deliktische Ansprüche nicht aus“, sagt Rechtsanwältin Dr. Susanne Schmidt-Morsbach.

„Fehlratings im Segment Mittelstandsanleihen“

Dr. Wolfgang Schirp von der Kanzlei Schirp Neusel & Partner ergänzt: „Mit dieser Fehlleistung stellt sich die Scope Ratings AG in eine unrühmliche Reihe weiterer Ratingagenturen, die sich durch Fehl- und Gefälligkeitsratings im Segment der Mittelstandsanleihen zurechnen lassen müssen, mitverantwortlich für den immensen Vertrauensverlust der Anleger in Finanzprodukte mittelständischer Unternehmen zu sein. Solange Scopes Analysen nicht dazu geeignet sind, zu fundierten Investitionsentscheidungen beizutragen, solange wird das Unternehmen auch nicht als gleichwertige europäische Alternative zu den amerikanischen Marktführern angesehen werden.“

TIPP: Melden Sie sich JETZT auf unserer Startseite (rechte Spalte oben) für unseren Newsletter an! Es entstehen Ihnen keine Kosten.

Anleihen Finder Redaktion. Timm Henecker.

Foto: Jean Pierre Hintze / flickr jphintze

Anleihen Finder Datenbank

Unternehmensanleihe der MS “Deutschland” Beteiligungsgesellschaft mbH 2012/2017

Zum Thema:

MS „Deutschland“: Traumschiff-Gläubiger bekommen erste Abschlagszahlung – Ausschüttung von 6,2 Millionen Euro – Insolvenzverfahren wird mehrere Jahre dauern

MS Deutschland: Traumschiff an US-Unternehmen verkauft – Verkaufspreis nicht bekannt – Anzahlung in einstelliger Millionenhöhe geleistet – Übergabe des Schiffes für Ende Mai 2015 vorgesehen

MS “Deutschland” Beteiligungs GmbH: Versammlung wählt Gläubigerausschuss – Keine Versteigerung der MS Deutschland geplant – Kredit für laufende Kosten – Verkaufswert des Schiffes weiter entscheidend für Insolvenzquote

MS „Deutschland“ geht endgültig unter: Alle Reisen des Ex-Traumschiffes abgesagt – Immer noch keine Einigung mit Investoren – Kündigungswelle bei Reederei Peter Deilmann steht bevor – Kapitän und Besatzung gehen wohl als letzte von Bord

Anleihen Finder News jetzt auch als APP (iOS7)

APP

Viele Wege führen zur Anleihen Finder-APP: Einfach den Button anklicken, den Itunes-Store aufsuchen oder über appster.de die Anleihen Finder-App aufs IPhone oder IPad laden

Anleihen Finder News auf Twitter und Facebook abonnieren

Twitter Facebook

Experten-Chat

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

Bitte beachten Sie die .

Menü